Lokales

Kirchheims „gigantische Entwicklung“

Nachtragshaushalt für 2012 fällt äußerst positiv aus – Neuverschuldung ist nicht vorgesehen

Der Nachtragshaushalt für 2012 hat sich im Kirchheimer Finanz- und Verwaltungsausschuss zu einer kleinen Haushaltsdebatte entwickelt. Das Zahlenwerk sieht aber mehr als erfreulich aus: Die Stadt Kirchheim kann weiterhin Schulden abbauen.

Rathaus  und Kirche Jesingen
Rathaus und Kirche Jesingen

Kirchheim. Im Haushaltsjahr 2011 sei es gelungen, sagte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die Deckungslücke in Höhe von 10,7 Millionen Euro vollständig durch Mehreinnahmen zu schließen, anstatt – wie ursprünglich vorgesehen – durch Entnahmen aus der Rücklage, aus dem Kirchheim-unter-Teck-Fonds sowie aus dem Stammkapital der Stadtwerke. Ähnlich sieht es beim Haushaltsjahr 2012 aus, das gänzlich ohne neue Schulden auskommt. Bei der Einbringung des Doppelhaushalts 2011/2012 war noch eine negative Zuführungsrate von 866 000 Euro vorgesehen. Die aktualisierte Planung geht mittlerweile sogar von einer positiven Rate in Höhe von 3,56 Millionen Euro aus.

Kurz ging die Oberbürgermeisterin auf einige Investitionen für 2012 ein. Neu ist eine Umbauplanung für das Jesinger Rathaus, für das bisher ein Neubau vorgesehen war. Auch die Zukunft des Haldenkindergartens in Ötlingen sei gesichert. Der schrittweise Neubau ist angedacht. Zwei weitere geplante Investitionen gehen dagegen in eine Art Warteschleife, bis endgültig entschieden ist, was daraus werden soll. Die eine Investition betrifft das Sportvereinszentrum und den Sportpark beim Stadion, die andere den Kreisverkehr an der alten „Krone“. Die Gelder, die dafür im Haushaltsplan 2012 vorgesehen sind, werden mit einem Sperrvermerk versehen.

Der Schuldenstand im Kämmereihaushalt der Stadt Kirchheim entwickelt sich vorerst erfreulich. Er soll bis Ende 2012 noch bei 6,9 Millionen Euro liegen und bis Ende 2013 sogar auf 6,2 Millionen Euro sinken. Angelika Matt-Heidecker erinnerte an ein Szenario, das vor nicht allzu langer Zeit einmal 39,8 Millionen Euro Schulden für Ende 2012 vorhergesagt hatte. Dann stellte sie jedoch ein ganz ähnliches Szenario vor: Die mittlere Finanzplanung weist nämlich für Ende 2015 einen Schuldenstand von 23,6 Millionen Euro aus. Die Schwerpunkte der Investitionen sollen bis 2015 auf Schulen und Hallen sowie auf Straßensanierungen liegen.

Stadtkämmerer Herbert Sedlaczek-Kohl sagte, dass das Gewerbesteueraufkommen in Kirchheim 2011 mit 17,8 Millionen Euro einen neuen Spitzenwert erreicht habe. Auch für 2012 plant die Stadtverwaltung mittlerweile mit 15,3 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen – zwei Millionen mehr, als im Doppelhaushalt ursprünglich vorgesehen. Das gute Ergebnis des Haushaltsjahrs 2011 sei aber nicht nur auf die Gewerbesteuer zurückzuführen. Auch höhere Grundstückserlöse hätten dazu beigetragen. Zur Finanzplanung bis 2015 sagte der Kämmerer, dass darin ab 2013 Baumaßnahmen in Höhe von 39,4 Millionen Euro vorgesehen sind. In Schulen und Hallen sollen 20,3 Millionen Euro investiert werden, in den Straßenbau 11,8 Millionen Euro.

Jesingens Ortsvorsteher Michael Möslang verteidigte sich anschließend gegen den möglichen Vorwurf, Jesingen wolle die positive finanzielle Situation für die Rathaussanierung ausnutzen. Es habe sich lediglich eine neue Situation ergeben. Für das Gebäude sei mittlerweile das Baujahr 1577 nachgewiesen. Sanierungszuschüsse würden in größeren Mengen fließen als Zuschüsse für einen Neubau, und außerdem sei jetzt eine zusätzliche Nutzung gefunden: Außer als Verwaltungsstelle soll das Jesinger Rathaus nach der Sanierung als Jugendtreff dienen, aber auch für die Seniorenarbeit Möglichkeiten bieten.

Stadtrat Andreas Kenner (SPD) freute sich, dass die Haushaltszahlen besser ausfielen als ursprünglich gedacht. Dennoch empfand er es als störend, dass der Gemeinderat über das Haushaltsjahr 2012 nicht so diskutieren konnte, wie das sonst der Fall gewesen wäre: „Deshalb bin ich nicht dafür, noch einmal einen Doppelhaushalt zu machen.“ Ganz ähnlich sah das Michael Holz von den Grünen: „Wir hätten den Haushalt für 2012 gerne mitgeplant.“ Abgesehen davon aber zeigte er sich begeistert von der „gigantischen Entwicklung“ der Kirchheimer Finanzen bis 2013.

Stefan Hägele (CDU) lobte ebenfalls die erfreuliche Situation, gab aber zu bedenken, dass bis 2015 mehr Schulden auf- als abgebaut werden. Er schlug daher vor, zu überprüfen, welche Investitionen sich vielleicht noch schieben lassen. Dr. Silvia Oberhauser, die Fraktionsvorsitzende der Frauenliste, nannte die Sanierung der Teck-Realschule und der Konrad-Widerholt-Schule als wichtige Aufgaben, die nicht noch weiter geschoben werden sollten: „Für Schulen und Hallen bin ich auch bereit, eine höhere Pro-Kopf-Verschuldung zu haben.“ Hagen Zweifel, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, fand es wichtig, auch weiterhin vorsichtig zu agieren. Es sei besser, erst einmal Zahlen im Haushalt einzubringen, die sich hinterher positiver entwickeln, als Geld zu verplanen, dass hinterher gar nicht da ist.

Bernhard Most, der Vorsitzende der FDP/KiBü-Fraktion, brachte einen ganz neuen Gesichtspunkt: „Es ist sicher gut, den Schuldenstand zu senken. Aber wenn es irgendwann einen Geldschnitt geben sollte, wären wir mit einem hohen Schuldenstand besser beraten.“ Mit dem Nachtragshaushalt für 2012 hatte er kein Problem: „Die Ziele des Gemeinderats für den Haushalt 2011/2012 sind nicht geändert und auch nicht gefährdet. Der Nachtragshaushalt ist jetzt so was wie ein Finanzzwischenbericht.“ Katja Seybold (CIK) bat zum Thema Doppelhaushalt um einen Bericht der Verwaltung. Dabei solle es darum gehen, das Einsparpotenzial durch den Doppelhaushalt zu beziffern.

Bevor der Ausschuss den Nachtragshaushalt einstimmig zur Beschlussempfehlung für den Gemeinderat erhob, ging die Oberbürgermeisterin noch auf die Kritik am Doppelhaushalt ein: „Viele Entscheidungen des Gemeinderats gab es schon im Blick auf den Nachtragshaushalt 2012. Er ist also kein Diktat der Verwaltung.“