Lokalsport

Charaktertest versiebt

Die Knights verspielen in Ehingen die Play-offs und viele Sympathien

Den Urlaubsbeginn vorverlegt, die Play-offs passe´. Alles andere käme für Kirchheims Basketballer in der Pro A einem Wunder gleich. Der peinliche Auftritt in Ehingen am Sonntag wirkt nach.

Ein ratloser Trainer, eine kopflose Mannschaft: Enosch Wolf (rechtes Foto, links) und die Knights versagten beim Absteiger auf d
Ein ratloser Trainer, eine kopflose Mannschaft: Enosch Wolf (rechtes Foto, links) und die Knights versagten beim Absteiger auf der ganzen Linie.Fotos: Eibner

Kirchheim. Es gibt empirische Studien, die belegen sollen, dass finanzieller Reichtum ab einem gewissen Punkt nicht mehr glücklicher macht. Ob dies auf Erfolg im Sport übertragbar ist, geht daraus nicht hervor. Kirchheims Basketball-Trainer Michael Mai jedenfalls sagt: „Wenn etwas als realistisches Ziel erscheint, will ich immer ein bisschen mehr.“

Wie einer aussieht, der ein durchaus realistisches Ziel gerade um Lichtjahre verfehlt hat, konnten dank Video-Livestream via Internet auch diejenigen erleben, die sich die Fahrt nach Ehingen in dunkler Vorahnung erspart hatten. Vierbeiner-Freund Michael Mai litt wie ein Hund. Auch wenn der daheim ganz unbekümmert wartete, während Herrchen in der Halle ein fast zweistündiges Martyrium durchlitt. „Du brüllst, du nimmst Timeouts und nichts passiert“, beschreibt der Trainer seine Ohnmacht. „Das sind die schlimmsten Situationen für jeden Coach.“

Hätte er beim Stand von 11:19 nach dem ersten Viertel seine Tasche gepackt und die Halle verlassen, gut möglich, dass es den wenigsten seiner Spieler an diesem Abend aufgefallen wäre. Die schienen in einer anderen Welt gefangen, fernab von allen gängigen Basketball-Regeln. Dabei war es gerade zwei Tage her, dass die Ritter den Nachweis führten, dass auch wer schlecht spielt ein Duell gewinnen kann. Jetzt ging es gegen den Absteiger, der mit Mahir Agva obendrein auf seinen Besten verzichten musste. Nach dem Sieg gegen Essen stand die Tür zu den Play-offs plötzlich sperrangelweit auf, aller zuvor vergebener Chancen zum Trotz.

Verpasste Chancen, die offensichtlich Spuren hinterlassen haben. „Manche Spieler haben offenbar nicht mehr daran geglaubt“, so der Eindruck des Trainers, der den Anfang vom Ende der Zuversicht bereits nach der knappen Auswärtsniederlage in Jena verortet. „Dieses Spiel war ein Knackpunkt“, sagt Michael Mai. „Nach so einem Ereignis wird deine Willensstärke einem Test unterzogen, da zeigt sich dein wahrer Charakter.“ Dieser unbedingte Wille war es, der am Sonntag gefehlt hat. Dabei gab es trotz katastrophaler Leistung durchaus die Chance, das Ruder noch herumzureißen. Als die Kirchheimer Mitte des Schlussviertels mit einem 7:0-Lauf bis auf acht Punkte verkürzten, bremsten zwei technische Fouls innerhalb von zwei Minuten die gerade begonnene Aufholjagd. Mai: „Das war im schlechtesten Moment und einfach dumm von uns.“ Zuerst quittierte Kapitän Radi Tomasevic eine von zahlreichen Fehlentscheidungen der drei Unparteiischen mit einem Schlag gegen die Bande, kurz darauf platzte Sportchef Karl Lenger nach einem nicht geahndeten Schrittfehler von Ehingens Sebastian Barth der Kragen. „Ich habe niemanden beleidigt“, sagt Lenger. „Ich habe den Fehler angezeigt, das war alles.“

Jetzt gilt es, in den verbleibenden beiden Begegnungen in Hamburg und daheim gegen Heidelberg Rückgrat zu zeigen. Auch wenn angesichts von vier Punkten Rückstand auf Platz acht nur noch der Gegner für Spannung sorgen dürfte.

Nur noch für die eigene Statistik

Herr Lenger, haben Sie eine Erklärung für diesen Auftritt der Mannschaft ?

Lenger: Ich sage nur, Hochmut kommt vor dem Fall.

Für Hochmut gab es nach den zuletzt gezeigten Leistungen aus meiner Sicht wenig Anlass.

Lenger: Genau das ist es, was mich maßlos ärgert. Wir sind meilenweit davon entfernt, uns zufrieden zurücklehnen zu können. Dass man sich in unserer Situation erlaubt, so aufzutreten wie am Sonntag, ist eine Frechheit gegenüber den Fans, den Sponsoren und allen, die sich im Verein engagieren. Das zeugt von keiner professionellen Einstellung.

Welche Situation genau meinen Sie?

Lenger: Wir hätten uns mit einem Sieg von den Mitkonkurrenten Vechta und Baunach absetzen können und in den verbleibenden beiden Spielen das Erreichen der Play-offs selbst in der Hand gehabt. Bis Sonntag ging ich davon aus, dass dies ein gemeinsames großes Ziel sei.

Welchen Eindruck haben Sie jetzt?

Lenger: Dass die Mannschaft keinen Teamgeist mehr verkörpert. Jeder scheint nur noch für seine eigene Statistik zu spielen. Der Pass zum Nebenmann kommt nur noch, wenn man sich festgedribbelt hat oder die eigene Chance dahin ist. So kann man keine Spiele gewinnen.

Erreicht der Trainer die Mannschaft?

Lenger: An den Reaktionen auf dem Spielfeld war dies am Sonntag nicht unbedingt abzulesen. Ich möchte hier aber in keine Trainerschelte einsteigen. Der Egoismus der Spieler ist das Problem.

Was erwarten Sie noch von der Saison?

Lenger: Ich kann im Moment nicht erkennen, wie wir den Dreh noch hinbekommen sollen. Ich erwarte auf jeden Fall eine Reaktion der Mannschaft, vor allem im letzten Heimspiel. Im Augenblick bin ich einfach nur frustriert.