Kirchheim. Zu Beginn einer jeden Premiere darf man sich auf Neues freuen. Insofern könnte der erste Sieg der Knights in der Crailsheimer Hakro-Arena am Samstag der Anfang vom Ende der Kirchheimer Erfolglosigkeit in der Pro-A-Saison 2012/2013 gewesen sein. Genau wird man das vermutlich erst am späten Samstagabend wissen. Nach dem Heimspiel gegen die Leipziger Uni-Riesen, das Kirchheims Headcoach Frenkie Ignjatovic schon mal als „Spiel des Jahres“ für sich und seine Mannschaft tituliert. Der Trainer weiß, wovon er redet, denn die Fallstricke gegen den vermeintlich schwächeren Gegner, der derzeit das Tabellenende ziert, lauern zahlreich und überall. Dass es in dieser Saison keine Mannschaft gibt, die nicht in der Lage wäre, jeden Gegner in der Liga zu schlagen, ist ausnahmsweise mehr als eine Binsenweisheit. Bestes Beispiel? Genau. Leipzig. Der Tabellenletzte ist immerhin eines von nur drei Teams der Liga, die gegen den Aufstiegsfavoriten aus Göttingen als Sieger vom Platz gegangen sind.
Das in Crailsheim getankte Selbstvertrauen tut also not, um das mühsam entfachte Flämmchen gegen die Sachsen am Flackern zu halten. Einen Gala-Abend sollte dabei niemand erwarten. Zwar war der Mannschaft im ersten Training am Dienstag anzumerken, dass eine Zentnerlast von ihr gefallen ist, doch die letztjährige Zauber-Truppe bleibt in der neuen Saison bis auf Weiteres eine Arbeits-Brigade. „Wir sind derzeit nicht in der Lage, Spiele locker zu gewinnen“, gesteht Frenkie Ignjatovic ein. Dessen Zielvorgaben wurden am Samstag immerhin erfüllt: den Gegner unter 90 Punkten gehalten, den Reboundvergleich klar gewonnen, das Spiel über weite Strecken bestimmt.
Einer der großen Gewinner ließ sich den Abend auch durch einen schmerzhaften Nasenbeinbruch nicht verderben: Dominik Schneider, der mit 13 Punkten und 11 Rebounds hinter Chris Alexander effektivster Kirchheimer war, wird am Samstag gegen Leipzig mit Gesichtsmaske auflaufen müssen. Bei einem üblen Foul im Schlussviertel bekam er den Ellbogen seines Gegners ins Gesicht, spielte die Partie aber unter Schmerzen zu Ende. „Ich kenne das Gefühl“, meint Dominik Schneider, der dem Verletzungspech inzwischen mit Gelassenheit begegnet. „Ich wusste sofort, dass die Nase gebrochen ist.“ Dabei stand Schneider bis zu dieser Szene erstmals seit den Play-offs vergangene Saison völlig schmerzfrei auf dem Platz. Damals zeigte er seine bis dahin beste Leistung im Kirchheimer Trikot. In Crailsheim könnte der Knoten nach seiner langwierigen Knieverletzung endgültig geplatzt sein. Das hofft nicht nur sein Trainer, der nie an den Fähigkeiten des gebürtigen Franken gezweifelt hat und der seine Geduld nun belohnt sieht: „Dominik war schon die letzten drei Spiele bester Mann unterm Korb“, sagt Frenkie Ignjatovic. „Wir haben darauf lange gewartet.“ Schneider ist wild entschlossen, seine Chance zu nutzen. Als Deutscher und mit der Leistung in Crailsheim könnte er für die Knights zum Schlüsselspieler werden. „Ich bin noch nicht bei hundert Prozent“, sagt der 27-Jährige. „Aber es hat Spaß gemacht, in einem so wichtigen Spiel Verantwortung zu übernehmen.“ Wann er zuletzt mit einem Double-double vom Feld gegangen ist? „Genau kann ich das nicht sagen. Das muss wohl irgendwann in Nürnberg gewesen sein.“
Doch Schneider war nicht der einzige Lichtblick beim historischen Erfolg in der Hakro-Arena. Neben Chris Alexander, der seine Kritiker mit 21 Punkten, sechs Korbvorlagen und einer ordentlichen Defensive strafte, durfte sich auch Jonathan Maier als ein Gewinner des Abends fühlen. Der 19-jährige Center nutzte seine knapp sieben Minuten auf dem Platz, um sein bisher bestes Spiel abzuliefern. Alles Signale, die beim Trainer ankamen. Doch Ignjatovic lässt sich nicht blenden. „Wir haben in der Schlussphase am Samstag auch viele Fehler gemacht.“ Von einem wichtigen Schritt nach vorne will er deshalb erst nach einem möglichen Erfolg gegen Leipzig sprechen. „Das ist für uns die Chance, unser Minimalziel mit zwei Siegen vor Weihnachten schon jetzt zu erreichen.“ Entwarnung kam gestern von Sebastian Adeberg, der beim Zusammenprall mit Benni Lischka einen Schlag aufs Knie abbekam und die letzten zehn Minuten von der Bank aus verfolgen musste. „Der Schleimbeutel ist gerissen“, so die Eigendiagnose des Heidelberger Mediziners. „Für Samstag ist das aber kein Problem.“
Glück gehabt – Dennoch ist das Thema Verstärkungen längst nicht vom Tisch. Bei Tim Burnette und Mike Henderson, die beide nach wie vor mit der Mannschaft trainieren, fehlen nur die nötigen Papiere. Henderson spielte zuletzt in Mexiko, Burnette beim österreichischen Erstligisten Fürstenfeld. „Beide Vereine verweigern momentan noch die Freigabe“, sagt Knights-Sportchef Michael Schmauder. Im Umkehrschluss heißt das: Sind die Formalitäten geregelt, kann es ganz schnell gehen.
