Lokales

„Der Gesundheitsschutz steht im Vordergrund“Nachgefragt

Dr. Stehle, Leiter des Amts für Lebensmittelüberwachung im Kreis Esslingen, über den Verkauf von selbst gemachten Produkten

Die Auflagen für Herstellung, Verkauf und Kennzeichnung von Lebensmitteln gelten nicht nur für Unternehmen, sondern beispielsweise auch für Vereine. Über Hintergründe und Probleme hat Bianca Lütz-Holoch mit Dr. Gerhard Stehle, Leiter des Amts für Lebensmittelüberwachung im Kreis, gesprochen.

„Der Gesundheitsschutz steht im Vordergrund“Nachgefragt
„Der Gesundheitsschutz steht im Vordergrund“Nachgefragt

Herr Dr. Stehle, in Weilheim hat ein Verein vor den Auflagen der Lebensmittelbehörde kapituliert. Warum ist Ihre Behörde so streng mit den Ehrenamtlichen?

DR. GERHARD STEHLE: Jeder, der Lebensmittel an andere abgibt, muss dafür sorgen, dass diese Lebensmittel sicher sind. Der Gesundheitsschutz des Verbrauchers steht immer im Vordergrund. Die Hygieneanforderungen gelten für alle, die Lebensmittel in Verkehr bringen.

Können Sie denn nicht bei Vereinen mal ein Auge zudrücken?

STEHLE: Für Vereine gelten die gleichen Bedingungen wie für gewerbliche Hersteller. Es kann ja nicht sein, dass ein Unternehmen alle Vorgaben einhalten muss, während alle anderen tun und lassen können was sie wollen.

Das klingt ganz schön hart...

STEHLE: Ist es aber nicht. Unsere Kontrollen führen wir risikoorientiert durch. Wir berücksichtigen dabei die Verderbnisanfälligkeit, die Menge und die Laufzeit der entsprechenden Lebensmittel. Danach richtet sich auch die Häufigkeit der Probenentnahmen. Es ist sicher nicht notwendig, bei jeder direktvermarktenden Landfrau und jedem kleinen Imker eine Probe zu nehmen. Sie können mir glauben, dass wir da mit Augenmaß vorgehen.

Das heißt, bei Professionellen geht es doch noch strenger zu?

STEHLE: Wie gesagt: Die Herstellung von Lebensmitteln muss immer im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben stattfinden. Aber Proben entnehmen wir in erster Linie bei größeren Unternehmen – und auch was die Konsequenzen bei Verstößen angeht, können wir abwägen.

Wie können Sie denn theoretisch reagieren?

STEHLE: Unser Instrumentarium reicht von der Belehrung über Mängelberichte, Anhörungen und Anordnungen bis hin zur Beschlagnahmung oder dem Gang zum Staatsanwalt, je nach Schwere der Verstöße. Bei Vereinen haben wir im Vorfeld auch schon viele Informationsveranstaltungen durchgeführt.

Wie können sich die Vereine denn wappnen?

STEHLE: Wenn ein Verein Lebensmittel verkauft, haftet der Vorsitzende dafür. Deshalb empfehle ich den Vorständen, gut danach zu gucken, wie die Produkte hergestellt und gelagert werden und auch sachkundige Vereinsmitglieder einzusetzen.

Heißt das, der Vereinsvorsitzende muss jede Marmeladenküche kontrollieren?

STEHLE: Sicher nicht, Marmelade ist kein leicht verderbliches Lebensmittel. Anders sieht es da zum Beispiel bei Kartoffel- oder Nudelsalat aus. Eine Lösung wäre, dass leicht verderbliche Produkte in der Küche des Vereinsheims hergestellt werden. Da kann der Verantwortliche Einfluss darauf nehmen. Im Zweifel kann man sich auch telefonisch an uns wenden.

Und bei Kuchen- oder Waffelverkäufen?

STEHLE: Da sollte der Vorsitzende die Herstellungsbedingungen vorgeben, zum Beispiel, dass ein durchgebackener Apfelkuchen ungefährlicher ist als eine Schwarzwälder Kirschtorte, die kühlpflichtig wäre.

Finden Sie nicht, dass ein kleiner Verein da ganz schön viel zu beachten hat?

STEHLE: Das mag sein. Aber lassen Sie mal ein Kind Brechdurchfall wegen eines verdorbenen Produkts kriegen. Oder es bricht eine Salmonellose wegen schlecht gekühlter Sahnetorten aus. Dann ist das Gejammer groß – und wir als Aufsichtsbehörde werden gleich gefragt, warum wir nicht besser aufgepasst haben. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, ob das Produkt aus einem Großbetrieb oder von einem Marktstand kommt.

Also wäre den Ehrenamtlichen manchmal auch ein Wechsel der Blickrichtung zu empfehlen, oder?

STEHLE: Jeder Verbraucher, aber auch Hersteller, möchte sicher sein, dass sein Essen einwandfrei ist. Es sollte klar sein, dass Verkäufer die Waffel nicht mit dreckigen Händen anfassen, ein Dönerspieß nicht hinter einem laufenden Auto zubereitet wird und Vereine nicht mit Hackfleisch panschen – das ist alles schon vorgekommen.

Und Sie kümmern sich darum, dass das nicht mehr passiert . .  .

STEHLE: Dazu sind wir verpflichtet. Auf jeden Fall sind unsere Lebensmittel heute so sicher wie noch nie – und das ist auch gut so.