Lokalsport

Die Hochburgen sind gerüstet

In Neidlingen beginnt am 5. Mai die Inline Alpin-Saison–DM, im Juni in Unterlenningen

Weltcup, Deutscher Inline-Cup, Ba-Wü Slalom-Cup: Die Inline Alpin-Saison wartet mit einem dicht gedrängten Terminplan auf, der auch die Fahrer des TV Unterlenningen und TV Neidlingen ab 5. Mai mit dem ersten Rennen in Neidlingen fordert. Beide Vereine gelten als Aushängeschilder einer Sportart, die eines Tages olympische Disziplin werden soll und dabei in der Hochburg Deutschland eine wichtige Hürde genommen hat.

InlineSlalomAnn-Kathrin Stolzzweiter Weltcup Sieg für die Inlinefahrerin aus Neidlingen
InlineSlalomAnn-Kathrin Stolzzweiter Weltcup Sieg für die Inlinefahrerin aus Neidlingen

Neidlingen/Lenningen. Wenn zu viele Köche den Brei verderben, müssen die Köche Kompromisse machen. Um den Inline Alpin-Sport auf lange Sicht nach vorne zu bringen, ziehen die beiden in Deutschland zuständigen Organe an einem Strang: Der Deutsche Rollsport und Inline-Verband (DRIV) und der Deutsche Skiverband (DSV) zeichnen dieses Jahr erstmals gemeinsam für eine Rennserie verantwortlich, den Deutschen Inline Alpin-Cup.

„Das ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung“, beurteilt Harald Huttenlau den Schulterschluss der beiden Verbände, die bisher weitestgehend ihr eigenes Süppchen kochten. Der 55-Jährige aus Schopfloch ist offizieller Vertreter der Sportkommission für Skateboard, Inline und Alpin (SK-SIA), vertritt in dieser Funktion die Interessen der im DRIV organisierten deutschen Inlinefahrer im Weltverband WIAC. Neben der Weiterentwicklung im Breiten- und Leistungssportbereich sowie dem Aufbau von Landes- und Regionalfördergruppen ist vor allem die Akkreditierung als olympische Disziplin das große Anliegen von Huttenlau und seinen Verbandskollegen. Dafür müssten unter anderem insgesamt 20 nationale Verbände auf drei Kontinenten im WIAC organisiert sein. Momentan sind es 13 auf zwei, wobei Deutschland neben Japan das einzige Land ist, in dem es zwei Verbände gibt. Sich vor dem Hintergrund der olympischen Bestrebungen nun mit der Ausrichtung einer Rennserie zusammenzutun, werten Insider wie Harald Huttenlau als positives Signal.

Absolute Hochburg ist Deutschland im Inline Alpin-Sport ohnehin schon. In der Weltrangliste der Männer und Frauen ist unter den Top 20 jeweils nur ein(e) Ausländer(in) zu finden. Dass die Deutschen den Sport derart dominieren, ist auch ein Verdienst der regionalen Aushängeschilder TV Neidlingen, TV Unterlenningen und SC Unterensingen. „Andere Vereine haben einfach nicht die ehrenamtliche Manpower“, weiß Harald Huttenlau um das aufopferungsvolle Engagement in den drei Vereinen. Allein in Unterlenningen zählt der für die Rollenkünstler verantwortliche Ralf Gökeler knapp 50 Mitglieder, von denen aktuell 24 auf Wettkampfebene aktiv sind. „Wir werben auch in Schulen um den Nachwuchs und werden so jedes Jahr größer“, freut sich Gökeler, der das Erfolgsgeheimnis der drei hiesigen Vereine im Teamwork erklärt. „In Unterlenningen, Neidlingen und Unterensingen arbeitet man absolut gut zusammen und hilft sich.“

So ist es Ehrensache, dass Gökeler und andere TVU-Mitglieder am kommenden Sonntag mithelfen, wenn Nachbar TV Neidlingen den Saisonstart ausrichtet. Das Erste von sechs Rennen um den Ba-Wü Slalom-Cup, der trotz regionalem Charakter die gesamte deutsche Elite anlockt, findet am Neidlinger Sportplatz statt. Die 150 Teilnehmer erwartet ab 10.30 Uhr eine 180 Meter lange Strecke mit zehn Prozent Gefälle. Bei Spitzengeschwindigkeiten um 40 km/h werden die Schnellsten nach rund 25 Sekunden im Ziel sein.

Die Schnellsten, dazu gehören auch die Neidlinger Ann-Kathrin Stolz, Julia Grüning und Kai Mehlstäubl. Das Trio um die amtierende Doppelweltmeisterin „Anki“ Stolz will sich beim Heimrennen den Fans präsentieren, wird ansonsten in dieser Saison jedoch kürzertreten. Von Mai bis September beinahe jedes Wochenende an einem Rennen teilzunehmen, können sich die von TVN-Abteilungsleiter Johann Mehlstäubl liebevoll als „Altstars“ bezeichneten Heroen neben Ausbildung und Studium kaum noch erlauben.

Zumal man in Deutschland trotz der weltweiten Ausnahmestellung (noch) nicht vom Inline-Sport leben kann. „Jeder hat zwar seine eigenen kleinen Sponsoren“, weiß Johann Mehlstäubl, „aber im Prinzip muss man im Spitzenbereich auch noch selbst drauflegen.“ Allein ein an einem Rennwochenende verschlissener Satz Rollen schlägt mit 100 Euro zu Buche, von den Reisekosten bei Weltcuprennen, die auch nach Italien und Tschechien führen, mal ganz abgesehen.

Dabei böte der Inline-Sport eigentlich genügend Vermarktungspotenzial. Die spektakuläre Mischung aus Geschwindigkeit und Geschicklichkeit ist bei sämtlichen Rennen ein Publikumsmagnet. Was fehlt, ist die ganz große mediale Aufmerksamkeit und ein potenter Mäzen, der ähnlich wie in anderen Funsportarten den Geldbeutel aufmacht.

Wie es gehen kann, haben sie vergangenes Jahr beim FC Chammünster vorgemacht. Die fünftägige Weltmeisterschaft im August 2012 sorgte überregional für Schlagzeilen und lockte neben Tausenden Zuschauern auch Fernsehsender und Radiostationen in die Oberpfalz. „Das hat dem Sport noch mal einen richtigen Hype gegeben“, glaubt Verbandsfunktionär Harald Huttenlau, der den Erfolg der WM darum auch als Meilenstein für die Olympia-Bestrebungen der Inline-Familie wähnt.

Das Motto „Dabei sein ist alles“ gilt dabei übrigens für die wenigsten der lokalen Fahrer. Sowohl in Neidlingen als auch in Unterlenningen rechnen sich die Inline-Asse in den drei verschiedenen Rennserien (BaWü-Cup, Deutscher Inline-Cup und Weltcup) in diesem Jahr einiges aus. Während in Neidlingen die Nachwuchskräfte Moritz und Marie Prinzing in den kommenden Jahren in die Fußstapfen von Ann-Kathrin Stolz, Julia Grüning und Kai Mehlstäubl treten sollen, gehen die TVU-Skater Kira und Johannes Bosch, Nick und Tom Baumann, Leonie und Luca Gökeler, Franziska und Elena Dangel sowie Maximilian Schmidt und Jennifer Martetschläger in allen drei Wettbewerben an den Start. Dazu haben die Lenninger auch bei den Europameisterschaften der Jugend (26. Mai in Bad Hersfeld) und der Aktiven (6./7. Juli in Degmarn) heiße Eisen im Feuer.

Dazwischen steht dem TVU aber noch ein ganz spezielles Highlight ins Haus: Am 29. und 30. Juni werden auf der Hochwangsteige die deutschen Meister im Slalom und Riesenslalom ermittelt. Lob gibt‘s schon mal vorab aus berufenem Mund. „Der TV Unterlenningen ist ein Topausrichter, genauso wie der TV Neidlingen“, betont Harald Huttenlau, der damit vor der eigenen Haustüre die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft des Inline-Sports gegeben sieht. „Wenn wir Kindern Spaß und Freude vermitteln können, sind wir auf einem guten Weg. Ich bin überzeugt, dass in den kommenden Jahren noch mehr Vereine gegründet werden und noch mehr Fahrer dazukommen.“

Ausbaufähig ist der organisierte Inline-Sport dabei durchaus noch. Laut Bestandserhebung des Württembergischen Landessportbunds (WLSB) von 2012 gibt es in Württemberg 55 Vereine mit 2 923 Mitgliedern.