Lokalsport

Ein Fall für die Couch

Erklärungen für die Krise der Knights lassen sich immer schwerer finden

Sie machen Fortschritte, sie beherrschen Gegner und Statistik, aber sie gewinnen kein Spiel. Kirchheims Basketballer drei Wochen vor Weihnachten – ein Fall für die Couch.

Kirchheim Knights , Basketball
Kirchheim Knights , Basketball

Kirchheim. Die Regel gilt immer: Je prekärer die sportliche Lage einer Mannschaft, desto monotoner fallen die Erklärungsversuche aus. Bei den Knights herrscht Ratlosigkeit. Was will man nach einem Spiel wie dem am Sonntag in Ehingen auch schon sagen? Sportchef Michael Schmauder versucht es mit einem Wechsel ins Fußball-Fach: „Das ist, wie wenn du in der 90. Minute mit 2:0 führst und in der Nachspielzeit drei Tore kassierst.“ Sein Trainer fasst das Unfassbare so zusammen: „Die Mannschaft hat 90 Prozent des Spiels alle taktischen Vorgaben erfüllt, den Gegner beherrscht und vorbildlich verteidigt. Dann hat sie sich durch dumme Einzelaktionen um den Erfolg gebracht.“ Im Zentrum der Kritik: Der zuletzt hoch gelobte Dominik Schneider, der sich in den Schlusssekunden ein anfängerhaftes Foul leistete und zum wiederholten Mal: Cedric Brooks. Der hätte in Ehingen zum Symbol für die Wende werden können und war am Ende wieder einmal der Sündenbock. Die schwächste Defensivleistung aller Kirchheimer ermöglichte seinem Gegenspieler Malik Müller zehn Punkte in den letzten drei Spielminuten – zwei zuviel an diesem Tag. Dass Brooks zuvor mit zwei wichtigen Dreiern seine Farben auf Erfolgskurs trimmte, interessierte da schon lange keinen mehr.

Der 32-Jährige wirkt zerknirscht und ebenso ratlos wie das gesamte Umfeld. Er ist einer der erfahrensten im Team, scheint mit dem steigenden Druck jedoch nicht umgehen zu können. „Die Situation ist hart für mich“, gesteht er ein. „Nach dem Weggang von Ahmad Smith sind die Erwartungen an mich gestiegen“, sagt er. „Vielleicht war ich darauf nicht genügend vorbereitet.“ Spiele er gut, sei das okay, spiele er schlecht, sei er der Schuldige. So ist das, wenn man den Stempel mit der Aufschrift „Leistungsträger“ auf der Stirn trägt. Brooks ist immerhin einer, der solche Phasen kennt. „Ich bin ein loyaler Typ“, meint er. „Ich habe in Kirchheim immer gekämpft – in guten und in schlechten Zeiten.“

Viel Zeit, zum Kämpfen, bleibt nicht. Am Plansoll, das schon vor dem Ehingen-Spiel festgeschrieben stand, hat sich nichts geändert: Zwei Siege bis Weihnachten. Blickt man aufs Restprogramm mit Gegnern wie Düsseldorf und Göttingen, fällt es schwer, daran zu glauben. Michael Schmauder zumindest tut es: „Wir waren gegen Leipzig die bessere Mannschaft und wir waren in Ehingen die bessere Mannschaft,“ sagt der sportliche Leiter. „Wir haben die Qualität, wir müssen sie nur abrufen.“

Zumindest im letzten Punkt scheint der Trainer anderer Meinung. „Bei uns spielen zu viele am Limit“, urteilt Frenkie Ignjatovic. Die Entwicklung von Spielern wie Dominik Schneider und Jonathan Maier sei erfreulich. Der 20-jährige Maier war in Ehingen mit sieben Punkten, zwölf Rebounds und drei geblockten Würfen effektivster Kirchheimer. „Ich kann von Spielern, die vergangene Saison drei Minuten Spielzeit hatten aber nicht erwarten, dass sie dauerhaft zwanzig Minuten Topleistung bringen. Deshalb gibt es zu der Efahrung von Cedric auch keine Alternative.“

Sollte es der Mannschaft bis Weihnachten nicht aus eigener Kraft gelingen, sich zu stabilisieren, wird es personelle Veränderungen aber wohl nicht den radikalen Schnitt geben, den manche erwarten. Für hochkarätige Neuverpflichtungen fehlt das Geld. Für jede neue Kraft müsste ein gültiger Vertrag gelöst werden. Hinzu kommt: 18 Spielerlizenzen ist das von der Pro A festgelegte Maximum pro Spielzeit. Mit den Ex-Knights Anthony Pettaway und Ziyed Chennoufi und mit den beiden jüngsten Neuverpflichtungen Tim Burnette und Mike Henderson haben die Kirchheimer in dieser Saison bereits 15 Anträge ans Liga-Büro verschickt.

Henderson, der in Ehingen seine Deutschland-Premiere hätte feiern sollen, sitzt vorerst noch im Wartezimmer. Statt den Heilsbringer in der Defensive zu geben, sucht der Amerikaner zurzeit sein Heil bei den Ärzten, nachdem er am vergangenen Donnerstag bei einem Sprung statt auf dem sicheren Hallenboden auf dem Fuß von Cooper Land gelandet war. „Sein Knöchel ist dunkelblau und dick geschwollen“, sagt Michael Schmauder. „So wie es aussieht hat er eine starke Bänderdehnung abbekommen.“

Will man dem Sonntag etwas Positives abgewinnen: Die Verhältnisse sind geklärt, die Mannschaft kann sich nun ganz auf den Abstiegskampf konzentrieren, und selbst ein gebremst optimistischer Trainer weiß: Auch diesjährige Topteams haben manchmal einen schwarzen Tag.