Lokales

Die wilde Schlucht ist wieder offen

Wanderer können die Kernzone im Biosphärengebiet durch die Lange Steige erleben

Die wilde Lange Steige wird im Rahmen der Biosphärenw oche am kommenden Sonntag mit einem großes Fest wieder offiziell zum Wanderweg ernannt. Gefeiert wird in den Orten, die der Weg seit Menschengedenken verbindet: in Schlattstall und Böhringen.

Eršffnung des Wanderwegs ab Schlattstall mit BM Schlecht und BM Dondt (Ršmerstein)
Eršffnung des Wanderwegs ab Schlattstall mit BM Schlecht und BM Dondt (Ršmerstein)

Lenningen/Römerstein. Initiatoren für die Wiedereröffnung der historischen Wegeverbindung ist die Gemeinde Römerstein, insbesondere der Teilort Böhringen. Weil die Lange Steige mitten in der Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische Alb liegt, wurde der Mensch seit dem Jahr 2008 aus diesem Bereich kurzerhand verbannt. Das wollten die Böhringer so nicht hinnehmen. Gemeinsam mit dem Albverein, der Forstverwaltung und den betroffenen Kommunen machten sie sich für die Öffnung des knapp drei Kilometer langen Weges stark. Dies ist ihnen dank guter Argumente gelungen, wenn auch zunächst erst mal für die nächsten fünf Jahre.

Die Kernzonen sind die sensibelsten Flächen der Biosphäre. Aus diesem Grund sollen sie sich selbst überlassen bleiben ohne jeglichen Einfluss des Menschen. Zwischen Schlattstall und Böhringen betrifft dies ein 209 Hektar großes Gebiet von Hangbuchen- und Hangschuttwäldern, dem Alleinstellungsmerkmal der Biosphäre. 80 Prozent davon liegen auf Lenninger Markung, der Rest auf Böhringer. „Die Albbewohner haben diese Verbindung als Lebensader benötigt, deshalb hat die Lange Steige

für sie eine viel größere Bedeutung als für die Menschen im Tal“, ist sich Michael Schlecht, Bürgermeister in Lenningen, bewusst. Deshalb war es für ihn selbstverständlich, seinen Kollegen in Römerstein, Michael Donth, tatkräftig bei den Bemühungen zu unterstützen, den Wanderweg nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

„Es gibt die starke Vermutung, dass schon in prähistorischer Zeit Menschen diese Verbindung zwischen Albhochfläche und Tal nutzten, weil sie so sanft ansteigt. Auch mit Karren und Tieren konnte man so die Alb einst erklimmen“, erklärte Michael Donth während einer Pressekonferenz im Oberlenninger Rathaus. Urkundlich erwähnt wurde die Verbindung erstmals 1090, später begann der Ausbau zum Fuhrweg. Weil es dort so eng zugeht, war es beispielsweise um 1550 bei Strafe verboten, die Lange Steige außer mit Mühlenkarren zu befahren. Weil es auf der Alb kein Wasser gab, um Mühlen anzutreiben, musste das gesamte Getreide hinabtransportiert werden, um als Mehl wieder auf die Alb gefahren zu werden.

Ein weiteres Argument, die Kernzone auf diesem Weg durchwandern zu können, ist die Erkenntnis, dass die Menschen nur das schützen, was sie kennen. Dies lässt sich gerade im Bereich der Langen Steige am besten zeigen, denn dank des damaligen Forstrevierleiters Wulf Gatter gibt es dort seit den 1970er-Jahren einen Bannwald. „Hier sieht der Besucher schon sehr viel mehr, wie sich die 2 700 Hektar Kernzone entwickeln werden. Die wurden bis vor zwei Jahren ganz normal bewirtschaftet und unterscheiden sich deshalb nicht von den üblichen Wäldern“, erklärte Steffen Genkinger, Leiter des Forstreviers Römerstein. Gemeinsam mit seinem Lenninger Kollegen Alexander Klein ist er von Seiten des Forsts für den „Fußpfad mit alpinem Charakter“ zuständig. Gutes Schuhwerk vorausgesetzt, lassen sich dort seltene Pflanzenarten und geologische Besonderheiten bewundern – und eben viel Totholz, das voller Leben steckt.

Den wilden Charakter, den die Schlucht schon heute hat, können Wanderer am kommenden Sonntag, 22. Mai, auf einmalige Weise erleben. Aus Freude über die Wiedereröffnung gibt es nun ein großes Fest – es wird sogar ein Band feierlich von den Bürgermeistern durchschnitten. Eröffnet wird der Festtag um 10 Uhr mit einem Gottesdienst im Grünen, der von Jagdhornbläsern musikalisch umrahmt wird. Es gibt geführte Wanderungen, die von Mitgliedern der Albvereine Oberlenningen und Böhringen angeboten werden, ebenso von den beiden Revierleitern Alexander Klein und Steffen Genkinger. Wer die Natur in seinem eigenen Tempo genießen will, dem führen Infotafeln die Besonderheiten vor Augen, beispielsweise Geologie der Alb, Geschichte der Langen Steige oder was genau eine Kernzone ist. Es gibt eine Rundwanderung über das Goldloch und Strohweiler, und wem die einfache Strecke von drei Kilometern reicht, der kann den extra eingerichteten Pendelbus zwischen Böhringen und Schlattstall benutzen.

Wer mit dem Auto anreist, sollte möglichst Böhringen anfahren, denn auf der Alb gibt es einfach mehr Parkmöglichkeiten als im engen Tal in und um Schlattstall. Deshalb ist oben die Biosphärenverwaltung mit einem Infostand vertreten und auch das Biosphärenmobil des NABU macht dort Halt. „Für die, die nicht so gut zu Fuß sind oder Schlattstall näher kennenlernen wollen, gibt es einen Mühlenweg“, ergänzte Hans Schroeder, Vorsitzender des Oberlenninger Albvereins. Für Bewirtung wird sowohl im Tal als auch auf der Höh‘ gesorgt und die Bergwacht Lenninger Tal ist ebenfalls vor Ort.

So verbindet die Steige wieder wie seit alters her die Menschen – Älbler und Tälesbewohner samt zahlreicher Gäste. Außerdem gibt es erstmals eine gemeinsame Veranstaltung von Lenningen und Römerstein.