Lokale Kultur

Zu knappes Wasser

Tübinger Bloch-Chor in Kirchheim

Kirchheim. Am vergangenen Sonntagabend wurde das nasse Element in die Kirchheimer Martinskirche getragen. Diesmal war aber nicht

das marode Dach der Ursprung. Nein, der Ernst-Bloch-Chor aus Tübingen machte mit seinem Programm „Steter Tropfen – Ein Wasserkonzert“ halt in Kirchheim und stellte Kompositionen vor, die sich in verschiedensten Facetten mit dem Thema „Wasser” beschäftigten. Der Erlös des Konzerts kommt dem Regenwassertank-Projekt der Kreuzkirche in Tansania zugute.

Schier unendlich scheinen die musikalischen Werke, die sich mit dem Lebenselixier Wasser befassen. Und so bekamen die Zuhörer in den leider sehr spärlich besetzten Bänken der Martinskirche einen munteren Fluss verschiedenster Lieder aus zahlreichen Ländern und diverser Stilrichtungen zu hören.

Was gleich zu Anfang auffiel, waren die fehlenden Notenmappen: Die Sängerinnen und Sänger sangen alle Lieder auswendig. Die komplette Aufmerksamkeit des Einzelnen war somit ganz auf die Chorleiterin Anne Tübinger gerichtet, die den Chor mit knappen Bewegungen von ganz leise zu ganz laut lenkte, je nach Liedgut.

Das erste Lied war dem afrikanischen Kontinent entnommen, und der Chor machte mit einem sehr homogenen Klang Eindruck auf die Zuhörerschaft. Die Wasserreise ging weiter über die USA nach Deutschland zum Lied „Flüsse“, das mit einer Choreografie überraschte. Alle Sängerinnen und Sänger setzten sich in Bewegung, wodurch der Text in die Tat umgesetzt wurde: Ein Menschenstrom floss vor den ersten Bankreihen dahin. Und der Liederstrom floss weiter. Machte halt „Am Necker“, einem Arrangement nach Friedrich Silcher, vorbei an Norditalien und Nordamerika, kam wieder in Europa an – die Lieder flossen so dahin.

Wären nicht die sehr kritischen politischen Texte zum Thema Wasserverschwendung, Wasserverschmutzung, Wasserverkauf, Klimaerwärmung und vielem mehr gewesen, hätte das ein wirklich heiterer Abend werden können. So aber stellte sich eine spürbar gedrückte Stimmung ein. Dies sicherlich eine Besonderheit des Ernst-Bloch-Chores. Hier werden

Brisantes Thema zwischen Badekappen und Abflussrohren

nicht nur harmlose Lieder zur eigenen und der Zuhörer Freude gesungen, sondern immer mit einem brisanten Thema verbunden. Jedes Lied, das durch kreative Ideen des Chores, etwa dem Einsatz von Badekappen und Abflussrohren als Alphornersatz, lustig anmutend begann und den Zuhörer innerlich schon mal aufatmen ließ, wendete sich dann wieder ganz schnell und nährte das schlechte Gewissen, weil wir etwa den Stoff unserer Jeans nicht selber weben aus der Wolle des hauseigenen Schafes, sondern ganz profan in den Laden gehen und diese kaufen.

Nach der Pause machten sich Unsicherheiten und intonatorische Schwierigkeiten bemerkbar. Der Chor verfügt über zahlreiche Männerstimmen, die nur leider durch die Aufstellung als Block in der Mitte von den beiden Frauenflügeln zur Rechten und Linken nahezu stimmlich zugedeckt wurden.

Zwischen den Chorliedern trat an zwei Stellen eine Querflötistin nach vorne und verzauberte mit einem sehr klaren Klang ihres Instrumentes.

Dies war ein etwas anderer Chorabend – für die Erstbesucher des Ernst-Bloch-Chores sicherlich gewöhnungsbedürftig, aber anders muss ja nicht automatisch schlechter sein. Zudem kamen die Decken der Winterkirche noch einmal zum Einsatz: saßen doch einige der Zuhörer eingemummelt in Decken in ihrer Bank.