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Kreditwürdig

Die Knights auf der Suche nach dem Selbstvertrauen

Vom „Zauberer“ und seinem „Zauberlehrling“ stand dieser Tage in einem großen deutschen Basketball-Magazin zu lesen. Knights-Coach Frenkie Ignjatovic und seinen Kapitän Radi Tomasevic müssen solche Hymnen nach der Niederlage gegen Heidelberg eher nachdenklich stimmen. Für die magischen Momente auf dem Spielfeld sorgen derzeit jedenfalls meist die Gegner.

Basketball 2. Bundesliga Pro A Kirchheim Knights - USC HeidelbergSmith (1)
Basketball 2. Bundesliga Pro A Kirchheim Knights - USC HeidelbergSmith (1)

Kirchheim. Samstagabend halb zehn in den Katakomben der Sporthalle Stadtmitte. Zwischen schwerem Hallenportal und gekachelter Nasszelle verläuft Kirchheims kürzeste Partymeile. In Zahlen ausgedrückt hieß dies bis Samstag: Zehnmal hier gespielt, neunmal hier gewonnen. Die Ritter im eigenen Gemäuer in die Flucht zu schlagen, das gelang bis dahin nur einem: Tabellenführer MBC.

Seit Samstag geht‘s auch eine Nummer kleiner. Totenstille herrschte nach der Schlusssirene in der Kabine der Heimmannschaft. Dass man gegen den USC zu Hause verlieren kann, für diese Erkenntnis genügt ein halbwegs intaktes Erinnerungsvermögen. So stimmte auch eher die Art und Weise nachdenklich, wie sich der Tabellenzweite in Bestbesetzung von sieben Heidelbergern in eigener Halle den Schneid abkaufen ließ. Zum dritten Mal in Folge verloren, zum dritten Mal einen schlagbaren Gegner stark gemacht. In Ehingen war es die schwache Defensive, in Chemnitz die enttäuschende Offensive, diesmal stimmte es konsequenterweise vorne wie hinten nicht. Das Selbstvertrauen wie weggeblasen, schon nach den ersten Fehlwürfen im ersten Viertel begann das Zähneklappern.

Bis auf die gewohnt kampfstarken Devin Uskoski und Besnik Bekteshi schien sich keiner der Etablierten gegen das Unvermeidbare zu stemmen. Bezeichnend: Selbst Uskoski, der mit 31 Punkten, 13 Rebounds und einer Effektivität von 36 Zählern eine persönliche Saisonbestmarke aufstellte, war an diesem Abend nicht frei von Schuld. In der Defensive machte Uskoski gegen USC-Center Björn Schoo kaum einen Stich. Der 2,13-Meter-Riese, der nicht nur beim Gegner, sondern zum Ärger der Hausherren auch bei den Schiedsrichtern alle Freiheiten genoss, nutzte dies clever und demonstrierte, warum er einer der besten Center der Liga ist. Verschärfend aus Kirchheimer Sicht: Brandon Griffin, zuletzt vom Trainer hoch gelobt, brachte auch am Samstag nicht die Entlastung für Uskoski, die man sich von ihm erhofft.

Darüber, was sich seit dem 4. Februar, jenem glanzvollen Auftritt gegen Crailsheim, in den Köpfen seiner Spieler verändert hat, kann auch Frenkie Ignjatovic nur spekulieren: „Manchmal ist mit überschwänglichem Lob schwerer umzugehen, als mit Kritik“, muss der Trainer feststellen. Wen er damit meint, liegt auf der Hand: Ahmad Smith ist der gleichermaßen geniale wie sensible Star der Vorrunde. Mit ihm steht und fällt das Spiel der Knights in dieser Saison. Einer der litt wie kaum ein anderer, als ihm eine Verletzung den Saisoneinstieg erschwerte, und dem als Neuling in der Pro A danach ein fast kometenhafter Aufstieg gelang. Ein ernsthafter Typ, zielstrebig, energiegeladen, von dem sein Trainer behauptet, er sei einer der akribischsten Arbeiter überhaupt. Zurzeit ist er vor allem einer, der den Glauben an sich selbst verloren zu haben scheint.

Smiths Formknick seit Weihnachten ist symptomatisch für die derzeitige Kirchheimer Krise, die – wenn man so will – auch eine gute Seite hat: Sie kommt zur rechten Zeit. Die Play-off-Runde ist erreicht, die bisherige Saisonbilanz liegt nach wie vor über den Erwartungen. Wieder einmal profitieren die Knights von einer spektakulären Hinserie, die einen Durchhänger im letzten Saisondrittel aushält. In der vergangenen Spielzeit waren es Querelen innerhalb der Mannschaft. Jetzt herrscht Harmonie wie selten zuvor. „Der Mannschaftsgeist stimmt, jeder arbeitet hart“, sagt Ignjatovic, der sich uneingeschränkt vor seine Mannschaft stellt und nach dem Spiel am Samstag zwei schlaflose Nächte verbrachte, wie er gesteht. Einzelne Spieler hätten ihn am Sonntag angerufen und sich für die Leistung entschuldigt. „Wenn ich wüsste, wie man den Schalter in den Köpfen umlegt, würde ich es tun“, sagt er.

Obwohl oder gerade weil sie so unlösbar erscheint, kommt die Aufgabe beim Tabellenführer am Samstag womöglich zur rechten Zeit. Nach dem erfolglosen Dreierpack tendieren die Erwartungen gegen null. Das mag befreiend wirken, oder wie Ignjatovic es ausdrückt: „Wenn wir in Kirchheim nicht genügend Kredit für ein paar schlechte Spiele haben, dann weiß ich nicht, wer ihn überhaupt verdient hätte.“