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Ein Lehrer, Politiker und Bankvorstand ganz eigener Prägung

Nachruf auf Dr. Rolf Röhm, der Stadt und Kreis sowie das Land Baden-Württemberg als SPD-Urgestein nachhaltig geprägt hat

Ein Lehrer, Politiker und Bankvorstand ganz eigener Prägung
Ein Lehrer, Politiker und Bankvorstand ganz eigener Prägung

Kirchheim. Die Stadt Kirchheim, der Landkreis Esslingen und die SPD haben ein kommunalpolitisches Urgestein verloren: Dr. Rolf Röhm ist am zweiten Weihnachtstag im Alter von

87 Jahren gestorben. 35 Jahre lang – von 1964 bis 1999 – hatte er die SPD im Kirchheimer Gemeinderat vertreten. Fast ebenso lang hatte er ein Mandat im Kreistag inne: von 1965 bis 1999. Und doch greift das Stichwort „Kommunalpolitik“ zu kurz, wenn es um die politische Lebensleistung Rolf Röhms geht. Schließlich war er von 1968 bis 1976 auch noch Landtagsabgeordneter.

Den Zusammenhang von Landespolitik und Kommunalpolitik betonte vor 20 Jahren der damalige Oberbürgermeister Peter Jakob, als er Rolf Röhm für 30 Jahre Zugehörigkeit zum Gemeinderat ehrte: Die Rhetorik Rolf Röhms habe zu der Äußerung Anlass gegeben, er sei „eine Leihgabe der großen Politik an die Niederungen der Kommunalpolitik“. Er selbst hätte sich wohl gegen das Wort von den „Niederungen der Kommunalpolitik“ verwehrt. Hätte er die Kommunalpolitik als so „nieder“ angesehen, hätte er sich nämlich nicht dreieinhalb Jahrzehnte lang ehrenamtlich in zwei so wichtigen kommunalpolitischen Gremien engagiert.

Die Politik hatte ihn früh geprägt, auch wenn er sie zunächst noch nicht aktiv gestalten konnte: Die Kriegspolitik der Nationalsozialisten sorgte dafür, dass er sich von 1943 an als 16-jähriger Flakhelfer am Zweiten Weltkrieg beteiligen musste. Im Gespräch hat Rolf Röhm einmal betont, dass er an der Flak in Stuttgart „keinen einzigen Schuss“ abgegeben habe. In Essen war die Familie 1942 ausgebombt worden, der Vater war 1943 in Stalingrad gefallen. Anfang 1945 geriet Rolf Röhm in Italien in Gefangenschaft und kehrte im Sommer wieder in seine Heimat zurück.

Dass er als gebürtiger Stuttgarter seinen Lebensmittelpunkt in Kirchheim fand, war insofern naheliegend, als die Familie 1942 vom Ruhrgebiet nach Kirchheim zurückgekehrt war. Sein Großvater Gottlob Röhm war übrigens von 1888 bis 1922 Schultheiß in Dettingen. Die Aufarbeitung der Familiengeschichte war eines von vielen zeitintensiven Hobbys, denen sich Rolf Röhm in seiner eher spärlich bemessenen Freizeit widmete.

Beruflich hat sich Rolf Röhm nach dem Studium der Volkswirtschaft in Nürnberg zunächst im Schuldienst engagiert, als Lehrer an der Kirchheimer Handelsschule, der heutigen Schöllkopf-Schule. Von 1953 bis 1972 war er Direktor der Württembergischen Sparkassenschule, bevor er bis zum Ruhestand 1985 als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Landeskreditbank tätig war. Die Fusion der beiden Förderbanken, der badischen und der württembergischen, hat er somit nicht nur politisch als Landtagsabgeordneter geprägt.

Interessant war Anfang der 70er-Jahre die Frage, ob sich seine Aufgabe als Abgeordneter mit der als Vorstandsmitglied der Landeskreditbank vereinbaren lasse. Beantwortet hat Rolf Röhm diese Frage auf seine Art: Für ihn war es selbstverständlich, sein Landtagsmandat zu behalten – gerade weil Forderungen nach einem Verzicht aufgekommen waren. Und eine Legislaturperiode später entschied er sich aus freien Stücken dafür, nicht wieder zu kandidieren.

Ebenfalls aus freien Stücken hatte er 1974 die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes abgelehnt. Erst 1985 konnte er sich nicht mehr dagegen wehren, weil er es zeitgleich mit seinem Vorstandskollegen Hermann Wünsch erhielt, als „Ziehvater der Landeskreditbank“.

Beruf und Hobbys verband Rolf Röhm, indem er während seiner Zeit im Schuldienst quasi nebenher promovierte und etliche Lehrbücher verfasste. Eines dieser Werke war auch ein Lehrbuch der Chemie.

Hinzu kam das Engagement in Vereinen, unter anderem als Gründungsmitglied im Kirchheimer  Verein Schlaraffia Under Teck, aber auch – als leidenschaftlicher Flieger von der Pike auf – in der Fliegergruppe Wolf Hirth. Seinen Flugschein hat er übrigens vor der Fußball-WM 2006 zurückgegeben. Somit protestierte er auf seine Art gegen die Einschränkung seiner fliegerischen Freiheit, zu der es aus behördlicher Vorsicht gekommen war: zur Abwendung möglicher Terrorakte während des Fußball-Großereignisses in Deutschland.

Eine private Leidenschaft Rolf Röhms waren seine Reisen, die ihn auf nahezu alle Kontinente führten sowie auf unzählige Campingplätze in Europa und immer wieder in den Süden Frankreichs, am liebsten ins Massif central.

Unvorstellbar eigentlich, dass in diesem reichhaltigen und bewegten Leben auch noch Zeit für das ganz Private blieb, fürs Familienleben: Rolf Röhm war seit 1953 mit seiner Frau Rosemarie verheiratet und hat Kinder und Enkelkinder aufwachsen sehen. Auch zwei Urenkel hat er noch erlebt.