Lokalsport

Trainer, Streetworker, Mensch

Ohne Pasko Tomic wären Kirchheims Basketballer und ihre Nachwuchsarbeit um einen Glücksfall ärmer

Er ist einer, der das Herz am rechten Fleck trägt, sagen diejenigen, die ihn nicht nur als Sportler kennen. Einer, der sich einer Sache mit Haut und Haaren verschreibt, sagen all jene, die mit ihm Vereinsarbeit leisten. Vor 17 Jahren kam Pasko Tomic als Basketballprofi unter die Teck. Heute ist der 43-jährige Kroate als guter Geist aus der Jugendarbeit des VfL Kirchheim nicht mehr wegzudenken.

Basketball - BB - Trainer Pasko Tomic fŸr Integrationsserie
Basketball - BB - Trainer Pasko Tomic fŸr Integrationsserie

Kirchheim. Man könnte sagen, er war die erste große Nummer im Kirchheimer Basketball. Es gab viele US-Amerikaner, die im Trikot des VfL in Erinnerung geblieben sind, doch keinen mit vergleichbaren Referenzen. Zwischen 1989 und 1991 war er dreimal Euro-League-Champion mit seinem Heimatverein Jugoplastika Split, danach Zweitliga-Profi beim USC Heidelberg. Im Januar 1995 stand Pasko Tomic als der Heilsbringer beim abstiegsbedrohten Regionalligisten VfL Kirchheim vor der Tür. Drei Monate später war der Job erledigt, der Klassenerhalt geschafft. So schnell wie Tomic da war, war er auch wieder weg, spielte anschließend in Tunesien und in seiner kroatischen Heimat in Mostar. Bis man sich zu Saisonbeginn 1997 – der VfL war inzwischen am Tiefpunkt im Mittelfeld der Oberliga angelangt – wieder an ihn erinnerte. Tomic zog es erneut nach Kirchheim, diesmal als Spielertrainer – und diesmal blieb er.

Inzwischen sind 17 Jahre vergangen und im Kirchheimer Basketball hat sich eine Menge verändert. Die Entwicklung der Knights zur festen Größe im Profigeschäft hat viel mit der persönlichen Entwicklung Pasko Tomics zu tun. Er, der mit 17 Jahren sein Studium zum Schiffsbauingenieur schmiss, um sich ganz dem Profisport zu widmen, kannte das Geschäft damals besser als jeder andere in Kirchheim. Doch Tomic war in erster Linie Spieler, ein sensibler obendrein. 23 Punkte im Schnitt erzielte er für den VfL in 96 Spielen während seiner fünf aktiven Jahre. Konstanter und erfolgreicher war zu diesem Zeitpunkt keiner. Doch der Job als Trainer war etwas ganz anderes. Er zehrte zusehends – am ehrgeizigen Sportler, doch vor allem am Menschen. Im Profigeschäft, wo die Kircheimer mit dem Aufstieg in die 2. Liga endgültig angelangt waren, stieß der Kumpeltyp Tomic als Führungskraft an seine Grenzen. Sein Scheitern als Chefcoach im Februar 2007 ist eine Wunde, die inzwischen verheilt ist. „Mir fehlte damals die Erfahrung“, sagt er rückblickend. Heute ist er froh, behaupten zu können: „Ich habe mich selbst dadurch gefunden.“

Gefunden hat er neben der neuen Heimat in Kirchheim vor allem das, woran sein Herzblut hängt: Die Arbeit mit Kindern. Das Thema Nachwuchsförderung beschäftigte Tomic in Kirchheim von Beginn an. Nachdem er 2003 seine aktive Karriere nach einer Augenverletzung beenden musste, wurde diese Aufgabe für ihn immer wichtiger. „Ich liebe diesen Verein, der mir so viel gegeben hat“, sagt er ohne Pathos. „Da ist es doch völlig normal, von dem wieder etwas zurückzugeben.“ In der Basketball-AG der Kirchheimer Alleenschule betreut er zwischen 40 und 50 Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse. Im Verein trainiert er die U14 in der Oberliga, begleitet den Grundschultag und das Basketball-Camp des VfL und hatte als Trainer der ersten Männermannschaft wesentlichen Anteil daran, dass mit dem Oberliga-Aufstieg in diesem Jahr, die Kluft zur Profimannschaft wieder etwas kleiner geworden ist.

„Er ist ein ganz wichtiges Teilchen im Puzzle“, sagt VfL-Abteilungsleiter Karl Bantlin, der Tomic seit fast zwei Jahrzehnten kennt, und er könnte noch viel wichtiger werden auf dem Weg der Knights zu einer erstligatauglichen Jugendarbeit. Seit sechs Monaten besitzt er die B-Lizenz als Trainer. Für Schulleiter Uwe Häfele ist die Basketball-AG an fünf Tagen der Woche ein wichtiger Baustein im Ganztageskonzept der Alleenschule und Pasko Tomic ein wahrer Glücksfall. „Basketball hat vielen bei uns eine zweite Heimat gegeben“, sagt Uwe Häfele. Tomic vermittle auf natürliche Art Tugenden wie Disziplin, Teamgeist, Fairness und Respekt. „So etwas ist eine Gabe, das kann man nicht lernen,“ ist der Pädagoge überzeugt. Das Erfolgsrezept klingt einfach: Tomic hat Spaß mit den Kids und die Kids haben Spaß mit ihm. Der sanfte Riese wird respektiert und er spricht, wenn‘s sein muss, ihre Sprache. „Vielleicht muss ich in manchen Punkten noch seriöser werden“, meint Pasko Tomic und lacht.

Nicht alles ist lustig, was er tagtäglich erlebt. Als Vertrauensperson an der Schule bekommt er manch familiären Kummer aber auch finanzielle Notlagen mit. „Wenn die Kinder ohne Sportschuhe oder passende Bekleidung zum Training kommen, weil daheim das Geld fehlt, dann tut das schon weh“, sagt er. Im Verein sammelt er deshalb regelmäßig Abgetragenes und reicht es weiter. Wenn Füße trotzdem in Straßenschuhen stecken, drückt er im Training schon mal ein Auge zu. Was für ihn zählt, ist die Begeisterung für seinen Sport und die erlebt er fast täglich. Bei den Kindern, bei den Eltern aber auch bei seinen Mitstreitern im Verein.

Pasko Tomic fühlt sich als Kirchheimer und er hofft, dass andere das auch so sehen. Deshalb ist er mit Ehefrau Silvana und Töchterchen Pia gerne in der Stadt unterwegs, sitzt im Café und genießt es, wenn ihm Leute im Vorbeigehen einen Gruß zuwerfen. „Ich will nicht nur der Basketballer sein“, sagt Tomic. Er will dazugehören.