Lokalsport

Hängepartie bis März

Pläne für VfL-Vereinszentrum liegen bis zu Gipfelgespräch auf Eis

Eigentlich geht es um eine sinnvolle Sache, die jedem am Herzen liegen sollte: sich bewegen, gesund bleiben – egal wie und wo. Aus dem Verteilungskampf zwischen kommerziellen Anbietern und Sportvereinen ist ein Politikum geworden. Für den VfL Kirchheim und sein geplantes Vereinszentrum bedeutet dies: Bis zum Urteil einer Expertenrunde im Stuttgarter Innenministerium ist alles offen.

StadionsgebŠude - VFL Kirchheim - Wappen - SchildJesinger allee
StadionsgebŠude - VFL Kirchheim - Wappen - SchildJesinger allee

Kirchheim. Zur falschen Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen, hat sich in der Geschichte schon häufiger als schicksalhaft erwiesen. Hätte der VfL Kirchheim vor Jahren bereits den Bau eines modernen Vereinszentrums in Angriff genommen, die Sache wäre wie vielerorts zuvor womöglich völlig geräuschlos abgelaufen. Insofern könnte man als Pech bezeichnen, was dem VfL dieser Tage widerfährt. Das Bemühen der Vereine um Zukunftsfähigkeit ist plötzlich und unverhofft zum Politikum geworden, weil die Regierungspräsidien Handlungsbedarf sehen. Das mag zum einen durch die Wellen aufgewirbelt sein, die private Sportstudio-Betreiber mit ihren Klagen seit Wochen durch die Presselandschaft rauschen lassen. Ganz sicher hängt es mit der Tatsache zusammen, dass Sportvereine auf Dauer nicht mehr das sein können, was sie einmal waren.

Ob hergebrachte Vereinsstrukturen veraltet sind, darüber kann man streiten. Die Gemeindeordnung, nach der entschieden werden muss, ob Vereinszentren über Bürgschaften kommunal gefördert werden dürfen, ist es jedenfalls. Dieser Meinung ist man zumindest in Stuttgart. Deshalb soll auf politischer Ebene jetzt nachgebessert werden. „Es geht darum, auf den Wandel zu reagieren und die gesetzliche Beurteilung weiterzuentwickeln“, sagt Ministeriumssprecher Andreas Schanz. Das soll nun in einem Gipfelgespräch im März mit Experten des Regierungspräsidiums und des Innenministeriums erreicht werden. Für die Sportvereine sitzen die beiden obersten Verbandsfunktionäre Klaus Tappeser und Rainer Brechtken mit am Tisch.

Brechtken verweist auf das Solidarprinzip in den Vereinen: „Unsere Turn- und Sportvereine bieten eine breite Angebotspalette, vom Mutter-und-Kind-Turnen übers Kinderturnen, die verschiedenen Bereiche des Wettkampfsports bis hin zum Fitness- und Gesundheitssport.“ Nicht alle diese Bereiche könnten kostendeckend betrieben werden. „Beim Verein gilt deshalb das Gesamtdeckungsprinzip über alle Bereiche hinweg.“ Damit erfülle der Verein seinen Zweck. „Und daraus ergibt sich auch seine Gemeinnützigkeit“, sagt der Präsident des Schwäbischen Turnerbundes.

Beim WLSB, dem Dachverband aller Sportvereine in Württemberg, ist man optimistisch, dass die Sache gut ausgeht. „Wenn wir das Thema auf eine sachliche Diskussion reduzieren“, ist WLSB-Hauptgeschäftsführer Heinz Mörbe überzeugt, „wird das Ganze zum Sturm im Wasserglas.“ Wer Bürgschaften in solchen Fällen generell in Frage stelle, müsse sich auch vom Vereinsgedanken verabschieden. Einen Mangel an Sachlichkeit und fundiertem Wissen erkennt auch Winfried Möck in der gegenwärtigen Diskussion. Der Chef der Beraterfirma, die die Vereine im Auftrag des WSLB unterstützt, leitete als Moderator die Mitgliederversammlung des VfL Anfang Dezember. Die Skepsis, die ihm dort begegnete, ist für ihn nicht neu, schließlich macht er den Job seit zehn Jahren bundesweit, hat dabei etliche Vereinszentren mit über die Ziellinie geführt. Die kritische Diskussion hält er für wichtig, damit das Thema ins öffentliche Bewusstsein dringe. „Dass die Politik dies zum Anlass nimmt, das Thema Bürgschaften zu hinterfragen, wundert mich allerdings“, sagt er. Schließlich gebe der Gesetzgeber eindeutige Kriterien dafür vor. Möck rechnet fest damit, dass die Sportlandschaft in Zukunft deutlich facettenreicher wird. „Wenn der Markt bunter wird, hat jeder die Chance, seinen Platz zu finden“, sagt er. Bisher sei ihm kein Fall bekannt, in dem ein privates Sportstudio wegen eines Vereinszentrums hätte schließen müssen.

Deutlich gebremst ist die anfängliche Euphorie bei der Frau, die sich in Kirchheim für die Sache stark gemacht hat. Doris Imrich will zwar weiter kämpfen, stellt aber klar: „Ohne Bürgschaft der Stadt können wir nicht bauen.“ Völlig auf Eis liegt das Projekt bis zum Frühjahr nicht. Die VfL-Vorsitzende will die Hängepartie bis März nun nutzen, um sich intensiver mit Gegnern und Skeptikern auseinanderzusetzen. Bestes Mittel: Aufklärung. Übers Internet und die Vereinspostille will man in den kommenden Wochen zur Versachlichung des Themas beitragen. Warum das Ganze?, Wer profitiert davon?, Wo ist der Verein gemeinnützig und wo nicht? Mit Antworten auf solche Fragen hofft Imrich auch den Gemeinderat zu überzeugen, der in Sachen Bürgschaft auf kommunaler Ebene zu entscheiden hat.

Heute Abend bereits treffen sich Verwaltungsspitze und Vereinsvorstand des VfL zu einem gemeinsamen Gespräch im Rathaus. Es geht um die Neuordnung der Sportflächen ums Stadion, sollte dort irgendwann einmal ein Sportpark entstehen. Irgendwie klingt das noch mehr nach Zukunftsmusik, irgendwie hängt aber auch alles miteinander zusammen, und irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass es bei diesem Thema um mehr als eine Baustelle geht.

Bürgschaft ermöglicht zinsgünstige Darlehen

Die Vereine finanzieren ihre Baumaßnahmen über Eigenmittel, Zuschüsse vom Württembergischen Landessportbund und Bürgschaften der Kommunen. Dadurch erhalten sie zinsgünstigere Darlehen. Die Bürgschaften müssen bei kleineren Gemeinden von den Landratsämtern, bei Großen Kreisstädten von den Regierungspräsidien genehmigt werden. Die oberste Behörde ist das Innenministerium. Weil der VfL Kirchheim über kein Eigenkapital verfügt, kommt einer kommunalen Bürgschaft besondere Bedeutung zu. Die Höhe der Bürgschaft ist Verhandlungssache mit den Gläubigerbanken. Bevor eine Bürgschaft vom Regierungspräsidium genehmigt werden kann, bedarf sie der Zustimmung des Gemeinderats der Stadt, die diesen Posten in ihrem Haushaltsplan berücksichtigen muss.tb