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Kaiserliches Kirchheimer Kleinod auf Reisen

Der Widerholt-Pokal, der einstmals Maximilian I. gehörte, ist noch bis zum 6. Januar in der Wiener Albertina ausgestellt

Ausstellungseröffnung Kornhaus EG, Konrad Widerholts Erbstück, der Prunk- und Reisepokal Kaiser Maximilians I von 1510
Ausstellungseröffnung Kornhaus EG, Konrad Widerholts Erbstück, der Prunk- und Reisepokal Kaiser Maximilians I von 1510

Kirchheim. Kirchheims Museumsleiter Rainer Laskowski ist stolz auf sein prominentestes Ausstellungsstück: auf den „Widerholt-Pokal“, dem er im Sommer 2011 eine eigene Ausstellung im Kornhauskeller gewidmet hatte. Außerhalb Kirchheims ist der Pokal ebenfalls schon häufig zu sehen gewesen – und zwar in den renommiertesten Museen des In- und Auslands. Höhepunkt für Rainer Laskowski war eine Ausstellung im New Yorker Metro­politan Museum of Art, wo der Kirchheimer Pokal 1986 zu sehen war. Wenn der derzeitige Ausstellungsort auch nicht ganz so weit entfernt ist, so kann er sich doch sehen lassen im Club der höchstrangigen Kunstmuseen auf der Welt: Der Widerholt-Pokal glänzt in der aktuellen Ausstellung „Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit“, die noch bis 6. Januar in der Wiener Albertina zu sehen ist.

Im umfangreichen Ausstellungskatalog steht als einer von 29 Leihgebern auch „Städtisches Museum Kirchheim unter Teck“. Rainer Laskowski hat sich bei der Ausstellungseröffnung persönlich von der guten Platzierung „seines“ Pokals in den Kellerräumen der Albertina überzeugt. Besonders gut gefällt es ihm, dass das Kirchheimer Prunkstück eines von wenigen dreidimensionalen Exponaten ist und dass es auch in der Einladung zur Eröffnung eine wichtige Rolle spielt. Letzteres gilt auch für die Maximilian-Ausstellung im Internet-Auftritt der Albertina.

Im Vorfeld hatte Rainer Laskowski bereits Christoph Metzger von der Albertina beraten, damit dieser den Pokal auch im Katalog gebührend beschreiben konnte. Wie wurde so ein Gefäß genutzt? Christoph Metzger schreibt dazu: „Die Darbietung eines solchen Kleinods an höchste Gäste und Würdenträger, und zwar in aller Regel statt mit Hochprozentigem mit Barem gefüllt, gehörte zum festen Ritual reichsstädtischer Repräsentation.“ Eine der bedeutendsten Freien Reichsstädte war Augsburg, und dort dürfte Maximilian I. beim Reichstag 1510 den heutigen Wider­holt-Pokal dediziert bekommen haben.

Christoph Metzger klärt die Leser des Katalogs weiter auf: „Seinen eigentümlichen Namen hat der Pokal von dem württembergischen Obristen Conrad Widerholt von und zu Neidlingen (1598 – 1667), der als Obervogt in Kirchheim unter Teck seiner Heimatstadt das kostbare Stück als fortan unveräußerlichen Besitz vermachte. Das kaiserliche Wappen und die Datierung des Gefäßes belegen aber, dass sein erster Besitzer Maximilian  I. gewesen ist, der den Pokal wahrscheinlich als ein wie oben erwähntes Ehrengeschenk erhalten hat.“

Die genaue Herkunft des Pokals ist nicht gesichert. Sicher ist aber, dass das erwähnte kaiserliche Wappen normalerweise durch ein zusätzlich angebrachtes Plättchen überdeckt wird, auf dem die Buchstaben „CW  VVZN“ zu lesen sind, die eben für „Conrad Widerholt von vnd zu Neidlingen“ stehen. Da sich dieses Plättchen abnehmen lässt, kommt darunter noch das ursprüngliche Wappen zum Vorschein, das auf Kaiser Maximilian I. verweist – zumal auf der Rückseite noch die Jahresangabe 1510 zu lesen ist.

Ob Maximilian den Pokal von der Reichsstadt Augsburg erhielt oder aber direkt von Jakob Fugger, bleibt ebenso dahingestellt wie die Frage, wann und wie Konrad Widerholt in den Besitz des Pokals gelangte. Denkbar ist, dass es sich um ein Beutestück handelt, das der damalige Kommandant des Hohentwiel von einem seiner kriegerischen Streifzüge im Umland mitbrachte.

Aber zurück zu Kaiser Maximilian, dem die Ausstellung in der Albertina schließlich gewidmet ist. Bindeglieder zwischen ihm und Albrecht Dürer gibt es viele, und selbst der Pokal könnte eines davon sein. Außer in Augsburg wurden solche Pokale auch in Nürnberg hergestellt, und es gibt sogar Entwürfe von Dürer zu vergleichbaren Arbeiten. Was aber Maximilian betrifft, so gibt es außer dem Kirchheimer Pokal nur noch einen einzigen, der ebenfalls eindeutig dem „letzten Ritter“ zuzuordnen ist.

Dieser Pokal aus dem Innsbrucker Schloss Ambras ist in der Albertina natürlich auch ausgestellt. Das absolute Glanzstück und der Grund für die Ausstellung ist allerdings der frisch restaurierte „Triumphzug Kaiser Maximilians“. Der Bilderfries, der ursprünglich einmal über 100 Meter lang war, ist inzwischen – ähnlich wie der Widerholt-Pokal – 500 Jahre alt.

Der Triumphzug ist ein wichtiger Bestandteil von Maximilians Selbstinszenierung. Weitere Bestandteile sind die Genealogien, die sich der Habsburger erstellen ließ. Die „Fürstliche Chronik“ Jakob Mennels etwa, die ebenfalls zur aktuellen Ausstellung gehört, liegt normalerweise nicht allzu weit entfernt von der Albertina: in der Österreichischen Nationalbibliothek, deren Hauptgebäude genau wie die Albertina zum Hofburgkomplex gehört.

In einem Collectaneen-Band, der zur „Fürstlichen Chronik“ gehört und der sich gleichfalls in der Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befindet, ist noch ein weiterer Bezug zu Kirchheim respektive zur Teck enthalten: die „Genealogia Dominorum de Teck“, die der Historiker Rolf Götz als „die erste nicht-urkundliche Quelle zur Familiengeschichte der Herzöge von Teck“ bezeichnet. Spannend wäre es für Kirchheim, wenn diese Handschrift einmal den umgekehrten Weg gehen könnte wie derzeit der Widerholt-Pokal: von der Wiener Hofburg ins Kirchheimer Kornhaus.