Kirchheim. Wenn seine Mannschaft nicht gerade auf dem Spielfeld steht, ist er eigentlich die Ruhe in Person. Relaxed? „Relaxed ist man als Trainer nie, wenn einem fast die komplette Starting Five wegbricht“, sagt Frenkie Ignjatovic. Bis Dienstag war immerhin nichts passiert, was nicht erwartbar gewesen wäre. Der Abschied von Nils Menck jedoch kam unerwartet. Beim ihm, der mit Frau und Kind in Köngen lebt, hatte mancher wohl zu sehr darauf vertraut, dass man als frischgebackener Familienvater mit 29 Jahren nicht mehr ohne Weiteres der Taube aufs Dach nachsteigt.
Doch Menck will‘s noch mal wissen und hat ein aufpoliertes Angebot der Kirchheimer am Dienstag in den Wind geschlagen. Die erfolgreiche Saison zeigt Wirkung. Er wolle sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht festlegen, sagt er. „Ich habe mich nicht gegen Kirchheim, sondern gegen die fehlende Alternative entschieden.“ Eine solche ist der Mann für die ganz wichtigen Dreier zumindest in Kirchheim nun nicht mehr. Für Knights-Sportchef Michael Schmauder ist der Fall abgeschlossen, nachdem man mit dem Angebot finanziell an die Schmerzgrenze gegangen sei. „Ich freue mich für jeden, der Erfolg hat“, sagt der Trainer. „Aber jetzt müssen wir uns auf unsere Arbeit konzentrieren.“
Am Mittwochabend freute sich Ignjatovic vor allem darüber, mal wieder in der Halle zu stehen. Obendrein in einer gut besuchten. 15 Spieler, darunter etliche neue Gesichter, von denen sich der Coach einen ersten Eindruck verschaffte. Kandidaten aus dem Ludwigsburger NBBL-Kader, aber auch Pro-B-erfahrene Spieler wie der erst 23-jährige Marvin Boadu. Ein Aufbauspieler mit deutschem Pass, der zuletzt bei Vechta an der Seite von Marcus Smallwood in 25 Spielen 12,2 Punkte im Schnitt erzielte. Ein interessanter Mann, aber sicher kein Kandidat, der auf der Spielmacher-Position im kommenden Jahr Ahmad Smith ersetzen könnte. Die Position eins zu besetzen, dürfte zum spannendsten Thema werden. Hier will man kein Risiko eingehen, kann finanziell aber auch nicht Schritt halten mit den Top-Teams der Liga. Chris Alexander ist nach wie vor ein Thema. Doch auch der Essener, der in der vergangenen Saison drittbester Scorer in der Pro A war, müsste Kirchheim zuliebe wohl Abstriche machen. Völlig abgeschrieben ist auch Besnik Bekteshi noch nicht, der sich wie Jonathan Maier mit der U20-Nationalmannschaft zurzeit auf die EM in Slowenien vorbereitet. Beim Treffen zwischen Ignjatovic und Ludwigsburgs Trainer Steven Key gestern Abend stand dieses Thema mit auf der Tagesordnung.
Auf den großen Positionen fehlt neben Sebastian Adeberg und Dominik Schneider, der zu Beginn der Woche seinen Vertrag unterschrieb, noch mindestens ein Deutscher – nach dem Weggang Nils Mencks vermutlich sogar zwei. Als aussichtsreicher Kandidat galt bisher der Ex-Nördlinger David Rotim, der in der Pro B zuletzt zum Stamm zählte und in 28 Spielen 9,2 Punkte und 3,7 Rebounds im Schnitt holte. Sein größtes Manko: Nach Beendigung seines Betriebswirtschaftsstudiums ist der 26-Jährige auf der Suche nach einem Job. „Wir sind ihm dabei behilflich, doch die Sache ist nicht einfach“, meint Michael Schmauder. Vorteil Kirchheim: Rotim will wohl im Raum Stuttgart bleiben, wo auch seine Mutter wohnt.
Die Erhöhung der Deutschen-Quote in der BBL, wo ab der kommenden Saison mindestens sechs deutsche Spieler auf der Bank sitzen müssen, machen die Sache nicht einfacher. Mit ein Grund, weshalb die Ludwigsburger im Ringen um Besnik Bekteshi ein zäher Verhandlungspartner sind. Einerseits geht es um das Wohl und die sportliche Entwicklung eines jungen Spielers, andererseits um die Erfüllung der Quote. Ein schmaler Grat und eine kuriose Situation. Für einen finanzschwächeren Klub wie die Knights bedeutet dies: „Wir können uns keinen Deutschen auf der Bank mehr leisten“, sagt Frenkie Ignjatovic. Zumindest keinen, der nicht fester Teil der Rotation ist.
Wachsende finanzielle Ansprüche und ein Spieler-Etat, der nicht entscheidend über dem des Vorjahres liegt, könnte unterm Strich bedeuten, auch sportlich kleinere Brötchen backen zu müssen. Ob ihm bange sei vor der neuen Saison? „Nein“, meint Frenkie Ignjatovic. Schließlich habe sich an der Arbeit in Kirchheim nichts verändert. „Verändert haben sich Spieler und der Markt.“