Lokalsport

Das Karussell nimmt Fahrt auf

Vor dem Saisonfinale der Knights laufen im Hintergrund bereits die Zukunftsplanungen

Rein statistisch betrachtet, ist die Saison gerettet. Platz fünf sicher, mit etwas Glück und Schützenhilfe aus Cuxhaven ist für Kirchheims Basketballer am letzten Spieltag in der Pro A sogar noch Platz vier drin. Doch Statistik allein ist selbst im Basketball nicht alles. Welche Lehren man bei den Knights aus der Rückrunde zieht, ist vor allem eine Frage des Geldes.

Kirchheim. Das Zahnfleisch ist womöglich die am wenigsten strapazierte Körperregion der Ritter. Ganz sicher jedoch die meist zitierte in den vergangenen Wochen. Auf dem Zahnfleisch komme seine Mannschaft nicht erst seit dem vorletzten Spieltag in Jena daher, klagt Kirchheims Coach Frenkie Ignjatovic. Wenn morgen die Tigers aus Hannover zum Saisonfinale kommen, werden sich einige am Ende nach der Schlusssirene sehnen. Was übrig bleibt an Kraft, wird hinterher verfeiert – unabhängig vom Ergebnis. Platz fünf ist der Mannschaft nicht mehr zu nehmen, und das ist das eigentlich Bemerkenswerte am Ende einer Saison, die einer Achterbahnfahrt glich.

Eine Saison mit zwei grundverschiedenen Hälften. Zehn Siegen bei nur fünf Niederlagen in der Hinserie folgte die umgekehrte Bilanz in der Rückrunde – einen Sieg morgen gegen Hannover vorausgesetzt. Dass sich Ignjatovic hartnäckig weigert, von einer enttäuschenden Saison zu reden, liegt daran, dass niemand besser als er die Gründe kennt. „Alles, was den Klassenerhalt sichert“, sagt er, „ist in Kirchheim ein Riesenerfolg.“ Doch die Ausnahme ist unter der Teck inzwischen zur Regel geworden. Das weckt Begehrlichkeiten, nicht nur bei den Fans. Man hat sich daran gewöhnt, dass man Teams mit deutlich hörerem Etat zum Saisonende hin die lange Nase dreht. Platz fünf ließe sich demnach auch dann auf der Erfolgsseite verbuchen, wenn die Saison entspann­ter verlaufen wäre.

So war es eine Saison am körperlichen Limit. Bänderrisse bei Tim Koch und David Michalczyk, eine langwierige Wadenverletzung bei Gordon Scott, das lädierte Knie von Sebastian Adeberg oder das Handgelenk von Kapitän Radi Tomasevic – die Mängelliste ließe sich weiter fortsetzen. Die Erkenntnis daraus: Jeder, der sich unversichert aufs Glatteis wagt, muss für die Schadensregulierung selbst aufkommen. Anders ausgedrückt: die müden Knochen hinhalten, auch wenn‘s weht tut. Dünn war der Kader auch in der Vergangenheit, diesmal hätte es aber durchaus schiefgehen können. „Wir haben nun mal nicht die Mittel, um auf Ausfälle sofort reagieren zu können“, sagt Ignjatovic. Auf dem Feld sieht das dann so aus: Die Knights spielen drei Monate ohne echten Center, dazu mit einem Spielmacher, der mit 32 Jahren mehr als eine halbe Stunde pro Spiel am Ball zu bleiben hat. Zwei Schlüsselpositionen – zwei Baustellen.

Die Hoffnung immerhin, dass in der neuen Saison manches anders wird, lebt. Dass der Trainer frühes­tens im Juni seinen Urlaub antreten wird, liegt nicht nur an seinen Pflichten im Nachwuchsbereich. Mögliche Kandidaten für die neue Spielzeit geben sich seit Wochen im Training die Klinke in die Hand. Ein halbes Dutzend Amerikaner aus der Pro B und der Regionalliga wurden zuletzt auf Herz und Nieren getestet. Bisher kursieren wenig Namen – wenn doch, dann sind es meist deutsche Spieler, die unter besonderer Be­ob­achtung stehen. So wie Freiburgs Forward Janis Heindel (27) oder der 26-jährige Center Tobias Jahn, den Ignjatovic aus seiner Zeit beim TV Langen kennt und der gerade erst von einem vierjährigen College-Aufenthalt in den USA zurückgekehrt ist. Ein Mann mit Potenzial, den der Trainer an der Schwelle zur ersten Liga sieht. Die beiden Ludwigsburger Besnik Bekteshi und Jonathan Maier gelten im Rahmen des Kooperationsmodells ebenfalls als mögliche Kandidaten für die Backup-Rolle auf der Spielmacherposition und unterm Korb.

Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem bewährten Personal. Radi Tomasevic hat bereits einen Vertrag, Cedric Brooks und Marcus Smallwood wurde eine Frist bis zum 1. Mai gesetzt. Beiden liegt ein Angebot vor, wer sich bis Urlaubsantritt nicht entschieden hat, läuft Gefahr, keinen neuen Kontrakt zu bekommen. Damit wollen Management und Trainer signalisieren: Das branchenübliche Pokerspielchen bis zum Sommer läuft diesmal nicht. „Wir haben gute Gespräche geführt“, sagt Ignjatovic. „Sowohl Cedric als auch Marcus fühlen sich wohl in Kirchheim.“ Das Gleiche gilt für Sebastian Adeberg. Der angehende Mediziner mit Wohnsitz in Heidelberg wurde am Montag am Knie operiert und beginnt nun mit der Reha. Ob er kommende Saison eine Rolle spielen kann, wird auch vom Genesungsprozess abhängen. Ignjatovic ist zuversichtlich, dass der 26-jährige Defensivspezialist zum Vorbereitungsstart im August vollständig fit und auch dabei sein wird.

Ein Zwölfer-Kader, das heißt, eine Kraft mehr als zum Saisonstart im Vorjahr, ist die Minimalforderung des Trainers. „Ich kann nur Wünsche äußern“, sagt er. „Für alles weitere ist das Management zuständig.“ Fest steht: Viel Luft nach oben ist nicht. Zwar ist die Sponsoren-Akquise Daueraufgabe an oberster Stelle, doch Finanzchef Siegfried Meissner weiß schon jetzt: „Wir werden mit dem gleichen Etat wie im letzten Jahr in die Saison gehen.“ Rund 40 Prozent der knapp 400 000 Euro sind Fixkosten, und auch der Rest lässt wenig Spielraum für außerplanmäßige Ausgaben. Die 90 000 Euro für den von der Liga verordneten Parkettboden in der Halle waren nur deshalb zu schultern, weil Hauptsponsoren gnädig ein Auge zugedrückt haben. Meissner: „Noch so ein Ding würde uns ganz sicher das Genick brechen.“

Mit Hot Dogs und Popcorn gegen Hannover

Es ist angerichtet: Beim Saisonfinale am Samstag vor Ostern setzen die Knights auf eine volle Halle und ein attraktives Rahmenprogramm für die Fans. „USA“ heißt das Motto der Abschiedsparty – wie könnte es anders sein – zu der das Cateringteam in der Halle diesmal Hot Dogs, Muffins und Popcorn serviert. Um die Stimmung schon vor dem Spiel entsprechend aufzuheizen, hat Maskottchen „Mighty“ diesmal seine Hip-Hop-Tänzer im Schlepptau. In der Halbzeitpause gehört das Spielfeld den Jugend-Kunstradfahrern des RSV Tailfingen, die Ausschnitte aus ihrem Wettkampfprogramm vorstellen werden. Zudem bietet die AOK ein Gewinnspiel für alle Besucher an. Und nach dem Spiel? „Wir freuen uns darauf, mit allen Fans noch in der Halle zu feiern“, verspricht Mannschaftskapitän Radi Tomasevic. Der Abend wird dann im „Dreikönig“, dem Fan-Stammquartier, seine Fortsetzung finden. Karten für das Spiel gegen den UBC Hannover in der Sporthalle Stadtmitte (Beginn 19.30 Uhr) gibt es ab 18 Uhr an der Abendkasse sowie an den Vorverkaufsstellen bei Intersport Räpple, Möbel König, dem Modehaus Bantlin und bei Auto Schmauder. bs