Lokales

Scheufelen stutzt Wahrzeichen

Papierfabrik saniert 96 Meter hohen Kamin – Erster Stahlbeton-Schornstein im Land

Imposant mit seinen 96 Metern Höhe und über das Tal hinaus ein Wahrzeichen ist der historische Fabrikschlot der Papierfabrik Scheufelen. Das Stuttgarter Ingenieurbüro Wyass und Freytag wurde 1934 mit der Planung und Errichtung des Bauwerkes beauftragt. Mittlerweile ist es in die Jahre gekommen. Es wird saniert und die Spitze gekappt.

15 Meter kürzer ist der 96 Meter hohe Schlot der Papierfabrik Scheufelen nach der Sanierung.Foto: Jean-Luc Jacques
15 Meter kürzer ist der 96 Meter hohe Schlot der Papierfabrik Scheufelen nach der Sanierung.Foto: Jean-Luc Jacques

Lenningen. Aus welcher Richtung man auch ins Lenninger Tal fährt, der 1935 erbaute Kamin ist von Weitem sichtbar, als Wahrzeichen anerkannt und eng mit der Bevölkerung verbunden. Brachte doch die Gründung der Papierfabrik im Jahre 1855 die notwendige Arbeit und den erhofften Wohlstand in das enge Lenninger Tal. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte Scheufelen auf technische Innovationen und investierte umfangreich in die Infrastruktur in der Region. Dazu zählen die Anbindung an das Eisenbahnnetz, die Nutzung der Wasserkraft und der Anschluss ans Telefonnetz. Rauchende Kamine waren früher ein Synonym für Wohlstand und Fortschritt. Heute stehen umweltentlastende Energien im Vordergrund. Das alte Kraftwerk wurde mit Steinkohle befeuert. Das begründet die enormen Ausmaße des Kamins, denn mit der Ausweitung der Produktion wuchs auch der Bedarf an Energie. Deshalb wurde der Kamin analog zum steigenden Energiebedarf in Schritten ausgebaut und erreichte zuletzt seine Höhe von 96 Metern. Er gehört zur ersten Generation von frei stehenden Stahlbeton-Schornsteinen und war der Erste dieser Art in Baden-Württemberg. Zur Herstellung des Schornsteins wurde eine neue Bautechnik, die der Kletterschalung mit nach oben verjüngenden, horizontalen Absätzen, realisiert. Den hohen Anforderungen entsprechend besteht der Kamin aus einer äußeren Stahlbetonhülle und innen aus einer Ziegelsteintrommel.

Schon in den 70er-Jahren stellte Scheufelen das Kraftwerk auf den schadstoffarmen Brennstoff Erdgas um. 1999 wurde dann der mächtige Kamin durch die Inbetriebnahme eines modernen Gaskraftwerks mit neuem Kamin endgültig außer Betrieb genommen.

Wind und Wetter haben Spuren am Wahrzeichen hinterlassen. Weil der Kamin zuletzt unbeheizt allen Wetterlagen ausgesetzt war, wurde eine Sanierung erforderlich. Während im unteren Teil des Schlots die Arbeiten wirtschaftlich vertretbar durchzuführen sind, ist laut Scheufelen aus Sicherheitsgründen im oberen Bereich eine Kürzung nötig. Stein für Stein wird der Kamin etwa 15 Meter abgetragen. „Wir setzen alles daran, das Industrie-Wahrzeichen zu bewahren. Auch wenn von 96 Metern die Spitze gekappt wird, verbleiben noch stolze 81 Meter“, sagt der Projektverantwortliche der Papierfabrik, Daniel Scheurle.hir