Lokales

„Kopfbahnhof ist die bessere Variante“

Aktionsbündnis K 21 demonstrierte für den Ausbau des Nahverkehrs und für einen Volksentscheid

Rund 400 Bürger aus Kirchheim, Nürtingen, Esslingen und den umliegenden Gemeinden, brachte das Aktionsbündnis für K 21 Kirchheim am vergangenen Samstag auf die Straße.

Demonstration in Kirchheim: Das Aktionsbündnis für K¿21 brachte am landesweiten Aktionstag rund 400 S-21-Gegner auf die Straße.
Demonstration in Kirchheim: Das Aktionsbündnis für K¿21 brachte am landesweiten Aktionstag rund 400 S-21-Gegner auf die Straße. Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Es war 10.30 Uhr, als sich die demonstrierende Menge vom Kirchheimer Bahnhof in Richtung Innenstadt bewegte. Zählten die Veranstalter zu Beginn etwa 200 Teilnehmer, wuchs der Protestzug auf seinem Weg zum Verwaltungssitz der Fachwerkstadt, auf 400 Bürger an. Für Wolfgang Scholz ein Zeichen dafür, „dass die Leute merken, dass das Geld, das in den Stuttgarter Bahnhof investiert wird, beispielsweise im Bereich der Bildung oder beim Ausbau des Nahverkehrs fehlen wird.“ Der Versammlungsleiter betonte, dass das Zugunglück bei Hordorf in Sachsen deutlich zeige, dass die Bahn beim bestehenden Schienennetz erheblichen Handlungsbedarf habe. Investitio­nen in die Verbesserung der vorhandenen Bahnstrecken und damit in die Sicherheit und den reibungslo­sen Betrieb des Bahnverkehrs schienen Wolfgang Scholz daher dringlicher als jene in die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs.

Auch Andreas Schwarz betonte, dass „die für Stuttgart 21 aufgebrach­ten Finanzmittel besser in Personen- und Güterverkehr entlang der Rheintal-Bahn genutzt werden. Eisenbahntechnisch und ökologisch hätte man hier einen größeren Effekt“. Der Landtagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass die Umsetzung des Alternativmodells Kopfbahnhof 21 aus verkehrstechni­scher Sicht die bessere Variante sei. „Beim morgendlichen Peak im Bereich des Fahrgastaufkommens kann ein Kopfbahnhof ein höheres Zugaufkommen besser verkraften und damit zu einer gesteigerten Betriebsstabilität beitragen“, erklärte Andreas Schwarz.

Bei Stuttgart 21 bestand für den Grünen-Politiker die Gefahr, dass die dichte Zugfolge, die im Fahrplankonzept hinterlegt ist, zu Verspätungen führt, die insbesondere in den morgendlichen Hauptverkehrszeiten die Doppel- und Mehrfachbelegung von Gleisen zur Folge hätten. „Diese Verspätungen führen zu Unregelmäßigkeiten im gesamten Eisenbahnverkehr“, so der Kirchheimer Landtagskandidat. „Wir wollen Züge, die pünktlich und schnell fahren und Umsteigemöglichkeiten ohne lange Wartezeiten aufweisen. Bei Stutt­gart 21 ist das höchst bedenklich, der Kopfbahnhof 21 hingegen schafft das.“ Gerade für Zugreisende aus Kirchheim oder Esslingen erachtete Andreas Schwarz einen integrierten Tagfahrplan, der ein schnelles Umsteigen zwischen verschiedenen Verbindungen und damit ein bequemes Reisen ermöglicht, als wichtig. „Die Fahrzeitgewinne, die auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken generiert werden, sollen schließlich nicht durch Umsteige- und Wartezeiten wieder verloren gehen“, sagte Schwarz.

Für Bernd Luplow, Landtagskandidat der Linken, stand bei der Kundgebung von dem Kirchheimer Rathaus fest, dass Stuttgart 21 gezeigt habe, dass sich die Politik gegenüber dem Bürger künftig in anderer Weise wird rechtfertigen müssen. „Die Wut der Bürger resultiert nicht nur daraus, dass wegen eines Spekulationsprojekts ein funktionierender Bahnhof zerstört wird, sie resultiert auch daraus, dass ihre Argumente gegen die Zerstörung der Natur nicht ernstgenommen werden, dass ständig die Behauptung aufgestellt wird, dass die Entscheidung für Stuttgart 21 dem Willen der Bevölkerung entspräche und den Pendlern ständig Zugverspätungen zugemutet werden“, so Bernd Luplow. Der Landtagskandidat sprach sich daher für einen Bau- und Vergabestopp bis zur Landtagswahl aus. Darüber hinaus plädierte der Vertreter der Linkspartei für eine landesweite Volksbefragung und dafür, dass sich die Parteien dazu verpflichten, das Votum zu akzeptieren.

Kai Hansen, Sprecher der Unternehmer gegen Stuttgart 21, erklärte bei der Kundgebung, dass nicht die gesamte Wirtschaft hinter dem Großbauprojekt stehe. Vielmehr ärgerte er sich, dass seitens der Industrie- und Handelskammer (IHK) der Eindruck vermittelt werde, die gesamte Wirtschaft stehe hinter Stuttgart 21.

„Das Wohlbefinden unseres Landes ist nicht erzeugt worden durch millionenschwere Leute die in Großunternehmen angestellt sind“, so Hansen, „sondern durch Menschen, die ehrlich mit ihrer Arbeit beitragen, zu dem, was wir hier heute sind. Und wir sind ein tolles Land, weil wir gelernt haben, miteinander an einem Strang zu ziehen und das unabhängig von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit und Meinung.“

Wenn alles nur noch dem Mammon unterstellt werde, dann werde ehrliche Arbeit und der 200-jährige Kampf um Freiheit korrumpiert, so der Unternehmer. Etwas, das dazu führe, dass eine zunehmende Technisierung die Würde der Arbeit immer mehr infrage stelle und eine steigende Zahl von Menschen hervorbringe, die von ihrer Arbeit nicht mehr leben könnten.

Mit seinem Plädoyer für den zivilen Ungehorsam forderte Kai Hansen dazu auf, dass sich die Bevölkerung nicht auseinanderdividieren lasse in eine gespaltene Gesellschaft.