Lokalsport

Ein Hochdorfer Schwabe als Held von Bielefeld​

Rüdiger Kauf fand in Ostwestfalen sein Fußballglück und wurde Arminia-Rekordspieler – Im September kehrt er nach 13 Jahren in die Heimat zurück

Mit dem VfL Kirchheim stieg er zur Saison 1996/97 in die Regionalliga Süd auf, wonach er über die Zwischenstation VfB Stuttgart zum gefeierten Bundesliga-Helden und Rekordspieler des DSC Arminia Bielefeld wurde. Heute ist der in Hochdorf aufgewachsene Rüdiger Kauf (39) fest angestellter Scout beim westfälischen Zweitligisten, wo er seine 30-jährige Fußballer-Laufbahn im Sommer 2011 beendet hatte.

VfL-Nostalgiespiel: Meisterteam 1996/97 - WFV-Pokalsiegerteam 2002/03/Foto: von Rüdiger Kauf hier bei Schöllkopf
VfL-Nostalgiespiel: Meisterteam 1996/97 - WFV-Pokalsiegerteam 2002/03/Foto: von Rüdiger Kauf hier bei Schöllkopf

Kirchheim/Bielefeld. Egal für welchen Verein er auch spielte, er war stets der von den Fans in hohem Maße bewunderte Kilometerfresser im Team: In den Profi-Jahren bei Arminia Bielefeld verdiente sich Rüdiger Kauf als defensiver Dauer(b)renner im Mittelfeld Fleißpreise im Spieltags-Takt. Seine herausragende Beinarbeit zeitigte großen Erfolg. 2002 und 2004 stieg der in Hochdorf aufgewachsene Ex-Fußballer des VfL Kirchheim mit den Ostwestfalen in die Bundesliga auf, und danach gelang der Arminia-Mannschaft mit ihm ein historischer Triumph: Erstmals in der Vereinsgeschichte stieg die Mannschaft fünf Jahre lang nicht mehr aus dem Oberhaus ab. Für die Fans in der 330 000-Einwohner-Stadt am Rande des Teutoburger Waldes war das fast eine Sensation, für den Schwaben-Fußballer indes nicht. „Bielefeld hatte außergewöhnlich starke Mannschaften in jener Zeit“, weiß er. Das Kämpferherz Kauf kickte neben Rasen-Größen wie Petr Gabriel, Heiko Westermann oder Patrick Owomoyela – damals lauter aktuelle oder zukünftige Nationalspieler. Die Mischung passte. Heutzutage schwebt der immer mal wieder von Finanzproblemen gebeutelte Club in der zweiten Liga in größter Abstiegsgefahr – von früheren Qualitäten ist wenig geblieben.

Insgesamt zehn Jahre kickte Kauf im Arminia-Dress (2001 bis 2011), und nicht nur wegen seiner – gemessen an den heutzutage üblichen Profi-Gepflogenheiten – herausragenden Vereinstreue avancierte er auf der Alm zu Everybody‘s Darling. Die Fans wählten ihn zwei Mal zum „Spieler der Saison“ und gründeten den Rüdiger-Kauf-Fanclub, seine Mitspieler machten ihn zu ihrem Sprachrohr: Drei Jahre lang war der Württemberger Kauf Bielefelder Mannschaftskapitän. Für Trainer wie Benno Möhlmann, Thomas von Heesen, Uwe Rapolder („ihn habe ich am meisten zu verdanken“) und Thomas von Heesen war der Defensivstratege ebenfalls eine feste Größe: Nicht weniger als 170 Erstliga-Einsätze sammelte Kauf unter insgesamt 15 Arminia-Trainern an – bis heute ist das Bielefelder Spielerrekord.

Ein Problem hatte Kauf in seiner Profi-Karriere nach eigener Aussage eigentlich nur mit Trainer Ewald Lienen: „Die Chemie zwischen Mannschaft und ihm stimmte damals nicht“, blickt er auf die Schlussphase der Bielefelder Zweitliga-Zittersaison 2010/11 zurück, als die Nerven blank und manche Standpunkte intern weit auseinanderlagen. Just als ihn der unnachgiebige DFB-Fußballlehrer bei der 0:2-Niederlage in Düsseldorf im April nach 75 Spielminuten auswechseln wollte, riss sich Kauf wütend erst die Kapitänsbinde vom Arm und dann das Trikot vom Leib. Für die Aktion, die zum Eklat geriet, entschuldigte er sich später, doch die Ressentiments blieben. Zum Saisonende stieg Bielefeld in die 3. Liga ab, Lienen musste gehen und Kauf beendete 36-­jährig eine Fußballer-Karriere, deren weitere Vereinsstationen der TV Hochdorf (1982 – 1994), SC Geislingen (1994 – 1996), VfL Kirchheim (1996 – 1998) und VfB Stuttgart (1998 – 2001) waren. Durch alle Etappen zog sich Kaufs ausgeprägte Abneigung gegen üble Fouls wie ein roter Faden. In keinem seiner weit über 500 Aktiven-Pflichtspiele inklusive zweier Uefa-Cup-Begegnungen kassierte er jemals eine Rote Karte. Für einen, der im Mittelfeld primär „Zerstörer“-Aufgaben hat und energisch in die Zweikämpfe geht, ist das eine Traumbilanz.

Seit fast drei Jahren hat Kauf den Status eines Ex-Kickers, doch fußballmüde ist er seither kein bisschen. Seine berufliche Zukunft sieht er weiter in der Balltreter-Branche – als Scout eines Profivereins. Seit Kurzem arbeitet er, mit einem Jahresvertrag ausgestattet, für Arminia Bielefeld als Talentsichter in der Junioren-Bundesliga, wo er die begabtesten Spieler von Clubs wie Borussia Dortmund, FC Köln, Schalke 04 oder VfB Stuttgart kritisch unter die Lupe nimmt. „Die Anfahrten beim Spielbetrieb an den Wochenenden sind öfters recht kurz“, sagt er. Sein Wirkungsbereich könnte bald viel größer werden – falls er zur kommenden Saison 2014/15, wie club-intern schon angedacht, tatsächlich Arminia-Scout für den süddeutschen Bereich wird. „Es gibt mündliche Vereinbarungen, aber unterschrieben ist noch nichts“, sagt Kauf.

Sicher ist, dass er zusammen mit Lebenspartnerin Nadine und Söhnchen Max (6) irgendwann im September von Bielefeld nach Kirchheim umziehen wird – nach 13 Jahren Ostwestfalen kehrt er in seine Heimat zurück. Eine Art Nestbau erfolgte bereits: Vor Kurzem war an der Notzinger Steige Grundsteinlegung des Kaufschen Hauses, das die Familie im September beziehen wird. „Dann wird auch unser Sohn eingeschult“, sagt Kauf.

Was, wenn sich sein Job-Wunsch bei Arminia Bielefeld noch zerschlagen sollte? „Keine Ahnung, was dann passiert. Einen Plan B habe ich noch nicht.“ Sorgen um seine Zukunft macht sich der Ex-Profi aber keine.

„Den musst du schon abknallen . . .“

Magath-Entscheid Die zwei Spielzeiten beim VfL Kirchheim, wo er mit der Mannschaft in die Regionalliga Süd erst auf- und dann wieder abstieg (Spielzeiten 1996/97 und 1997/98), hat Rüdiger Kauf positiv in Erinnerung: „Es war eine Superzeit. Damals reifte auch mein Entschluss, es als Profifußballer zu versuchen.“ Nachdem ihn VfB-Amateurtrainer Peter Starzmann zum VfB Stuttgart vermittelt hatte, hatte Kauf unter Trainer Felix Magath später keine Perspektive mehr. Da kam der Lockruf von Bielefelds Manager Herbert Bruchhagen 2001 gerade recht. „Die Entscheidung für den Zweitligisten habe ich ziemlich schnell gefällt.“ Verletzungs-Glück Die Ausfallliste von Rüdiger Kauf ist relativ kurz: Während seiner Profizeit war er fast nie außer Gefecht – einmal wegen eines Kreuzbandrisses (Saison 2006/07), einmal wegen eines Außenbandrisses (2008/09). Weil es (zu) wenig Blessuren niederzuschreiben gab, nahm das Internetportal transfermarkt.de auch noch eine Magen-Darm-Grippe vom 28. April bis 2. Mai 2011 in die persönliche Spielerchronik mit auf. Lang-Läufer Rüdiger Kaufs Ruf als Kilometerfresser auf dem Fußballrasen war während seiner VfL-Zeit (1996/97 und 1997/98) schon ziemlich ausgeprägt, doch in sechs Bundesliga- und vier Zweitliga-Jahren bei Arminia Bielefeld huldigten sie dem Dauerrenner noch viel mehr. „Den musst du schon abknallen, sonst hört der nie auf zu laufen“, sagte sein Ex-Teamkollege Mathias Hain einmal über ihn.top