Lokalsport

Schlaflos in Vechta

Knights: Die neue Woche beginnt, wie die alte endete

Viel Licht im Rasta-Dome aber keine Punkte. Aus Sicht der Knights stand die 70:95-Niederlage beim Tabellenführer in Vechta für ein weiteres Fleißbildchen im Sammelalbum. Anerkennung, die wurmt. Schließlich waren die Kirchheimer näher an der Überraschung, als das Ergebnis vermuten ließe.

Schlaflos in Vechta
Schlaflos in Vechta

Kirchheim. Knapp 470 Kilometer liegen zwischen Heidelberg und Vechta. Mit dem Auto ist die Strecke in gut vier Stunden zu bewältigen, eine reibungslose Fahrt vorausgesetzt. Vier Stunden wiederum liegen deutlich unter dem, was als Faustregel für ein erholsames Schlafpensum gilt. Das wissen nicht nur Mediziner, wie Sebastian Adeberg einer ist. Der 28-jährige Teilzeitprofi aus der Universitäts- und Fachwerkstadt dürfte am Samstag jedenfalls der einzige gewesen sein, dem die ermüdende Autobahnfahrt nach Niedersachsen einen Vorteil verschaffte. Adeberg schlief als Beifahrer tief und fest, nachdem er die Nacht über Dienst in der Klinik geschoben hatte und war am Abend auf dem Spielfeld einer der Aufgewecktesten.

„Unter welch‘ katastrophalen Bedingungen wir derzeit arbeiten, sieht man von außen nicht“, meint Knights-Coach Frenkie Ignjatovic, für den das Schlafdefizit seines Flügelmannes das geringste Problem an diesem Tag war. Adeberg war mit 16 Punkten Topscorer seiner Mannschaft und hätte locker noch eins drauf setzen können, hätte er nicht sieben von elf Freiwürfen versemmelt. Kapitän Radi Tomasevic mit anhaltenden Knieproblemen nur als Quotenbringer auf der Bank, Dominik Schneider nach einem schmerzhaften Bluterguss im Oberschenkel außer Gefecht und Cedric Brooks nach zweiwöchiger Grippepause nur ein Schatten seiner selbst. Mit Jonathan Maier und Stefan Ilzhöfer vom Regionalligisten BG Ludwigsburg, der zwei Tage zuvor nur eine Trainingseinheit mit den Knights bestritten hatte, standen ein 20- und ein 17-Jähriger zusammengerechnet fast 40 Minuten auf dem Feld. Gegen einen Tabellenführer mit Erstliga-Ambitionen werden solche Spiele – wenn‘s schief läuft – schon mal zu Ereignissen, die man in der Vereinschronik später im Kleingedruckten zu verstecken versucht.

Nicht so am Samstag. Ilzhöfer spielte seinen Part überzeugend und erstaunlich abgeklärt, Maier war einer der Besten im Kirchheimer Team, obwohl er bereits nach der siebten Spielminute und dem dritten persönlichen Foul mit der Schranke im Kopf zu kämpfen hatte. Hätten Ignjatovic und sein Guard Cedric Brooks beim Stand von 68:75 im Schlussviertel den inneren Vollblüter straffer an der Kandare gehabt, wer weiß, wie das Ganze geendet hätte. Zwei technische Fouls wegen Schiedsrichterschelte und vier verwandelte Freiwürfe des Gegners besorgten den Rest. Das Ärgerliche: Es gab an diesem Abend viele Wege, wie ein am Ende deutlich verlorenes Spiel hätte gewonnen werden können.

Die mit 55 Prozent magere Erfolgsquote von der Freiwurflinie war für den Trainer nur ein wesentlicher Faktor. „In der Summe“, sagt er, „hatten wir an diesem Tag zu wenig Qualität.“ Das Problem: Ob sich dies bis zum wichtigen Heimspiel am Samstag gegen den Erzrivalen aus Crailsheim ändern wird, weiß keiner. Dominik Schneiders Rückkehr gilt als eher unwahrscheinlich. Wie lange das Knie von Radi Tomasevic diesmal hält, wissen nicht einmal die Ärzte. Maier und Ilzhöfer trainieren heute Abend mit ihren Teams in Ludwigsburg. Von Ignjatovic ist damit zum x-ten Mal Improvisationskunst gefordert, wohl wissend, dass man mit dieser Belegschaft und nur zwei gesunden Deutschen in der Pro A derzeit ohnehin nur bedingt konkurrenzfähig ist.

Jetzt ruhen die Hoffnungen wieder einmal auf Besnik Bekteshi, ohne den auch das jüngste Heimspiel gegen Essen wohl zu keiner Erfolgsstory geworden wäre. Der 20-Jährige von den Neckar-Riesen ist trotz marginaler Spielzeit in der ersten Liga zu einer echten Führungskraft gereift. Beim bisher einzigen Auftritt im Knights-Trikot in dieser Saison war er der entscheidende Mann im Spielaufbau und in der Defensive. Am Donnerstag wird Bekteshi mit den Knights trainieren, allerdings ohne Chance auf einen Einsatz am Samstag. Da spielen die Neckar-Riesen zeitgleich gegen die Eisbären aus Bremerhaven und Ludwigsburgs Coach John Patrick hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er jede verfügbare Kraft im Abstiegskampf braucht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Riesen mit dem US-Amerikaner Derrick Zimmerman kurz vor Transferschluss noch einen erfahrenen Spielmacher an Bord gehievt haben.

Schon eine Woche später allerdings, im ersten von fünf Schicksalsspielen beim Tabellen-Schlusslicht in Leipzig könnte der deutsche Junioren-Nationalspieler auflaufen und mithelfen, den schlingernden Kahn aus dem Abstiegsstrudel zu manövrieren. Bekteshi darf seinen Heimatverein unterstützen, solange es der Spielplan in der ersten Liga erlaubt, so zumindest der inoffizielle Deal zwischen den beiden Partnern.