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Ein innovatives Haus – von 1799 bis heute

Mit dem Haus Bühler wurde im Freilichtmuseum Beuren das 23. Gebäude eingeweiht

Als vor 20 Jahren das Freilichtmuseum Beuren an einem nasskalten Tag eröffnet worden war, zählte es acht Gebäude. 20 Jahre später wurde, pünktlich zur Saisoneröffnung, mit dem Haus Bühler das 23. Gebäude eingeweiht. Draußen stürmte es – dennoch war der Andrang groß.

Kaum war das Haus nach dem Festakt geöffnet, strömten die Besucher in die gute Stube.Foto: Peter Dietrich
Kaum war das Haus nach dem Festakt geöffnet, strömten die Besucher in die gute Stube.Foto: Peter Dietrich

Beuren. Es war ein dreifacher Export: Als erstes gab der Landkreis Böblingen eine Scheune nach Beuren, dann einen Schweinestall, nun sogar ein Bauernschloss. Mehr als 20 Jahre lang war das stattliche Doppelhaus eingelagert. Nun hat es an prominenter Stelle am Museumseingang seinen neuen Platz gefunden.

Es ist ein Haus, das viel zu erzählen hat und viele Fragen stellt. Die erste: Wo hatte ein Bauer im Jahr 1799 so viel Geld her, dass er so ein Haus bauen konnte? Johannes Buchter, Bürgermeister der Gemeinde Gäufelden, hatte zum Festakt einige Antworten mitgebracht. Zum einen waren die Menschen in Unteröschelbronn, wo das Haus früher stand, nicht fronpflichtig. Dann führte eine Nahrungsmittelknappheit zu hohen Verkaufspreisen. Der Wendepflug und Fortschritte bei der Saatgutvermehrung sorgten ebenfalls für ein höheres Einkommen. Doch schon um 1825 sah die wirtschaftliche Lage wieder anders an: Es herrschten Nässe und Missernten, Teuerung und Auswanderung. So wurde das stattliche Haus notgedrungen mit einer Hypothek belastet.

Das Haus Bühler war von Beginn an ein innovatives Haus. „Der Erbauer leistete sich einen Baumeister, was sonst nicht üblich war“, sagte Bernd Jäger von der Baudenkmalpflegefirma JaKo. Im Jahr 1905 war Bürgermeister Johann Jakob Bühler Mitbegründer der Elektrischen Kraftübertragung Herrenberg. Schon zwei Jahre später kamen elektrischer Strom und elektrisches Licht ins Haus. Heute ist unter dem Dach der Hopfensaal untergebracht. Der Veranstaltungssaal entspricht dem neuesten energetischen Standard. „Bei einem so alten Haus wäre das vor zehn Jahren nicht denkbar gewesen“, sagte Jäger.

Eigentlich war alles ganz anders geplant. Landrat Heinz Eininger erinnerte an die jahrelangen Diskussionen. Das Freilichtmuseum sollte einen großen und modernen Eingangsbau erhalten. Doch dann passte das EU-Förderprogramm nicht. „Da haben wir uns gesagt: Wir haben doch noch eingelagerte Häuser.“ So entstand die Kombination: kleiner Neubau, dazu das Haus Bühler. Dessen linker Teil enthält moderne Seminarräume; der rechte präsentiert sich innen im Zustand um 1927. Kaum war das Haus nach dem Festakt geöffnet, strömten die Besucher dicht an dicht in die holzgetäfelte gute Stube.

In die 23 Museumsgebäude seien insgesamt rund 50 Millionen Euro geflossen, sagte Eininger. Das Land habe für das jüngste Projekt 1,4 Millionen Euro Fördermittel versprochen. Es werde dieses Versprechen halten, versicherte Ministerialdirigentin Simone Schwanitz. Von den sieben regionalen Freilichtmuseen im Land liege Beuren bei der Förderung auf Platz zwei.

Zur Einweihung gab es viele Aktionen und freien Eintritt – und trotz fehlender Eintrittskarten eine Strichliste. Denn die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen fördert das Freilichtmuseum Beuren die ganze Saison über mit 1,50 Euro pro Besucher – egal ob zahlend oder nicht. Beim großen Andrang auf das neue Haus Bühler ging das Fotoatelier aus Kirchheim fast vergessen; doch es bekam seinen Dachschaden behoben.

War das nun alles? Wohl eher nicht. „Ein Freilichtmuseum ist nie fertig“, sagte Eininger. „Drei Gebäude sind noch eingelagert.“

Das Freilichtmuseum als „Schatz, Gedächtnis und Wunder“

Das neue Haus im Freilichtmuseum Beuren bilde keinen Abschluss, aber eine Abrundung des Häuserensembles, sagte die Volkskundlerin und Professorin Christel Köhle-Hezinger beim Festakt. Mit ihm zeige das Freilichtmuseum das ganze Spektrum, auch den Wohlstand der bäuerlichen Oberschicht. In der schwäbischen Kultur bleibe „ein karger Kern“, ergänzte Christel Köhle-Hezinger. Dies dürfe man nicht mit Armut gleichsetzen, aber mit Bescheidenheit. „Man wollte, auch durch den Einfluss des Pietismus, ein guter Haushalter sein.“ Gab es Luxus auf dem Lande? Ja, den gab es, die Inventarlisten zeigten es. Christel Köhle-Hezinger blickte zurück auf ein frühes Konzept aus dem Jahr 1979, lange vor Eröffnung des Freilichtmuseums Beuren: Es habe „kein schwäbisches Disneyland“ werden sollen, sondern es sollte „erfreuen, belehren, zum Nachdenken anregen und lebendigen Anschauungsunterricht vermitteln“. Die Unterstützung sei aus allen politischen Lagern gekommen. Sie wünscht sich, dass das Freilichtmuseum heute als Kompetenzzentrum für denkmalgeschütztes Sanieren und Bauen ernst genommen werde sowie als „Ort der Forschung und Vermittlung in breite Bevölkerungskreise hinein“. Das Museum sei zugleich „Schatz, Gedächtnis und Wunder“.pd