Lokalsport

Wie ein Chefarzt bei der OP

Der Japaner Makoto Ichikawa ist der einzige Asiate im Pilotenfeld des Hahnweide-Wettbewerbs und trägt ständig Mundschutz

Immer wieder Hahnweide: Makoto Ichikawa (49) bestückte den Kirchheimer Segelflug-Wettbewerb schon ein halbes Dutzend Mal. Er mag das Meeting, weil es „so international und mit vielen erstklassigen Piloten besetzt ist“, wie der Japaner sagt.

Mittlerweile Stammgast beim internationalen Kirchheimer Segelflug-Wettbewerb: der Japaner Makoto Ichikawa.Foto: Markus Brändli
Mittlerweile Stammgast beim internationalen Kirchheimer Segelflug-Wettbewerb: der Japaner Makoto Ichikawa.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Makoto Ichikawa ist nicht nur ein Stammgast beim Hahnweide-Wettbewerb, sondern auch Doppelsieger: Zwei Mal feierte er unter der Teck schon Klassen-Erfolge. 2012 hängte er die Konkurrenz in der Standardklasse ab, im vergangenen Jahr gelang ihm in der 15-m-Klasse der Sprung auf Platz eins der Gesamtwertung. Er ist ein Könner seines Fachs nachgewiesenermaßen immer dann, wenn es darauf ankommt. Vizemeister bei den „offenen“ Europameisterschaften 2002 in Bekescsaba (Ungarn) war der Japaner nämlich auch schon. Bei Weltmeisterschaften vertritt er sein Land schon mal als Ein-Mann-Team.

Auf der Hahnweide fliegt Ichikawa derzeit nicht wie ursprünglich angekündigt in der 15-m-Klasse, sondern in der Standardklasse – weil er seinen Discus-2a-Flieger dort unter anspruchsvollen Wettkampfbedingungen auf Herz und Nieren prüfen kann. „Der Flugzeug-Test steht für mich im Vordergrund“, unterstreicht der Mann seine Flug-Motivation, „die Platzierungen sind eher zweitrangig.“ Tatsächlich landete er an den ersten drei Wertungstagen nur auf den Rängen fünf, elf und neun – die Spitze schien uneinholbar. Mitte der Woche dann der Tagessieg für ihn, der neue Perspektiven eröffnete.

Nachdem alle Wertungsflüge am Donnerstag abgesagt wurden, wird Ichikawa aktuell als Gesamt-Vierter mit 356 Punkten Rückstand auf den führenden Enrique Levin (LSV Homberg/Ohm) geführt. „Die Chance, dass ich doch noch Gesamtsieger werde, beträgt aber nur 10:90“, sagte er gestern.

Untergebracht ist Itchikawa, der sein Hahnweide-Gastspiel auch zum Besuch der Kirchheimer Segelflugzeugschmiede Schempp-Hirth nutzte, um dort eine Vorbestellung für den leistungsstarken 18-m-Klasse-Segler Neuer Ventus abzugeben (wir berichteten), zusammen mit seiner 47-jährigen Ehefrau Akemi in einer von ihm angemieteten Kirchheimer Ferienwohnung. „Dort lernt sie Englisch als Vorbereitung auf einen neuen Job“, nennt er den Grund, weshalb sie auf der Hahnweide selten aufkreuzt, obwohl sie selbst eine erfolgreiche Segelfliegerin ist.

Was Sprachkenntnisse betrifft, ist Itchikawa weiter als seine Frau – viel weiter. Der Hinmarsch auf die Startbahn zwecks eines Zeitungsfotos lässt erahnen, wie polyglott der Pilot aus dem Land des Lächelns ist. Der heranfahrende französische Sportkollege versteht im Smalltalk mit Itchikawa jedenfalls genauso wenig nur Bahnhof wie der Helfer mit dem polnischen Nummernschild am Auto. Kein Wunder, denn der Importeur von medizinischem Equipment in Tokio spricht drei Sprachen perfekt und einige weitere so, dass er zumindest das Nötigste kommunizieren kann. „Ungarisch werde ich dafür nie lernen, im Deutschen verstehe ich nur ein paar Brocken“, nennt er dann doch (s)ein Sprachproblem.

Doch Itchikawa braucht selbst im Plausch mit süddeutschen Piloten kein Wörterbuch, denn Schwäbisch ist in der Flugwoche eindeutig die Zweitsprache. Die Piloten sprechen untereinander meistens Englisch, weil Englisch die inoffizielle Amtssprache ist: Jeder vierte Wettbewerbs-Pilot ist Ausländer.

Itchikawa ist einer davon, der Mann mit den zwei Spitznamen. Zum Einen nennen sie ihn „Mac“, zum Anderen „Doc“ – Letzteres vermutlich deswegen, weil er mit seinem regelmäßig aufgetragenen weißen Mundschutz aussieht wie ein Chefarzt bei der OP. „Die Maske trage ich auf der Hahnweide wegen meiner Pollenallergie und nehme sie auch im Cockpit nicht ab“, sagt Ichikawa, der sich auf dem blühenden Grasteppich der Start- und Landebahn lediglich für den Teckboten-Fotografen kurz demaskieren lässt. Ist die Maske wieder auf, frotzzeln schon mal die Kollegen – doch den einzigen Asiaten im diesjährigen Pilotenfeld bringt das nicht aus der Ruhe.