Lokalsport

Umzug aus Sicherheitsgründen

Fußball-Oberliga: VfL muss im letzten Heimspiel gegen Reutlingen nach Heilbronn ausweichen

Wegen fehlender Sicherheitsauflagen kann Fußballober­ligist VfL Kirchheim sein letztes Heimspiel am Samstag nicht an der Jesinger Allee austragen. Die Partie gegen den SSV Reut­lingen, für den es die letzte Chance im Abstiegskampf ist, wurde aus Angst vor Randale nach Heilbronn verlegt. Ein Schritt, der nicht nur in Reut­lingen für Kopfschütteln sorgt.

Kirchheim. Die Internetforen in und um Reutlingen laufen heiß, seit bekannt wurde, dass der abstiegsbedrohte SSV das entscheidende letzte Saisonspiel am kommenden Samstag nicht im 40 Kilometer entfernten Kirchheim austragen wird: „Wenn das Spiel nicht in Kirchheim stattfindet, halte ich das für Wettbewerbsverzerrung“, schreibt einer. „Die ganze Saison spielt Kirchheim im eigenen Stadion. Warum jetzt nicht gegen Reutlingen? Das Stadion in Kirchheim ist doch wohl für die Oberliga freigegeben“, ein anderer. Und einen Dritten treiben bereits böse Vorahnungen um: „Was passiert denn, wenn Reutlingen wo auch immer gegen Kirchheim gewinnt und in der Oberliga bleibt? Wie reagiert der Verein, der dann absteigen muss?“

So kontrovers das Thema unter der Achalm diskutiert wird, so unterschiedlich sind auch die von den Fans vermuteten Gründe für den Umzug: Der VfL verzichte freiwillig auf sein Heimrecht, der württembergische Fußballverband hätte das Spiel verlegt, die Polizei habe ihre Finger im Spiel – alles weder richtig noch falsch.

Fakt ist, dass sich Verein, Verband und Obrigkeit am 24. Mai zu einem Sicherheitsgespräch die Partie betreffend zusammengefunden haben. „Nach Einschätzung der Lage sind alle einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen, dass das Spiel nicht in Kirchheim stattfinden kann“, betont Michael Schaal von der Pressestelle der Polizeidirektion Esslingen. Begründet wird dies mit fehlenden infrastrukturellen Voraussetzungen im Stadion an der Jesinger Allee, insbesondere die fehlende Trennung von Fanblöcken.

Diese sei jedoch zwingend erforderlich, schließlich haben sich unbestätigten Meldungen zufolge gewaltbereite Hooligans aus Ulm angekündigt, deren Feindschaft zu Reutlinger Anhängern polizeibekannt sei. Dazu sollen noch Randaleerfahrene Gruppen aus Stuttgart ihr Kommen signalisiert haben – in Kirchheim wäre man mit dieser Konstellation logis­tisch nicht fertig geworden, zumal der VfL über 3 000 Euro in entsprechende Sicherheitsmaßnahmen hätte investieren müssen. „Und selbst in dem Fall hätte die Polizei es lieber gesehen, wenn das Spiel nicht in Kirchheim stattgefunden hätte“, sagt VfL-Geschäftsführer Walter Rau.

Dass an der Jesinger Allee in der Vergangenheit bereits mehrfach so- genannte Risikospiele mit diversen Problemfans reibungslos stattgefunden haben, spielte bei der Entscheidung gegen Kirchheim als Spielort übrigens keine Rolle. „Das ist eine besondere Konstellation“, verweist Polizeisprecher Michael Schaal auf das Eskalationspotenzial im Falle einer Reutlinger Niederlage und des damit verbundenen Abstiegs.

Die Kellerkonkurrenz des SSV in Bahlingen, Hollenbach und Freiberg wittert derweil einen Skandal, Fans unterstellen dem VfL Wettbewerbsverzerrung. „Natürlich hätten wir lieber zu Hause gespielt“, versichert Walter Rau, „aber gegen die Empfehlung der Polizei wollen und können wir als Verein und auch der WFV als Veranstalter kein Risiko eingehen.“

Die Suche nach einem Ausweichspielort, der die Anforderungen an die Sicherheitsauflagen erfüllt, gestaltete sich allerdings schwierig. Im Gazistadion in Stuttgart-Degerloch steigt am Samstag ein American-Football-Spiel, das Robert-Schlienz-Stadion in Bad Cannstatt wird renoviert. Im Rennen waren nur noch Heilbronn und Aalen. Dass die Wahl schlussendlich auf Heilbronn fiel, hat einen einfachen Grund: „Die Miete dort ist günstiger“, sagt Walter Rau, der angesichts des Mehraufwands für den Verein zu einem ernüchternden Fazit kommt: „Wir sind die Deppen bei der Sache.“ Schließlich bleibt der VfL nicht nur auf den Kosten für die Anmietung des Heilbronner Frankenstadions, den Ordnerdienst und den Bustransfer der eigenen Mannschaft ins Unterland sitzen, sondern muss auch auf die traditionelle Saisonabschlusshocketse verzichten.

Bei aller Kritik gibt‘s aber auch Stimmen, die dem Umzug nach Heilbronn positiv gegenüber stehen. „Das Kirchheimer Stadion ist ein Acker mit Unebenheiten und Schlaglöchern und bei einem so wichtigen Spiel könnte das ein Handicap sein“, schreibt ein SSV-Fan im Internet.

Zittern selbst bei Sieg

Ex-Zweitligist SSV Reutlingen droht am letzten Spieltag der Absturz in die Verbandsliga. Aktuell steht der Club mit 42 Punkten auf Platz 15, der den Abstieg bedeuten würde. Um auch kommende Saison in der Oberliga zu spielen, muss der SSV gegen Kirchheim gewinnen, darüber hinaus mindestens einer der Kellerkonkurrenten verlieren. Der Bahlinger SC (14./42) erwartet dabei den FC Walldorf, der FSV Hollenbach (13./42) den Kehler FV und der SGV Freiberg (12./43) die Stuttgarter Kickers II.