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Das Leben nach dem Tsunami

ZDF zeigt Spiel- und Dokumentarfilm über das Schicksal einer Kirchheimer Familie

Diese Sitzecke am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium erinnert an Elli Schäffer, die als Fünftklässlerin im Thailand-Urlaub Ende
Diese Sitzecke am Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium erinnert an Elli Schäffer, die als Fünftklässlerin im Thailand-Urlaub Ende 2004 durch einen Tsunami ums Leben kam. Um das Schicksal der Kirchheimer Familie geht es am morgigen Sonntag ab 20.15 Uhr im ZDF.Foto: Deniz Calagan

Am morgigen Sonntag um 20.15 Uhr beginnt im ZDF ein Film, der in Kirchheim besondere Erinnerungen hervorruft. In dem Film geht es um „Das Leben danach“ – also um das Leben nach dem Tsunami von 2004, bei dem zwei Kirchheimer Schülerinnen und ihre Mutter ums Leben gekommen waren.

Andreas Volz

Kirchheim. Es ist eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt. Und trotzdem würde man jedem Drehbuchautor, der diese Geschichte erfunden hätte, vorwerfen müssen, dass er maßlos übertrieben und seine Story viel zu sehr konstruiert hat. Als ob ein Schicksalsschlag dieser Art allein nicht ausreichen würde: Ein Mann und eine Frau verlieren Ehepartner und beide Kinder beim vermeintlichen Winter-Traumurlaub an tropischen Stränden in Südostasien. Sie verlieren mit einem Schlag ihre gesamte Familie – durch einen Tsunami.

Dabei wussten bis zu jenem 26.  Dezember 2004 wahrscheinlich die wenigsten Mitteleuropäer, dass es überhaupt so etwas wie Tsunamis gibt. Und noch weniger wussten sie, dass ein Tsunami eine dermaßen verheerende und tödliche Wirkung haben kann wie gerade diese Welle, die sich damals im Indischen Ozean ausgebreitet hatte.

Das Schicksal, als Einziger zu überleben und zunächst nichts von den Angehörigen zu wissen, trifft hier nicht nur eine Person, sondern zwei – zunächst völlig unabhängig voneinander. Beide kommen aus Süddeutschland: Michael Schäffer aus Kirchheim, Billi Cramer aus München. Er verliert seine Frau und seine beiden Töchter, sie ihren Mann und ihre beiden Söhne. In dieser Doppelung der Ereignisse würde man die Geschichte, wie gesagt, keinem Drehbuchautor durchgehen lassen.

Wie man als einzelner Mensch mit dieser Katastrophe, mit dem Ende des bisherigen Lebens, fertig wird, und ob man überhaupt weiterleben kann, das ist die Frage, vor der beide standen. Wegen des gemeinsamen Schicksals haben beide voneinander erfahren und miteinander Kontakt aufgenommen. Sie haben gemeinsam um ihre Familien getrauert und sich dabei gegenseitig unterstützt und geholfen. Sie hatten jemanden, der ihre Situation nachvollziehen konnte, weil er dasselbe erlebt hatte.

Nach und nach hat sich aus der Schicksalsgemeinschaft eine neue Lebensgemeinschaft entwickelt: 2007 heiraten Michael Schäffer und Billi Cramer, 2009 kommt die gemeinsame Tochter auf die Welt. Nun, Anfang 2012, also sieben Jahre nach der Katastrophe, ist diese unglaubliche Geschichte im Fernsehen zu sehen. Im Film spielt Veronica Ferres die weibliche Hauptrolle. Im Anschluss an den Film folgt noch eine 45-minütige Dokumentation.

In Kirchheim und Umgebung werden Spiel- und Dokumentarfilm sicher besonders aufmerksam verfolgt. Schließlich bleiben die Schwestern Elli (damals elf Jahre alt) und Patricia Schäffer (damals acht) – beide höchst erfolgreiche Nachwuchsturnerinnen – und ihre Mutter Emmanouela dauerhaft in Erinnerung. Am Ludwig-Uhland-Gymnasium gibt es sogar eine Sitzecke für Schüler, die nach Elli Schäffer benannt ist: „Ein Platz für Elli Schäffer“ steht auf der schlichten Tafel an der Wand.

Die Sitzecke hat Vater Michael Schäffer zur Erinnerung an seine Tochter gestiftet, berichtet Konrektor Dr. Frank Hugelmann, der damals viele Gespräche mit Michael Schäffer geführt hat. Inzwischen habe er zwar keinen Kontakt mehr, aber zum Ausgang der Filmgeschichte wie auch der tatsächlichen Geschichte für Michael Schäffer sagt Frank Hugelmann: „Dass er jetzt wieder eine Familie hat, freut mich ganz unglaublich für ihn.“

Der Konrektor war Anfang 2005 auch an vielen Gesprächen mit der einstigen Klasse 5b beteiligt, die Elli Schäffer von den Sommer- bis zu den Weihnachtsferien 2004 besucht hatte. Ihre Mitschüler von damals sind heute die ersten Abiturienten, die im regulären G 8-Zug als „Zwölfer“ ihre Schulzeit beenden. – Die Gedenkecke für Elli Schäffer hat Frank Hugelmann zufolge eine Tradition begründet, Sitzecken auf den Gängen der Schule einzurichten. Die Bänke erfreuen sich größter Beliebtheit. Und die erste dieser Sitzecken hält vor allem die Erinnerung an Elli Schäffer wach.