Kirchheim. Die Spaßbremse nur mal kurz angetippt, mehr war es nicht: Als die Mannschaft sich auf dem Hosenboden um den Anspielkreis versammelte, wäre es dem Kapitän beinahe herausgerutscht. „Nie mehr zweite Liga“, wollte sich Radi Tomasevic gerade aus den strapazierten Stimmbändern pressen, als ihm sein Trainer die Regie-Anweisung flüsterte. Neuer Text, ähnlicher Inhalt – besser so. Schließlich hatte man die Sache mit dem Aufstieg gerade erst erfolgreich verdrängt. Zu wissen, dass man dürfte, wenn man könnte, musste fürs Erste genügen.
Es war wahrlich keine Nacht für Koronargeschädigte und Hochdruck-Patienten, und trotzdem gab es welche, die das volle Programm ertrugen. Frenkie Ignjatovic war immerhin nervenstark genug, um das bajuwarische Gegenstück beim Puplic viewing mit den Fans im Stadtkino noch oben drauf zu packen. „Finale dahoam“ – Gemeinsamkeit verpflichtet. Damit dürften die Gemeinsamkeiten in dieser Nacht allerdings erschöpft gewesen sein, denn während die Bayern-Kicker in der spanischen Hauptstadt feudal die Sau raus ließen, feierten die Basketballer von der Teck zwischen Ikea-Schrankwand und Dreisitzer-Sofa in der Wohnung von Devin Uskoski. Profi-Dasein auf die schwäbische Art: Radi Tomasevic und Sebastian Adeberg hatten bei ihren Arbeitgebern vorsorglich einen freien Tag beantragt, bei Nils Menck klingelte am anderen Morgen um sieben Uhr der Wecker. „Das ist vielleicht unser einziger Vorteil“, sagt Ignjatovic. „Deutsche Spieler, die einen Beruf erlernen, bekommen woanders erst gar keine Chance.“
Jetzt ist erst einmal Freizeit angesagt. Bis Montag bleiben die Bälle im Schrank. Danach werden die Zügel sachte wieder angezogen. „Die Jungs wollten eine Pause“, sagt Ignjatovic, der sich nach der Entscheidung am Mittwoch und einer langen Saison nun auf ein paar freie Tage freut, statt am Samstag und am Feiertag schon wieder ran zu müssen. „Das war das schönste Geschenk, das mir die Mannschaft machen konnte.“ Gestern früh saß der Coach schon wieder daheim in Ober-Ramstadt im Büro seiner kleinen Firma, nachdem er sich noch in der Nacht auf den zweistündigen Heimweg über die Autobahn gemacht hatte.
Der ganze Fokus ruht nun auf Freitag. Er gehe davon aus, dass das erste Finalspiel in Kirchheim stattfindet, meint Ignjatovic. Dass der MBC gegen Crailsheim noch zweimal patzt, hält er für wenig wahrscheinlich, auch wenn ein württembergisches Derby im Finale reizvoll für ihn wäre. Nicht weil ihm als gebürtigem Serben besonders an regionalem Geplänkel gelegen wäre, sondern weil für ihn als Kritiker der bestehenden Aufstiegsregel der Reiz im Absurden liegt: „Wenn zwei Mannschaften, die nicht aufsteigen können, den Meister ausspielen, würde das zumindest für Gesprächsstoff sorgen.“
Kommen wird es am Ende wohl anders: Der MBC geht als Favorit in die beiden letzten Spiele am Samstag in Crailsheim und möglicherweise am Maifeiertag in Weißenfels. Das Spiel in der Crailsheimer Hakro-Arena will sich Ignjatovic am Samstag vor Ort anschauen. Um den kommenden Gegner zu studieren und vielleicht auch, um seinen Freund Silvano Poropat zu treffen. Mit ihm hat er im Dezember schon vereinbart: „Wenn wir beide ins Finale kommen, stellen wir zwei Stühle an die Mittellinie, lehnen uns zurück und genießen.“
