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Der Ärger ist verständlich

Die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro war richtig und wichtig. Und ja: Natürlich muss kontrolliert werden, ob die Arbeitnehmer diesen gesetzlich vorgeschriebenen Lohn auch erhalten. Und das geht nur über die Erfassung der Arbeitszeiten.

Dass viele Unternehmer derart in Rage sind, ist trotzdem nachvollziehbar. Im Zentrum des Ärgers steht dabei nicht so sehr der öffentlich viel diskutierte Betrag von 8,50 Euro pro Stunde. Vielmehr geht es um die überbordende Bürokratie, die zahlreiche Unternehmen aus ihrem Alltagsgeschäft reißt. Außerdem sind einzelne Komponenten, die indirekt mit dem Mindestlohngesetz zusammenhängen, der Stein des Anstoßes. Zum Beispiel ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen zehn Stunden am Tag arbeiten darf. Diese Regelung galt zwar schon vor dem Mindestlohngesetz, trifft aber zum Beispiel Gastronomen und landwirtschaftliche Betriebe, die saisonalen Schwankungen unterlegen sind, in Verbindung mit der neuen Dokumentationspflicht, den verschärften Kontrollen und dem Verhängen hoher Bußgelder hart. Sie sind schlichtweg auf flexible Lösungen angewiesen.

Ein weiteres Ärgernis ist die Tatsache, dass der Mindestlohn auch für Familienangehörige gilt. Viele Gaststättenbesitzer könnten ihren Betrieb nicht weiterführen ohne die Mithilfe der Eltern oder des Ehepartners, die ja letztlich für denselben Zweck arbeiten: nämlich um „ihre“ Gaststätte zu erhalten.

Es ist realitätsfremd, wenn man Familienangehörige und Arbeitnehmer, die weit mehr als 8,50 Euro pro Stunde verdienen, in die Kontrollen einbezieht. Die Politik ist damit über das Ziel hinausgeschossen. Sie hat die gute Tat Mindestlohn propagiert und über das Hintertürchen Paragrafen zur Gängelung der Betroffenen eingeführt. Solche Aktionen tragen mit zur Politikverdrossenheit der Bürger bei.

Bleibt die Frage: Was kommt wohl mit dem nächsten Gesetzesvorhaben, der Autobahnmaut für Pkw, auf uns zu? HEIKE ALLMENDINGER