Lokales

Baggerschaufel statt Bleistiftspitzer

Das alte Jesinger Rathaus in der Ortsmitte wird jetzt abgebrochen – Neubau erhält Indach-Photovoltaik-Anlage

Ein Anblick, der nicht nur alte Jesinger ganz schön schmerzt: Die Baggerschaufel kracht unermüdlich gegen Fassade und Gebälk des
Ein Anblick, der nicht nur alte Jesinger ganz schön schmerzt: Die Baggerschaufel kracht unermüdlich gegen Fassade und Gebälk des über 400 Jahre alten Rathauses.Foto: Jean-Luc Jacques

Lange Zeit wurde hier noch mit spitzem Bleistift gerechnet, bis vor Kurzem erledigte man via PC Dienste für den Bürger und die Stadt. – Das alles ist jetzt vorbei: Seit dieser Woche macht sich die Baggerschaufel am ­Jesinger Rathaus zu schaffen.

Irene Strifler

Kirchheim. Schon in den Sommerferien haben die Mitarbeiter der Verwaltungsstelle Jesingen ihre Siebensachen zusammengepackt. Im August stand der Umzug an, und seit 1.  September residieren sie 150 Meter entfernt in einem ehemaligen Wohnhaus. Von dort können sie die Arbeiten an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz beobachten.

„Etliche Elemente aus den Dachbalken und aus dem Giebel haben wir erhalten, sie werden vielleicht im Neubau wiederverwendet“, erzählt Ortsvorsteher Christopher Grampes. Bekanntlich stammt das Fachwerk aus dem 16. Jahrhundert. Nicht zuletzt deshalb wurde lange über einen möglichen Erhalt des historischen Gebäudes diskutiert. Bekanntlich wurde im Frühjahr anders entschieden, und deshalb ist jetzt der Bagger im Einsatz. „Schon nächste Woche soll der Abbruch erledigt sein“, berichtet Grampes und freut sich, dass somit der Adventsbasar am 29. November in der Jesinger Ortsmitte ungehindert stattfinden kann.

Die Wintermonate werden genutzt, um eine Baugrunduntersuchung durchzuführen und sich auf archäologische Spurensuche zu begeben. Im Februar soll‘s dann mit dem Neubau losgehen. Dieser wird nicht zuletzt in punkto Energieeffizienz ein besonderes Bauwerk: Die gesamte Dachfläche in südlicher Richtung erhält eine maßgeschneiderte hochwertige Photovoltaik-Anlage. Bauherr ist die Ortschaftsverwaltung beziehungsweise die Stadt, Betreiber sind die Stadtwerke. Der Strom für das Gebäude wird also selbst produziert, rechnerisch profitieren aber auch andere städtische Gebäude von Stromüberschüssen. „Das ist ein ganz neues Modell“, freut sich Grampes. Die Stadt erhofft sich langfristig Vorteile durch Kompetenzaufbau in der Errichtung und im Betrieb von Erzeugungsanlagen.

Im Jahr 2016 dürften die Mitarbeiter der Verwaltungsstelle ihre PCs dann wieder im Neubau einstöpseln. Ende 2015 läuft auch das Förderprogramm der Ortskernsanierung aus, das somit den Rathausneubau noch betrifft.

Mit Blick auf die grüne Stromgewinnung bleibt abzuwarten, ob die Verheißung eintritt, die Christopher Grampes im Rahmen seiner Haushaltsrede scherzhaft zitierte: „Wir arbeiten mit großem Eifer daran, dass eine im Jahr 1806 aufgestellte Behauptung der Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg eines Tages Realität wird, nämlich, dass Erdöl eine nutzlose Absonderung der Erde sei, eine klebrige Flüssigkeit, die stinke und in keiner Weise verwendet werden könne.“