Lokale Kultur

Kontrastreiche Vielfalt

Zwölfte Kirchheimer Orgelnacht in der katholischen Kirche Sankt Ulrich

Kirchheim. Das Dutzend ist voll: Auch bei ihrer zwölften Auflage brachte die Kirchheimer Orgelnacht

Florian Stegmaier

das Kirchenschiff von Sankt Ulrich an die Grenzen seines Fassungsvermögens. Vier im Stundentakt dargebotene Konzerte leuchteten die schier unbegrenzten klanglichen Möglichkeiten der Orgel in verschiedenen, teils ungewöhnlichen musikalischen Kombinationen aus.

Gleich bei zwei Konzerten standen junge Musiktalente aus der Region im Mittelpunkt. Mit Anna-Maria Wilke, Natalie Beck, Svenja Briem, Christian Dieterich und Julian Nürk lernte das Publikum fünf junge beachtliche Stimmen aus der Gesangsklasse von Bertram Schattel kennen. Von Thomas Specker an der hauseigenen Göckel-Orgel begleitet, spannten die Sänger einen anspruchsvollen Bogen vom Barock in die Romantik, wobei der reiche Fundus Händelscher Vokalmusik einen Schwerpunkt bildete, an den sich geistliche Vertonungen Rossinis und Dvořáks anschlossen. Den durchweg hohen Anforderungen wurden die hervorragenden Vokalisten mehr als gerecht, überzeugten im fein ziselierten Duett ebenso wie in koloraturenreichen Solodarbietungen und sorgten für einen großartigen Konzertauftakt, der von den begeisterten Hörern mit Standing Ovations honoriert wurde.

In ein smoothes Jazz-Gewand hatte sich das junge Pop-Duo Beni Alkier (Gesang und Schlagzeug) und David Alkier (Keyboard) gehüllt, das mit organistischer Rückendeckung von Ralf Sach Songs von Roger Cicero und Michael Bublé zum Besten gab. Ein stimmungsvoller, durchweg überzeugender Auftritt, der die kontrastreiche Vielfalt der Kirchheimer Orgelnacht hervorhob und in den voll besetzten Kirchenbänken für zahlreiche rhythmisch wippende Füße sorgte.

Der Zusammenklang von Orgel und Klarinette bescherte Kirchheimer Musikfreunden ein Wiedersehen mit der inzwischen in Dresden lebenden Organistin Irena Budryte-Kummer und ihrem Vater Algirdos Budrys, der als Klarinettist internationales Renommee genießt und im heimatlichen Vilnius eine Professur innehat. Mit langsamen Sätzen aus Johann Christian Bachs ursprünglich für Viola geschriebenem c-Moll-Konzert und den Klarinettenquintetten von Mozart und von Weber pflegte Budrys eine eher nach innen gewandte Klangkultur, bei der technische Virtuosität zwar gefordert, jedoch ganz in den Dienst der Interpretation gestellt war und sich als fruchtbarer Boden für die souveräne gestalterische Kraft dieses Ausnahmemusikers erwies. Dem stand Irena Budryte-Kummer künstlerisch in nichts nach: poetisch entrückte Stimmung in Faurés „Reverie“, kunstvolle klangfarbige Kontraste in Francks A-Dur-Fantasie und Alexandre Guilmants Finale aus der ersten Sinfonie in d-Moll als ein dramatischer Kontrapunkt, der sich aus virtuosem Stürmen zur klanglichen Apotheose erhob. Wiederum starker, lang anhaltender Applaus und stehende Ovationen.

Mit zackigen Tempi und gehörigem Blechbläserglanz läuteten Klaus-Ulrich Dann, Hubertus von Stackelberg, Martin Schmelcher (Trompeten), Marion Hofen (Pauke) und Albrecht Schmid (Orgel) schließlich das „Trompetissimo“-Finale der Orgelnacht ein. Im Mittelpunkt des reizvollen Programms mit Werken von Mouret, Lefébure-Wely und Allessandro Scarlatti stand Johann Sebastian Bachs dritte Orchester-Suite in D-Dur, deren Anlage und Satztypen sich dank der geschmackvollen Bearbeitung erstaunlich gut erschlossen.

Spontanen Zwischenapplaus erntete Albrecht Schmid mit seiner leichtfüßigen Darbietung des virtuosen wie humorvollen Charakterstücks „Will o‘the Wisp“ von Gordon Balch Nevin. Die trotz mitternächtlicher Stunde noch immer zahlreich vorhandene Hörerschaft ließ es sich nicht nehmen, die Musiker ausgiebig zu feiern und eine willkommene Zugabe einzufordern.