Lokales

Junge Muslime laden in Moschee ein

Jugendgruppe der Kirchheimer Sultan-Ahmet-Moschee bietet im März Führungen an

Seit 1986 gibt es in der Kirchheimer Lohmühlgasse die Sultan-Ahmet-Moschee. „Leider wissen das nicht viele Christen, wie unsere Befragung im Rahmen der Menschenkette am 30. Januar gezeigt hat“, bedauert das junge Gemeindemitglied Ahmet Gücyeter. Das soll sich jetzt ändern.

Willkommen in der Sultan-Ahmet-Moschee: Junge Muslime aus Kirchheim und Umgebung wollen Schülern, Lehrern und anderen Interessie
Willkommen in der Sultan-Ahmet-Moschee: Junge Muslime aus Kirchheim und Umgebung wollen Schülern, Lehrern und anderen Interessierten zeigen, wie und wo sie ihren Glauben leben.Foto: Daniela Haußmann

Kirchheim. Der 22-Jährige, der in Esslingen Wirtschaftsinformatik studiert, ist Mitbegründer einer Jugendgruppe, die sich vor einigen Wochen gebildet hat. Er und sechs weitere Mitstreiter wollen frischen Wind in die Einrichtung bringen. „Wir wollen uns stärker öffnen und Christen einladen, die Moschee zu besuchen“, erklärt Gücyeter. Seit geraumer Zeit findet in der Lohmühlgasse 16 ein Generationenwechsel statt. Der Vorstand hat sich verjüngt, Jugendliche und junge Erwachsene bringen sich stärker ein. Es findet ein Wandel statt, der mit dem Wunsch nach mehr Sichtbarkeit, Transparenz, gesellschaftlicher Verortung und Akzeptanz einhergeht.

„Lange glaubten unsere Angehörigen und insbesondere die Gastarbeitergeneration an eine Rückkehr ins Herkunftsland“, berichtet Merve Aydin. „Viele meiner Generation sind in Deutschland oder Kirchheim geboren und aufgewachsen. Hier ist unsere Heimat. Unsere Bedürfnisse sind daher andere.“ Das zieht zwangsläufig einen Wandel nach sich, der auch im Gemeinschaftsleben der Sultan-Ahmet-Camii spürbar wird, wie die 23-Jährige erklärt, die in Nürtingen internationales Finanzmanagement studiert. Kübra Kisa, die in Tübingen islamische Theologie studiert, pflichtet ihr bei. Die 22-Jährige wurde in Kirchheim geboren, wuchs in Bissingen auf, hat einen deutschen Pass und spricht fließend schwäbisch. Sie ist eine Deutsche muslimischer Konfession. Für Kübra Kisa und andere Muslime eine Selbstverständlichkeit. Und genau diese Selbstverständlichkeit wollen sie in Kirchheim und Umgebung nach außen tragen.

Als Vertreter der Jugendgruppe der Sultan-Ahmet-Moschee haben sie sich zum Ziel gesetzt, vor allem Schulklassen aus Kirchheim und den umliegenden Gemeinden in die Moschee einzuladen. Sie wollen zeigen und erklären, was eine Moschee ist, wie Muslime in Kirchheim und Umgebung ihren Glauben leben, wie sie den Koran verstehen, welche Feste es im Islam gibt, wo ihr Ursprung liegt, welche Bedeutung sie für die Gläubigen haben und wie sie gefeiert werden. „Mit den Moschee-Führungen sollen vor allem die Klassenstufen fünf bis zwölf angesprochen werden“, sagt Ahmet Gücyeter. „Wir wollen dabei auch auf alle Fragen eingehen. Zum Beispiel auf jene, warum muslimische Frauen ein Kopftuch tragen, warum Muslime fünfmal am Tag beten oder warum sie sich vor dem Gebet waschen.“

Starten sollen die ersten Führungen im März. Deshalb wollen die sieben Mitglieder der Jugendgruppe jetzt den persönlichen Kontakt zu den Schulen suchen. „Wir wollen vor allem im März Führungen machen, weil wir in dieser Zeit Semesterferien haben und deshalb zeitlich flexibel sind“, sagt Lütfi Akdeniz, der in Esslingen Automobilwirtschaft studiert. Der 22-Jährige betont, dass auch Grundschulklassen herzlich willkommen sind. „Natürlich können sich gerne auch Erwachsene an uns wenden, die mit einer Gruppe zu uns kommen möchten“, betont Kübra Kisa. „Und es sind selbstverständlich auch Termine unabhängig vom März und den Semesterferien möglich.“

Den Mitgliedern der Jugendgruppe ist es wichtig, über die Begegnungen bei den Führungen persönliche Kontakte zu schaffen und den Dialog zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu stärken und weiter auszubauen. „Wir wollen, dass man sich kennenlernt und mehr übereinander erfährt“, so Kisa. Bei den Führungen wird laut Merve Aydin auch schnell deutlich, dass eine Moschee mehr ist als eine Gebetsstätte. „Es ist ein Kulturzentrum“, sagt sie. „Ein Treffpunkt, ein Ort des Lernens und der Integration.“ Denn letzten Endes ist die Sultan-Ahmet-Moschee insbesondere für Asylbewerber nicht nur eine Anlaufstelle, um ihren Glauben zu praktizieren. Hier erhalten sie auch Antworten auf viele Fragen, die bei der Ankunft in der neuen Gesellschaft auftreten, wie Ahmet Gücyeter berichtet.

Darüber hinaus gibt es in der Lohmühlgasse 16 eine Hausaufgabenhilfe für Schüler muslimischen Glaubens, die von Studenten betreut wird. „Seit Neuestem gibt es sogar einen Pilates-Kurs für Frauen“, erzählt ­Merve Aydin. „Wir haben eine Bibliothek, und in regelmäßigen Abständen werden Vorträge zu verschiedensten Themen angeboten, zu denen auch Nicht-Muslime kommen können, denn viele Vorträge finden in deutscher Sprache statt.“ Die 23-Jährige ist deshalb überzeugt, dass es für Schulklassen und interessierte Erwachsenengruppen in der Sultan-Ahmet-Camii viel Interessantes, Neues und Unerwartetes zu entdecken gibt. Sie freut sich schon jetzt auf die Fragen von neugierigen Besuchern, die sich unter der E-Mail-Adresse besichtigung@ditib-kirchheim.de anmelden können.