Lokalsport

Die Fackel brennt nicht

Manuel Fumic auf der Suche nach der Olympia-Form – DM am Sonntag kommt zur Unzeit

Kein Glück, kein Erfolg, keine Erklärung. Fünf Wochen vor dem Mountainbike-Rennen in Rio steckt Manuel Fumic tief in der sportlichen Krise.

Viel investiert, keine Erträge: Manuel Fumic sucht im Olympiajahr einen Weg aus dem Leistungstief.Foto: Armin Küstenbrück
Viel investiert, keine Erträge: Manuel Fumic sucht im Olympiajahr einen Weg aus dem Leistungstief.Foto: Armin Küstenbrück

Kirchheim. Entlang des Rheins kommen Gedanken in Fluss. Statt hinters Lenkrad hat sich Manuel Fumic nach dem Schweiz-Weltcup in Lenzerheide am vergangenen Wochenende aufs Rad gesetzt und auf den Heimweg gemacht. Zeit, nachzudenken. Was vor ihm liegt und hinter ihm will an diesem Montagmorgen partout nicht zusammenpassen. Am 5. August beginnen in Rio die Olympischen Spiele. Es sind seine vierten. Damit hält er unter Deutschlands Bikern einen einsamen Rekord. Die Mountainbiker gehen erst am 21. August, dem Schlusstag, auf die Strecke. Zum Glück für ihn, denn Zeit scheint momentan das zu sein, was er am dringendsten braucht.

Am Sonntag der Tiefpunkt: Platz 34 im vierten Weltcuplauf in Lenzerheide. Sein bisher schlechtestes Ergebnis. Von guten zu reden verbietet sich generell in dieser so rätselhaften Saison. Keine einzige Top-Ten-Platzierung bisher. Ein 13. Platz im französischen La Bresse Ende Mai der einzige Lichtblick. Für einen, der seit Jahren konstant als Kandidat fürs Podium gilt, der nach einer bärenstarken Saison als Weltranglisten-Dritter zum Sturm auf olympisches Edelmetall blies, eine karge Ernte. „Zu behaupten, dass mich das Ganze nicht belastet, wäre falsch“, sagt Manuel Fumic. Er, der die bedingungslose Zuversicht wie kein anderer verinnerlicht hat, ist plötzlich ins Grübeln geraten.

Im Frühjahr geriet etwas in Schieflage. Die Balance zwischen Leistungsspitzen und Regenerationspausen ging verloren. Seine Leistungsdaten im Training stimmen, doch in den wenigen Ruhephasen hat er sich seit Saisonbeginn nie so richtig erholt. „Ich kann mir keine gravierenden Fehler vorwerfen“, sagt er, „in einer olympischen Saison, in der alle auf den Punkt hin fit sein wollen, werden auch die kleinen gnadenlos bestraft.“

Jetzt heißt es nachregeln, rausnehmen, den Rhythmus finden. Fumic weiß: Bis Rio kann noch vieles gut verlaufen. Diese Woche hat er sich Ruhe verordnet. Die deutschen Meisterschaften am Sonntag in Wombach kommen damit zum völlig falschen Zeitpunkt, werden zum Durchlaufposten auf dem Weg nach Rio. Doch kneifen gilt nicht – als Titelverteidiger schon gar nicht. „Mit mir wird man trotzdem rechnen müssen“, versichert Fumic. Jeder, der ihn kennt, weiß, dass er am Sonntag zu gerne all jene in die Schranken weisen würde, die nach der WM in Tschechien vor zwei Wochen bereits die Wachablösung im deutschen Lager ausgerufen haben. Mit dem Neuffener Christian Pfäffle lag erstmals ein letztjähriger U 23-Fahrer als bester Deutscher auf Platz 15 knapp vor Fumic, den in der dritten Runde ein platter Reifen zurückgeworfen hatte. In Lenzerheide war es der 24-jährige Halterner Markus Schulte-Lünzum, der als 25. die Fahne des BDR hochhielt. Wollte man sich auf solche Momentaufnahmen beschränken, sind es die beiden Jungprofis, die dem Titelverteidiger am Sonntag in Unterfranken das Leben schwer machen könnten. Fumic denkt deutsch und ist zudem ein fairer Sportsmann: „Ich freue mich riesig darüber, schließlich ist das genau das, was wir in Zukunft brauchen.“ Vor allem zurzeit, denn auch der zweite Olympionik des BDR im Mountainbike-Rennen löst bei der Konkurrenz zurzeit kein Knieschlottern aus. Der Freiburger Moritz Milatz ist wie Fumic auf der Suche nach der Form. Platz 24 am vergangenen Sonntag in der Schweiz war sein bestes Weltcup-Resultat in diesem Jahr. Gut, dass wenigstens die Frauen mit Helen Grobert und Sabine Spitz, die in Rio ihre fünften Spiele bestreitet, gut in Tritt sind.

Manuel Fumic versucht, kühlen Kopf zu bewahren. Zu den ersten sechs Plätzen fehlte ihm zuletzt rund eine Minute. Dahinter tummeln sich rund 15 Fahrer, die alle an einem guten Tag weit nach vorne fahren können. Die Leistungsdichte vor Rio hat zugenommen, doch Fumic lässt sich nicht beirren: „Ich weiß, was ich kann“, sagt er. „Ich muss jetzt einfach die richtigen Hebel finden.“

Seine langjährige Erfahrung mag ein Vorteil sein. Dass er mit 34 Jahren an körperliche Grenzen stößt, als zweifacher Familienvater sich der Blick geweitet hat, will er nicht unterschreiben. „Die Familie hilft mir, mit solchen Situationen klarzukommen“, sagt er. Und 34 ist kein Grund, einen Gedanken ans Karriereende zu verschwenden. Sein französischer Kollege Julien Absalon feiert vier Tage vor dem olympischen Rennen seinen 36. Geburtstag und hat vor zwei Jahren seinen fünften WM-Titel eingestrichen. Bei Cannondale scheint eine Vertragsverlängerung mit Fumic zum Jahresende nur noch Formsache zu sein. Egal, wie es in Rio läuft. 2020 sind schließlich wieder Olympische Spiele.

Die Straße nach Rio

Trainingslager in Kirchheim Nach den deutschen Meisterschaften am Sonntag im unterfränkischen Wombach beginnt für Manuel Fumic in Kirchheim ein zweieinhalbwöchiges Heim-Trainingslager als letzte, intensive Vorbereitung auf die Olympischen Spiele. Um den Kopf frei zu bekommen und sich ganz auf sich konzentrieren zu können, hat er auf ein geplantes Höhentrainingslager verzichtet. Von England nach Kanada Der erste Härtetest danach folgt am 31. Juli beim internationalen Eliterennen auf dem Londoner Olympiakurs von 2012 im Hadleigh Park. Bereits eine Woche später findet im kanadischen Mont Sainte Anne das fünfte Weltcuprennen der Saison statt. Olympisches Dorf Nach einem Kurztrainingslager in Kanada reist das Olympia-Team des BDR am 13. August direkt weiter nach Rio, wo die Mannschaft im olympischen Dorf Quartier beziehen wird. Der Vorteil des längeren Aufenthalts in Kanada: Die Zeitverschiebung gegenüber Rio beträgt während des nordamerikanischen Sommers nur eine Stunde.bk