Lokalsport

Stelldichein der Flieger-Asse

Am Samstag startet der 45. Hahnweide-Segelflugwettbewerb – 124 Teilnehmer in fünf Klassen

Paradies der Pilotenschar, Tummeplatz der Technikfreaks, Mekka der Motorlosen: Synonyme für die Hahnweide gibt es mindestens so viele wie der alljährliche Wettbewerb für Segelflieger alt ist. Zum bereits 45. Mal wird Kirchheim zum Nabel der Segelflugwelt, die ab kommenden Samstag in fünf Wertungsklassen eine Woche lang ihre Besten sucht.

Hahnweidwettbewerb Segelfliegen
Hahnweidwettbewerb Segelfliegen

Kirchheim. Früher Vogel fängt auch in Segelfliegerkreisen den Wurm, im Fall des Hahnweidwettbewerbs einen der begehrten Plätze in den fünf Wertungsklassen. Nur vier Stunden, nachdem im Januar die Online-Pforten für die Anmeldung zum prestigeträchtigen Segelfliegerkräftemessen geöffnet worden waren, mussten die Verantwortlichen sie auch bereits wieder schließen – die Teilnehmerzahl hatte mit 110 rekordverdächtig schnell das Limit erreicht, das sich die Macher der veranstaltenden Kirchheimer Fliegergruppe Wolf ­Hirth grob gesetzt hatten. Der Run auf die Anmeldungen brachte so manch kuriose Geschichte hervor. So wie die eines holländischen Berufspiloten, der gleich nach der Landung seines Jumbojets an einen PC im Flughafenterminal eilte, um sich für die Hahnweide anzumelden – vergeblich, das Kontingent war bereits voll.

Drei Tage vor Wettbewerbsbeginn ist das Teilnehmerfeld dann doch noch auf 124 gewachsen, was nicht nur das 45-köpfige Organisationsteam, sondern auch die Kapazität von Halle, Flugfeld und Campingplatz an die Grenzen bringen dürfte. „Da wird‘s sicher manchmal eng zugehen“, glaubt Wettbewerbssprecher Rainer Rauch, der sich aber in erster Linie freut, dass die Anziehungskraft auch bei der 45. Auflage ungebrochen ist. „Die Leute wissen einfach, was sie bei uns erwartet.“ Das ist an erster Stelle ein eingespieltes Team, das in sportlichen und organisatorischen Fragen Antworten bietet. Allen voran der Sportliche Leiter Marc Puskeiler und Orga-Chef Reinhard Diez.

Doch auch der sportliche Anreiz lockt die Segelflugcracks aus aller Welt alljährlich auf die Hahnweide. Zwar bietet der Wettkampf heuer keine Qualimöglichkeit für internationale Meisterschaften (da 2011 keine stattfinden), dafür geht‘s für die Spitzenpiloten aber um Weltranglistenpunkte der International Gliding Comission IGC.

Infrage kommen dafür laut Rainer Rauch in jeder der fünf Wettbewerbsklassen fünf Piloten, die gleichzeitig Favoriten auf die jeweiligen Klassensiege sind. In der mit 44 Teilnehmern größten Klasse der 18-Meter-Flieger zählt mit Eberhard Schott auch ein Wolf-Hirth-Mann zu den Anwärtern auf den Gesamterfolg. Die Konkurrenz kommt zum Großteil aus Großbritannien. Phil Jeffrey war bereits Europameister, Russell Cheetham dazu noch Weltmeister und Gary Stingemore ist Titelverteidiger auf der Hahnweide.

Die größte Abordnung ausländischer Piloten stellen allerdings die Franzosen, die mit ihrer kompletten neunköpfigen Junioren-Nationalmannschaft anrücken. „Die nutzen das als Test für die Junioren-WM im August in Musbach“, weiß Rainer Rauch, der außerdem noch sechs Holländer, vier Österreicher, drei Belgier sowie jeweils einen Piloten aus Italien, Tschechien, Finnland und Schweden aufzählen kann.

Außer als europäischer Schmelztigel dient der Hahnweidwettbewerb auch als technische Leis­tungsschau: Die Frage nach dem „Wer fliegt was und wie wurd‘s gebaut“ ist für die meisten ebenso spannend wie die Ermittlung der Sieger. Die Kirchheimer Segelflugzeugschmiede Schempp-Hirth sorgt mit ihrem brandneuen Model „Arcus“, das in der Doppelsitzerklasse gleich fünf Mal vertreten ist, für den meisten Gesprächsstoff. „Ich wage mal vorauszusagen, dass die Sieger dieser Klasse einen Arcus fliegen“, so Rainer Rauch.

Offiziell beginnt der Wettbewerb am kommenden Freitag um 20 Uhr mit dem Eröffnungsbriefing in der Wolf-Hirth-Halle auf der Hahnweide. Von Samstag, 28. Mai, bis Samstag, 4. Juni, geht‘s dann für die Piloten der fünf Wettbewerbsklassen (Standard, 15 Meter, 18 Meter, Offene und Doppelsitzer) nach den allmorgendlichen Briefings in den Himmel. Abschlussfeier und Siegerehrung finden am 4. Juni ab 20 Uhr in der Wolf-Hirth-Halle statt.

Die veranstaltende Fliegergruppe Wolf Hirth bietet dabei täglich ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm (www.wettbewerb.wolf-hirth.de/prg.php). Höhepunkt in diesem Jahr dürfte dabei ein Vortrag des ehemaligen Raumfahrers und zweiten Deutschen im All, Ulf Merbold, sein, der am Sonntag, 29. Mai, ab 20 Uhr über seinen Flug mit einer Sikorsky S38 über Grönland berichtet – der 69-Jährige, der drei Raumflüge absolvierte, ist übrigens Mitglied der Fliegergruppe Wolf Hirth.

„Nur“ Knochenbrüche: Glück im Unglück für den Kirchheimer Piloten

Der am vergangenen Sonntag verunfallte Pilot aus Kirchheim (wir berichteten) hatte sprichwörtliches Glück im Unglück. Der 42-Jährige von der Fliegergruppe Wolf Hirth zog sich bei dem missglückten Landeanflug auf den Dettinger Flugplatz „nur“ Knochenbrüche in beiden Beiden zu, die bereits erfolgreich operiert wurden. „Wir sind alle froh, dass es so glimpflich abgelaufen ist“, sagt Tilo Holighaus, Geschäftsfüher von Schempp-Hirth-Flugzeugbau, der den Bruchpiloten bereits im Kirchheimer Krankenhaus besucht hat. „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut“, atmet Holighaus stellvertretend für die Fliegergruppe Wolf Hirth auf. Ursache für die Bruchlandung sei laut Holighaus eine Verkettung unglücklicher Umstände, deren Hauptursache massive Gewitter waren, die für unberechenbare Strömungen in der Luft gesorgt hätten. Der erfahrene Pilot, der auch im Organisationskomitee des Hahnweidwettbewerbs aktiv ist, war am Sonntagmittag mit seinem Motorsegler Disucs 2cT in ein Getreidefeld bei Nabern gestürzt, nachdem die rechte Flügelspitze den Boden touchiert und die Maschine sich daraufhin überschlagen hatte. Zur Bergung des im Cockpit eingeklemmten Mannes aus Kirchheim war die Feuerwehr mit 24 Mann vor Ort.pet