Lokalsport

Rauswurf als Warnschuss

Knights gehen mit der Entlassung Ryan DeMichaels ein kalkuliertes Risiko ein

Die Flamme erloschen, die Hülle leckgeschlagen, der Landeplatz noch lange nicht in Sicht. Wie havarierte Ballonfahrer treiben die Knights derzeit im Sinkflug von Spieltag zu Spieltag. Beim gemeinsamen Ballastabwerfen hat es nun Ryan DeMichael als Ersten erwischt.

Knights , Basketball , Gordon Scott
Knights , Basketball , Gordon Scott

Kirchheim. Jedem, der über ein gesundes Augenpaar verfügt, kann es nicht entgangen sein. Da schob einer Frust und zwar gewaltig. Der überragende Mann der Vorrunde war seit Wochen nur noch ein Schatten seiner selbst. Zornig, resignierend und daher am Ende nicht mehr zu halten. „Ryan ist ein begnadeter Basketballer, vielleicht der beste, den ich je auf dieser Position trainiert habe“, sagt sein Coach Frenkie Ignjatovic. „Er hat sich geistig allerdings schon vor Wochen aus Kirchheim verabschiedet.“ Wendepunkt war wohl Ende Februar, kurz vor Ablauf der Wechselfrist. Nach einem konkreten Angebot des designierten Aufsteigers aus Würzburg hat ihm der Club die Freigabe verweigert. Danach war klar, dass die erhoffte Vertragsverlängerung in weite Ferne rücken würde. Dabei hatte Sportchef Michael Schmauder damals verkündet, man habe gute Karten, den Deutsch-Amerikaner in Kirchheim zu halten. Jetzt ist er ganz weg, seiner Lebensgefährtin nach Nürnberg gefolgt, wo er im kommenden Jahr vermutlich auch spielen wird.

In Kirchheim werden die Prob­leme damit nicht kleiner. Er habe sich nichts vorzuwerfen, sagt der Coach. Außer dem, gemeinsam mit der Clubführung diese Entscheidung nicht schon zwei Monate früher getroffen zu haben. Ein Warnschuss also, der den Ernst der Lage verdeutlichen soll. Knights-Gesellschafter Stefan Schmauder spricht von einem Signal an die Mannschaft. Soll heißen: Jeder, der nicht vollen Einsatz bringt, hat hier nichts mehr verloren. „Wir müssen wissen, auf wen wir im Sommer bauen können“, sagt Ignjatovic. In der neuen Saison geht es erstmals in der Pro A um den Einzug in die Play-offs. Spieler wie Brooks, Smallwood und auch Adeberg stehen nach wie vor auf der Wunschliste. Schriftlich fixiert ist nichts, sieht man vom Rentenvertrag des Kapitäns Radi Tomasevic einmal ab.

Was tun, wenn sich der ganze Fokus bereits auf die neue Saison richtet, in der alten aber noch vier Spiele zu absolvieren sind? Selten war eine erfolgreiche Hinserie renditeträchtiger als im Frühjahr 2011. So schnell wie möglich sollten zehn Siege her, um mit dem Abstieg nichts mehr zu tun zu haben. Die Eile war berechtigt. Als hätte der Trainer gewusst, was ihn im März erwartet. Platz drei Mitte Januar, aktuell Platz acht nach der achten Niederlage seit Jahreswechsel. Die Knights zehren vom Speck. Das Schlimme daran: Derzeit traut kaum jemand den Rittern den Befreiungsschlag zu. Morgen in Freiburg wartet ein Gegner, der verbissen gegen den Abstieg kämpft. Ein Gegner, den man in der erfolgreichen Hinrunde erst nach zweimaliger Verlängerung niederringen konnte. Gegen Paderborn wurde erneut deutlich, wie verunsichert die Mannschaft ist. Die Nervosität der Leistungsträger schlägt auch auf die zweite Garde durch. Auf David Michalczyk etwa, der trotz starker Phasen und größerer Spielanteile als „Wurfverweigerer“ auffiel oder auf Benni Lischka, dem der Frust der vergangenen Wochen einen Schuss vor den Bug bescherte: Der 21-jährige Blondschopf, der zuletzt nicht wie erhofft zum Zug kam, saß gegen Paderborn nicht einmal auf der Bank. Eine disziplinarische Strafmaßnahme wegen „unprofessionellen Verhaltens.“ Lischka habe sich bei der Mannschaft entschuldigt, die Sache sei ausgeräumt, sagt der Trainer, ohne Details zu nennen. Morgen in Freiburg ist er wieder mit an Bord.

Ein Fragezeichen, so dick wie sein Knie, steht weiterhin hinter dem Einsatz von Sebastian Adeberg. Dabei bräuchten die Knights die Dienste des Motivators und Defensivspezialisten dringender denn je. „Ade“ hat diese Woche erstmals wieder trainiert. Prompt war die Schwellung wieder da. „Ich habe ihn für morgen noch nicht abgeschrieben“, sagt der Trainer. „Doch das letzte Wort haben die Ärzte.“ Ein Fall für den Arzt ist inzwischen auch Cedric Brooks, der zum wiederholten Male über Rückenschmerzen klagt und in dieser Woche im Training geschont wurde. Ganze vier gesunde Spieler standen zur Wochenmitte in der Halle – Erfolgsformationen sehen anders aus. Einziger Lichtblick: Routinier Gordon Scott scheint langsam zu alter Stärke zu finden. Gegen Paderborn war er einer der wenigen Verlässlichen in einer schwachen Abwehr. „Jetzt müssen sich eben andere beweisen“, meint Stefan Schmauder und Frenkie Ignjatovic fordert Augenmaß: „Weder Platz drei im Januar noch die jetzige Situation entspricht unseren Möglichkeiten“, sagt er. „Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.“