Lokales

Birkenteer statt Heißklebepistole

Im Owener Geschichtshaus hat gestern ein neues Angebot der Museumspädagogik begonnen

In Owen sind seit gestern „Geschichtsdetektive“ unterwegs. Im Geschichtshaus oder auch bei Ausflügen in die Umgebung sind sie der Geschichte auf der Spur – von der Altsteinzeit bis zur Industrialisierung. Angeleitet werden die Grundschul­kinder von der Museumspädagogin Heidi Schubert.

Ganz tief eintauchen in die Altsteinzeit: Das war der gestrige Auftakt für zwölf ¿Geschichtsdetektive¿ im Owener Geschichtshaus.
Ganz tief eintauchen in die Altsteinzeit: Das war der gestrige Auftakt für zwölf ¿Geschichtsdetektive¿ im Owener Geschichtshaus. Foto: Deniz Calagan

Owen. Ein Museum mit Ausstellungsstücken zu füllen, ist das eine. Ein Museum aber dauerhaft mit Leben zu füllen, ist etwas ganz anderes. Im Owener Geschichtshaus gibt es dazu jetzt einen ersten Ansatz, der Erfolg verspricht: Wer ein Leben lang Interesse an Museen haben soll, der muss dieses Interesse in möglichst jungen Jahren entwickeln. Wichtig ist dabei, das Klischee vom verstaubten Museumsgegenstand gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Die Museumspädagogik macht deshalb die Ausstellungsstücke und ihre Thematik greifbar. Schließlich kommt „begreifen“ von „greifen“, wie Rainer Laskowski betont. Der Kirchheimer Museumsleiter ist nicht nur beruflich an der Museumspädagogik im Kornhaus interessiert. Er will solche Projekte auch an seinem Wohnort Owen voranbringen, in diesem Fall in seiner ehrenamtlichen Eigenschaft als Erster Vorsitzender des Förderkreises „Alt-Owen“.

Eine Kooperation zwischen dem Owener Geschichtshaus und dem Kirchheimer Museum hält er für jederzeit vertretbar. Schließlich stammen etliche Exponate im Kornhaus ursprünglich aus Owen. Außerdem komme es in erster Linie darauf an, dass jemand fachgerecht mit den Museumsstücken umgeht.

Letzteres ist auf jeden Fall garantiert, weil als Museumspädagogin für die Owener Angebote Heidi Schubert gewonnen werden konnte. Sie ist au­ßer im Kornhaus auch seit vielen Jahren schon im Beurener Freilichtmuseum tätig, um den Besuchern ein lebendiges Bild von der Geschichte zu vermitteln. Dabei geht sie ausdrücklich auch auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer „Kunden“ ein. Dasselbe hat sie auch in Owen vor: „Wenn es etwas gibt, was die Kinder gerne ausführlich machen wollen, dann bleiben wir auch dabei.“

Ein strenger „Lehrplan“ ist ohnehin nicht einzuhalten. Für Owens Schulleiterin Christa Hils ist das sogar der große Vorteil der Museumspädagogik: „Das gefällt mir sehr gut an dieser Arbeit. Hier muss nicht unter allen Umständen ein Bildungsplan erfüllt werden.“ Vielmehr stünden bei Heidi Schuberts Arbeit die Interessen der Kinder im Vordergrund.

Die Schule ist ein wichtiger Partner der neuen Owener Museumspädagogik: Das Angebot für Owener Kinder läuft als Arbeitsgemeinschaft der Schule. Die Schule selbst hat kaum noch Stundenzuweisungen, um eine nennenswerte Zahl an AGs anbieten zu können. Und mit ausschließlich ehrenamtlichen Helfern sind weder schulische Arbeitsgemeinschaften noch Museumspädagogik dauerhaft zu betreiben. „Man braucht heute neben dem ehrenamtlichen Engagement eben auch professionelle Experten“, sagt Rainer Laskowski, der gestern gemeinsam mit Schulleiterin Hils die Kooperationsvereinbarung zwischen Förderkreis und Schule unterzeichnet hat.

Was können die zehn Kinder pro Gruppe zwei Stunden lang an insgesamt zehn Donnerstagnachmittagen im Owener Geschichtshaus tun und erleben? Zum Auftakt gestern durften sie altsteinzeitliche Behausungen im Modellformat nachbauen – mit natürlichen Materialien, die sie rund ums Geschichtshaus selbst gesammelt hatten. Großen Wert legt Heidi Schubert auf „authentische Materialien“. Als Beispiel führt sie an: „Wenn wir etwas kleben müssen, dann will ich das nicht mit einer Heißklebepistole machen. Wir verwenden dann Birkenteer – wie in der Altsteinzeit.“

Die Kinder konnten gestern außerdem Tiermodelle der jeweiligen Zeit zuordnen und lernten dabei spielerisch den Unterschied zwischen Alt- und Jungsteinzeit kennen: Während zur Altsteinzeit eher die wilden Tiere wie Mammut, Wollnashorn oder Säbelzahntiger gehören, lassen sich der Jungsteinzeit die häuslichen Nutztiere zuordnen – Rinder, Ziegen, Hunde.

Die Finanzierung des kostenlosen Angebots, das zunächst in drei Gruppen bis zum Schuljahresende laufen soll, teilen sich zu je einem Drittel der Förderkreis „Alt-Owen“, das Land Baden-Württemberg – über das Jugendbegleiter-Programm – sowie die Stadt Owen. Die Stadt ist für Materialkosten zuständig und hat natürlich selbst ein eigenes Interesse daran, das Geschichtshaus fest im Bewusstsein der Owener Grundschulkinder zu verankern.

Besonders hat sich Bürgermeisterin Verena Grötzinger deshalb über die Begeisterung der Dritt- und Viertklässler gefreut: „Es ist toll, dass sich alle Kinder freiwillig gemeldet haben. Da wird niemand ,zwangsverpflichtet‘. Als das Projekt vorgestellt wurde, haben alle spontan gesagt: ,Wir wollen da mitmachen‘.“