Lokales

Kämpfen gegen Krebs

Onkologischer Schwerpunkt (OSP) und Brückenpflege bewähren sich

Jedes Jahr erhalten im Landkreis Esslingen rund 2 500 Menschen die Diagnose einer Tumorerkrankung. Durch den Onkologischen Schwerpunkt (OSP) hat sich ihre Behandlung und Versorgung seit 2012 verbessert. Vor etwa einem Jahr kam die Brückenpflege hinzu, nun will sich der OSP für weitere Mitwirkende öffnen.

Kreis Esslingen. Am langen Tisch im Echterdinger Parkhotel sitzen beim Pressetermin viele Ärzte, Geschäftsführer und Koordinatoren. Denn der OSP ist ein Projekt des Klinikums Esslingen, der Kreiskliniken Esslingen mit den Standorten Nürtingen und Ruit, der Filderklinik und der Onkologischen Schwerpunktpraxis Wendlingen Dr. Kamp & Dr. Eckert.

An den vielen Mitwirkenden und Standorten liegt es, dass der Esslinger OSP der jüngste in Baden-Württemberg ist. Dafür ist er für die Patienten besonders wertvoll: Er sorgt dafür, dass an allen Standorten gleiche Standards gelten. „Ziel ist die heimatnahe Versorgung“, sagt Swen Weßendorf, Ärztlicher Koordinator des als Verein organisierten OSP Esslingen. Die Ärzte halten per Videokonferenz Kontakt, es gibt gemeinsame Fortbildungen und Arbeitsgemeinschaften. Wenn bei komplexen Fällen die nötige Leistung in einer Klinik am besten angeboten wird, vermitteln die Ärzte einen Patienten innerhalb des Landkreises weiter, in ganz seltenen Fällen auch zu Kliniken außerhalb, etwa in Tübingen oder Ulm.

Die niedergelassenen Ärzte arbeiten auf Augenhöhe mit. Dass ein Patient aus der Klinik kommt und der niedergelassene Arzt eine ganz andere Vorstellung von seiner Therapie hat, das gibt es im OSP Esslingen nicht. „Wer kann mit welchen Mitteln am besten helfen, in welcher Reihenfolge?“, so beschreibt der Arzt Robert Eckert von der onkologischen Schwerpunktpraxis in Wendlingen die wichtigste diskutierte Frage. „Die Absprache ist ein großer Fortschritt“, lobt er.

Die Klinikaufenthalte sind auch bei einer Chemotherapie viel kürzer geworden. Professor Michael Geißler, Ärztlicher Vorstand des OSP Esslingen, begrüßt das: „Es ist ganz wichtig, dass der Patient wieder zu Hause in seinem Bett schlafen kann.“ Doch Weßendorf beschreibt auch Nachteile: „In der Zeit ist nicht mehr alles zu machen, auf den Patienten prasseln unheimlich viele Informationen ein.“ Mancher Patient war zu Hause überfordert und wurde deshalb wieder in die Klinik eingewiesen, anderen blieb als einzige Möglichkeit der Anruf beim Notarzt.

Deshalb gibt es nun an allen OSP-Standorten die Brückenpflege „Stella Care“. Sie wird von Beate Haensel von Esslingen aus koordiniert. Zehn Mitarbeiter mit zweijähriger Zusatzqualifikation sind mit ihren kleinen weißen Autos unterwegs, betreuen die Patienten zu Hause und bieten eine Rund-um-die-Uhr-Rufbereitschaft. Der Erstkontakt findet schon in der Klinik statt: Die Beratung kommt zum Patienten, nicht umgekehrt. Die Mitarbeiter arbeiten jeweils in Teilzeit als Krankenpfleger in der Klinik und in der Brückenpflege. So kennen sie manchen zu Hause Betreuten schon und sorgen zugleich für Rückmeldungen an die Klinik.

Die Brückenpflege ist nicht so eng getaktet wie andere häusliche Pflegetätigkeiten. „Wir können uns die Zeit nehmen, die wir brauchen“, sagt Weßendorf. Dafür ist er den Kostenträgern, also den Krankenkassen, dankbar. Neben Aufgaben wie der Symptomkontrolle und der Beratung im Umgang mit Infusionen oder Drainagen gehört zur Brückenpflege auch die psychosoziale Begleitung. Alle Leistungen sind für die Patienten kostenlos.

„Wer schon mal versorgt wurde, schätzt das sehr“, sagt Bernd Sieber, geschäftsführender Vorstand des OSP Esslingen. Die kreisweiten Strukturen sind geschaffen und haben sich in rund drei Jahren bewährt, die Patientenzahlen sind gestiegen, große Veränderungen stehen derzeit nicht an. Doch will sich der OSP-Verein aktuell weiter öffnen: Hospizdienste, Fachärzte und Hausärzte und andere Partner sind in Arbeitsgruppen und bei Veranstaltungen willkommen.