Kirchheim. Halb Mannheim ist im Freudentaumel, seit der nach Waldhof zweitgrößte Fußballclub der Quadratestadt wieder für Furore sorgt – der VfR mischt als Oberligaaufsteiger die Beletage des baden-württembergischen Fußballs gehörig auf, steht nach 13 Spieltagen völlig überraschend an der Tabellenspitze. Über 600 Fans pilgern im Schnitt zu den Heimspielen ins Rhein-Neckar-Stadion in der Mannheimer Oststadt, gegen Reutlingen vor zwei Wochen waren‘s gar 900.
Am kommenden Samstag wird im Stadionrund des deutschen Meisters von 1949 jedoch gähnende Leere herrschen – Heimspielgegner VfL Kirchheim, der eigentlich um 14.30 Uhr hätte auflaufen sollen, hat seine Mannschaft bekanntlich vor Saisonbeginn zurückgezogen, was den restlichen 17 Oberligateams jeweils ein lukratives Heimspiel weniger beschert. „Die Eintrittsgelder waren im Etat schon mit einkalkuliert“, klagt VfR-Sprecher Sven Wolf, dessen Club durch den VfL-Rückzug zwischen 3 000 und 6 000 Euro durch die Lappen gehen. „Unabhängig vom Gegner, der nicht antritt, ist das natürlich ärgerlich. Das sind Einnahmen, die schlichtweg fehlen“, so Wolf.
Gleichen Groll hegt auch Dirk Steidl vom FC Nöttingen, der nun prüfen lassen will, ob gegen den VfL Anspruch auf Schadenersatz erhoben werden kann. „Wir wollen den VfL gewiss nicht schädigen, wollen aber den uns zustehenden Obolus, schließlich haben wir auch Verantwortung gegenüber Sponsoren“, so Steidl. Der wortgewaltige Vorstand und Geschäftsführer des Remchinger Clubs hat bereits bei den anderen Oberligateams die Stimmungslage erörtert – offenbar mit Erfolg. „Die meisten sehen‘s ähnlich“, so Steidl, der sich auf eine Richtlinie in den WFV-Statuten beruft. Dort will er gelesen haben, dass einer Mannschaft Ersatz für die Auslagen zusteht, wenn der Gegner nicht antritt. Als Berechnungsgrundlage diene der Zuschauerschnitt der letzten fünf Heimspiele.
Frank Thumm von der Rechtsabteilung des WFV bestätigt diesen Passus, betont jedoch, dass er hauptsächlich für die unteren Amateurklassen gedacht ist, wenn Mannschaften kurzfristig absagen. „Ohne dass ich mich schon mit der Angelegenheit beschäftigt hätte, liegt der Fall beim VfL Kirchheim ja anders“, so Thumm, „die haben schließlich vor der Saison zurückgezogen. Ich wüsste daher nicht, wie man da etwas ableiten sollte.“ Gänzlich ausschließen will er jedoch nicht, dass es für den VfL ein (sport)rechtliches Nachspiel geben könnte. „Ich will nicht sagen, dass es nicht geht“, betont Thumm, bei dem sich nach eigener Aussage jedoch noch niemand in dieser Sache gemeldet hat – auch Dirk Steidl nicht.
Der will nichtsdestotrotz am Ball bleiben. „In den nächsten drei bis fünf Wochen wird sich da noch etwas tun“, verspricht er – was, das wollte er allerdings nicht verraten.
Beim VfL hat man bislang nur gerüchteweise von Steidls Vorstößen erfahren, gibt sich aber gelassen. „Ich messe der Sache nicht allzu große Bedeutung bei“, sagt Geschäftsführer Walter Rau, der aktuell noch auf anderen juristischen Baustellen unterwegs ist. So hat man sich laut Rau mit Ex-Trainer Rainer Kraft doch noch gütlich geeinigt, einen im Januar drohenden Kammertermin vor dem Arbeitsgericht wird‘s nicht geben. Gleichzeitig betont Rau, dass die Höhe der Abfindung deutlich unter den in der Gerüchteküche brodelnden 70 000 Euro liege.