Lokales

Staatsanwälte zurückgepfiffen

Ankläger nahmen Revisionen zurück – Musiknacht-Urteile rechtskräftig

Das letzte Wort im Nürtinger Musiknacht-Prozess fiel jetzt kurz vor Weihnachten bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Ankläger nahmen gestern die Revisionen gegen die verurteilten neun jungen Kurden zurück. Damit bleibt es bei ­Körperverletzung.

Nürtingen/Stuttgart. Das Weihnachtsgeschenk der juristischen Art bekamen jetzt neun junge kurdische Männer aus dem Raum Stuttgart von der Staatsanwaltschaft serviert: Sie waren im März dieses Jahres von der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts im Zusammenhang der Geschehnisse vom 9. Mai 2010 in der „Nürtinger Musiknacht“ wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch zu jeweils zweidreiviertel Jahren Haft verdonnert worden. Eine Verurteilung wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes vor allem am damaligen Wirt des türkischen Lokals in der Nürtinger Bahnhofstraße hatten die Richter sehr zum Leidwesen des Staatsanwalts abgelehnt (wir berichteten).

Bei dem Angriff der neun Beschuldigten in der Nacht zum 9. Mai waren neben dem Nürtinger Gastwirt selbst auch zahlreiche Gäste des Lokals durch Schläge und Tritte sowie Würfe mit Flaschen und Steinen teils schwer verletzt worden. Dies war auch der Grund, warum die Staatsanwaltschaft auf eine Verurteilung wegen versuchten Mordes pochte. Gegen das ihrer Meinung nach sehr milde Urteil der Schwurgerichtskammer

hatten die Ankläger damals sofort Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt, mit dem Ziel einer neuen Verhandlung und höheren Strafen.

Dem schob nun allerdings die Stuttgarter Generalstaatsanwaltschaft einen Riegel vor. Die Staatsanwälte wurden mit ihrer Revision zurückgepfiffen. Man habe festgestellt, dass eine Zurückverweisung des Falles durch die obersten Karlsruher Bundesrichter womöglich wegen Verfahrensmängel recht wenig Aussicht auf Erfolg habe, heißt es in der Feststellung der Generalstaatsanwaltschaft, die sich damit auch den ersten Einschätzungen des Strafsenats des Bundesgerichtshof anschloss. Dort lagerte der Revisionsfall seit nunmehr acht Monaten. Aufgrund dieser Einschätzung warf die Staatsanwaltschaft Stuttgart schließlich das Handtuch und nahm die eingelegte Revision zurück.

Damit sind die Urteile gegen die neun jungen kurdischen Männer rechtskräftig. Einige von ihnen haben einen Großteil der Strafen bereits abgesessen und sind wieder auf freiem Fuß. Die Verurteilung des 34-jährigen Kronzeugen und abtrünnigen PKK-Aktivist vom 22. Juli dieses Jahres zu 22 Monaten Bewährungsstrafe vor derselben Stuttgarter Schwurgerichtskammer ist hingegen schon damals rechtskräftig geworden. Der Mann, der ebenfalls Kurde ist, war nach der Verurteilung wegen seiner Beteiligung an der Schlägerei wegen Körperverletzung schuldig gesprochen worden, profitierte allerdings durch seine Kronzeugenrolle deutlich im Strafmaß. Er hatte den Ermittlern wertvolle Hinweise zur Struktur der PKK gegeben und ist inzwischen wegen der hohen Gefahr seiner Person mit einer neuen Identität ausgestattet worden.