Lokalsport

Knights lauern an der Hintertür

Basketball: Nach dem sportlichen Abstieg glimmt noch immer ein schwacher Hoffnungsfunke

Wie viel Frust in eine Flasche Prosecco passt, versuchen Kirchheims Basketballer heute Abend zu erforschen. Das finale Mannschafts-Dinner beim Stamm-Italiener in der Innenstadt ist der endgültige Schlusspunkt hinter eine Saison, die eigentlich zum Vergessen wäre – so man denn könnte. Während sich in den Play-offs der zweiten Liga das Aufstiegs-Roulette dreht, lebt die Hoffnung in Kirchheim insgeheim weiter.

12.01.2013 --- Basketball --- 2. Bundesliga Pro-A --- 17. Spieltag: Nürnberger Basketball Club NBC - VfL Kirchheim Knights --- F
12.01.2013 --- Basketball --- 2. Bundesliga Pro-A --- 17. Spieltag: Nürnberger Basketball Club NBC - VfL Kirchheim Knights --- Foto: Sport-/Pressefoto Wolfgang Zink / MaWi --- Branislav Ignjatovic (Trainer VfL Kirchheim Knights) - zeigt Einzelbild

Kirchheim. Fisch oder Fleisch? Beim letzten gemeinsamen Rittersmahl heute Abend ist das vermutlich die Kernfrage, bevor die Knights sich in alle Himmelsrichtungen in den Urlaub verabschieden. Weder Fisch noch Fleisch ist hingegen das, was der Basketball-affine Teil der Kirchheimer in diesen Tagen als Status quo beschäftigt. Seit Samstag, 30. März, steht zwar der sportliche Abstieg aus der Pro A fest, doch in Stein gemeißelt ist der noch lange nicht. Genauer gesagt nicht vor Mai, wenn die zweite Liga endgültig über die Vergabe der Lizenzen entscheidet. Jeder, der das Geschäft kennt, der weiß: Zwischen Theorie und Praxis beim Thema Aufstieg liegen meistens Welten. Oder anders ausgedrückt, wer vom Papier her darf, der muss noch lange nicht können.

Fakt ist: 16 Mannschaften, die in der zweigeteilten Pro B in den Play-offs stehen, haben die theoretische Chance, einen der beiden Aufstiegsplätze zu ergattern. Nur: von diesen 16 Teams haben zum 31. März nur vier eine Lizenz für die Pro A beantragt. Experten räumen gar nur Nördlingen und den Dragons aus Rhöndorf realistische Chancen ein. Beide Klubs spielten schon einmal in der Pro A und verfügen über die entsprechende Infrastruktur. Sähe sich folglich nur eine oder womöglich gar keine Mannschaft imstande, den Aufstieg zu wagen und gelänge gleichzeitig zwei BBL-tauglichen Teams der Einzug ins Play-off-Finale der Pro A, dürften die Kirchheimer als Tabellenvorletzter im Nachhinein noch auf Rettung hoffen. Die Gewissheit wird in Raten kommen: zunächst mit der letzten Halbfinal-Begegnung in den Play-offs der Pro A am 28. April. Endgültig Klarheit bringt erst die Lizenzentscheidung des Gutachterausschusses in der zweiten Maiwoche. Wie schnell sich Dinge ändern können, hat das Vorjahr gezeigt: Nach Saisonende 2012 wurde in der Pro A ein zusätzlicher Platz frei, weil die wirtschaftlich angeschlagenen Saar Pfalz Braves überraschend den Gang in die Regionalliga antreten mussten. Umgekehrt gilt: Bei einer entsprechenden Final-Konstellation und zwei Absteigern aus der BBL könnte es auch den Tabellen-14. aus Gotha noch erwischen.

In Kirchheim jedenfalls hat man die letzte Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Ohne, dass wir darauf vertrauen würden, aber die Chance besteht“, sagt Knights-Geschäftsführer Siegfried Meissner und auch Coach Frenkie Ignjatovic spricht von „positiven Signalen“, die aus der Pro B zu vernehmen seien. An den Planungen für die neue Saison ändert dies freilich nichts. „Wir brauchen eine Pro-A-taugliche Mannschaft, egal in welcher Liga“, sagt Meissner. Das Ziel sofortiger Wiederaufstieg ist offenbar Konsens. Viel mehr als den Abstieg zum Betriebsunfall zu erklären bleibt den Kirchheimern auch gar nicht übrig, soll die Entwicklung vergangener Jahre nicht umsonst gewesen sein. „Wenn wir länger in der Pro B dahindümpeln“, sagt Meissner, „dann wage ich die Behauptung, dass Basketball auf diesem Niveau in Kirchheim sterben wird.“

Deshalb soll der Fortschritt auch eine Klasse tiefer nicht ins Stocken geraten. Was die Finanzen anbelangt, rechnet Meissner mit einem kaum veränderten Gesamtbudget. „Das wird sich im Fünf-Prozent-Bereich abspielen“, mutmaßt er. Während auf der Ausgabenseite mit weniger Gebühren und geringeren Fahrtkosten zu rechnen ist, heißt es tiefer in die Tasche greifen, will man schlagkräftiges deutsches Personal an Land ziehen. In der Pro B sind drei Deutsche auf dem Spielfeld Pflicht, in der Pro A sind es nur zwei. Deshalb haben Trainer und sportliche Leitung schon jetzt eine Liste mit Wunschkandidaten beisammen, um diesmal möglichst früh eine solide Basis zu legen. Bis auf Kapitän Radi Tomasevic, der noch ein Jahr Vertrag hat, sind alle deutschen Positionen vakant.

Heute Abend tagt die Gesellschafterversammlung. Dabei wird unter anderem Thema sein, wie man sich in der kommenden Saison organisatorisch aufstellen will. Weniger Entscheidungsträger, eine stärkere Bündelung der Kräfte und ein zweiter Vollzeitjob in der Geschäftsstelle sind das Ziel. Zu den Zukunftsaufgaben, die man nicht aus den Augen verlieren darf, will man am Wachstumskurs festhalten, gehört auch die Fortentwicklung des Jugendkonzepts. Der Verein braucht bezahlte Trainer. Anfang Juni nimmt erstmals eine Kirchheimer U16-Mannschaft an der Qualifikation für die Nachwuchs-Bundesliga (JBBL) teil.

Alles Bausteine, die den Liga-Standard nach dem neuen Punktesystem (siehe Infoteil) auch in einigen Jahren noch sichern sollen. Derzeit liegen die Knights mit 110 Punkten im Liga-Ranking über dem Soll. Doch die Pro  A zieht die Zügel in den nächsten Jahren kräftig an: Bis in drei Jahren soll die geforderte Mindestpunktzahl schrittweise bis auf 200 Zähler angehoben werden. „100 Punkte sollten in diesem Jahr für keinen Klub, der es ernst meint, ein Problem darstellen“, sagt Jochen Böhmcker, der Spielleiter der Jungen Liga. Dagegen ist er überzeugt: „Die 200 Punkte ab 2016, die werden knüppelhart.“

BBL und Junge Liga rücken enger zusammen

Die erste und zweite Basketball-Bundesliga übt weiter den Schulterschluss: Am Randes des BBL Top Four in Berlin unterzeichneten beide Seiten eine Grundlagenvereinbarung, die bis ins Jahr 2022 reicht. „Wir haben das gemeinsame Ziel, den deutschen Profi-Basketball in seiner Gesamtheit strategisch weiterzuentwickeln,“ sagt BBL-Geschäftsführer Jan Pommer. Sein Gegenüber Nicolas Grundmann von der Jungen Liga (DJL), in der Pro B und Pro A zusammengefasst sind, ergänzt: „Es ist für die BBL und auch für uns sehr wichtig, dass die Pro A den Anschluss an die höchste Spielklasse nicht verliert.“ Sichtbarstes Zeichen der neuen Kooperation ist der Umzug des DJL-Personals in die BBL-Zentrale nach Köln. Zudem wurden jetzt die schon im vergangenen Jahr diskutierten „dynamischen Standards“ für die ProA-Ligisten festgeschrieben. Neben den weiterhin zwingenden Mindeststandards (Hallenkapazität 1 500 Zuschauer, Parkettfußboden, 24-Sekunden-Anlage über dem Spielbrett, VIP-Raum) muss jeder Pro-A-Ligist durch Erfüllung frei wählbarer Kriterien aus einem Punktekatalog mit den Bereichen Personal, Infrastruktur, Video/PR, VIP und Nachwuchsförderung eine festgelegte Mindestpunktzahl erreichen. Diese erhöht sich in den kommenden Jahren von 100 (Saison 2013/2014) bis auf 200 Punkte (Saison 2016/2017). Im Gegenzug entfällt der bislang vorgeschriebene Mindestetat von 350 000 Euro. „Die ProA-Bundesligisten erhalten durch die Neuregelung Anreize, sich in bestimmten Bereichen weiter zu entwickeln und können dabei wählen, wo sie ihren Schwerpunkt setzen“, sagt DJL-Geschäftsführer Nicolas Grundmann. „Wichtig ist, dass die an einigen Standorten besonders intensiv betriebene Nachwuchsförderung durch das neue Verfahren honoriert wird.“tb