Kirchheim. Pleiteliga - dieser Makel haftete der Regionalliga in den vergangenen Jahren nicht zu Unrecht an. Die wirtschaftlichen und technisch-organisatorischen Anforderungen, die der DFB an die Erlangung einer Lizenz knüpfte, waren für viele Vereine hoch. Oft zu hoch, Beispiele für durch Insolvenzen gebeutelte Clubs gibt‘s mit Ulm, Reutlingen oder Mannheim genug. Konterkariert wird die Kluft zwischen sportlichem Erfolg und den zu hohen Hürden im Norden: Oberliga-Serienmeister Victoria Hamburg verzichtete aus Angst vor finanziellem Schiffbruch bereits mehrmals auf sein Aufstiegsrecht.
Nachdem sich immer mehr Vereine beim DFB beschwert hatten, kommt nun das Einlenken der Fußballmächtigen. Im Zuge der Regionalligarefom, die ab der Saison 2012/13 eine Aufstockung von drei auf fünf Staffeln vorsieht, soll die Spielzeit 2011/12 dem Übergang dienen - mit gelockerten Anforderungen im Lizenzverfahren. Beispiel Stadionkapazität. Hier hatte der DFB bislang 5 000 Plätze, inklusive 1 000 überdachter, verlangt. Künftig soll individueller verhandelt werden. Auch in Sachen Etatvorgaben will man den Vereinen entgegenkommen, die Regionalliga soll wieder erschwinglich(er) werden.
Entsprechend groß sind Freude und Erleichterung auch in den Oberligen. Galten im baden-württembergischen Oberhaus bislang höchstens Waldhof Mannheim, der SSV Reutlingen oder die Stuttgarter Kickers II Kraft ihrer Möglichkeiten als regionalliga-tauglich, erweitert sich dieser Kreis dank der gelockerten Übergangsregelungen beträchtlich. Mit geringerem Aufwand als bislang kämen plötzlich auch Vereine wie der aktuelle Primus FC Nöttingen wieder infrage für die vierthöchste deutsche Spielklasse. Im Remchinger Vorort wäre man im Fall des Titelgewinns wohl an den bisherigen Lizenzanforderungen gescheitert. Aber dank der Reform träumt der Dorfverein nun zu Recht vom Aufstieg, FCN-Manager Dirk Steidl war unlängst bei einer vom DFB angebotenen Schulung für Aufstiegskandidaten dabei.
Beim VfL Kirchheim hofft man indes, dass die gelockerten Lizenzanforderungen nicht nur übergangsweise gelten und man mit den anvisierten Umbaumaßnahmen bereits zur Saison 2012/13 den Regionalligakriterien genügen würde. Wann die Bagger an der Jesinger Allee anrollen können, liegt laut VfL-Geschäftsführer Walter Rau in den Händen der Stadt, der das Stadion gehört - noch. Nach Wunsch der Fußballer soll im Gemeinderat bis Ende März über letzte Details entschieden werden, ehe eine Betreibergesellschaft als Eigentümerin tätig werden kann. Deren erste Maßnahmen sind laut Rau der Neubau von Haupttribüne, Umkleideräumen und Anzeigetafel. Spätestens, wenn im Juli der VfB Stuttgart zu einem Testspiel anrückt (Termin noch offen), sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, Gegentribüne und Rasen kommen später dran.
Dem Kirchheimer Spielfeld würde eine frühere Sanierung allerdings nicht schaden, im Gegenteil. „Eigentlich müsste man den Rasen überdachen, denn Glücksspiel unter freiem Himmel ist ja verboten“, grantelt VfL-Trainer Rainer Kraft ob des holprigen Geläufs, auf dem genaues Passspiel und flüssige Kombinationen kaum noch möglich sind.