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Viel mehr als „Hintern putzen“info

Gül Kilic und Philipp Resch werden in Unterlenningen zu Altenpflegefachkräften ausgebildet

Gül Kilic, 20, und Philipp Resch, 19, sind begehrt. Händeringend suchen Pflegeheime Fachkräfte. Die beiden lassen sich zurzeit in Lenningen und Dornstadt zur Altenpflegerin beziehungsweise zum Altenpflegehelfer ausbilden. Beide lieben den nicht immer problemlosen Umgang mit alten, kranken Menschen.

Ein Sonnentag für Jung und Alt: Gül Kilic (2.¿v.¿l.) und Philipp Resch (rechts) mit drei ihrer Schützlinge im Garten des Heims i
Ein Sonnentag für Jung und Alt: Gül Kilic (2.¿v.¿l.) und Philipp Resch (rechts) mit drei ihrer Schützlinge im Garten des Heims im Lenninger Tal.Foto: Jean-Luc Jacques

Lenningen. „Es ist kein einfacher Beruf“, sagt Gül Kilic. Sowohl die Altenpflegeschülerin als auch ihr Kollege, der Altenpflegehelfer Philipp Resch, wissen um die besonderen Anforderungen ihres Dienstes am Menschen. Beide, die Schlierbacherin und der Oberlenninger, sind im HILT, dem Haus im Lenninger Tal der Evangelischen Heimstiftung, tätig.

Das ist kein Nullachtfünfzehn-Job. „Altenpflege ist für mich eine Lebenseinstellung“, sagt Philipp Resch, der nach der Hauptschule als Praktikant in das Altenpflegeheim in Unterlenningen kam. „Zunächst war ich total ahnungslos und hab‘ gedacht, wo bin ich hier? Doch dann hab‘ ich gemerkt, mir gefällt‘s.“

HILT-Heimleiterin Petra Annen gab Philipp Resch den Tipp, sich in der Fritz-Ruoff-Schule in Nürtingen zum Alltagsbetreuer ausbilden zu lassen. Mit dem Schulabschluss hielt er gleichzeitig die beschränkte Realschulreife für Altenpflege in Händen. Im Oktober 2011 startete der 19-Jährige seine Ausbildung zum Altenpflegehelfer am Diakonischen Institut für Soziale Berufe in Dornstadt. Anfang Juli legt er dann die Helferprüfung in Theorie und Praxis ab. Erhält er dabei die Note 2,4 oder besser, so steht einer Altenpflegerausbildung in den folgenden zwei Jahren nichts mehr im Wege.

Gül Kilic ist bereits am Ende dieses Weges angelangt. Sie ist inzwischen im dritten Lehrjahr und absolviert Anfang Juli die praktische Abschlussprüfung im Heim in Unterlenningen, am 16., 17. und 18. Juli folgen die schriftlichen Prüfungen und Ende September das mündliche Examen.

„Ich wollte immer schon entweder Kinderkrankenschwester oder Altenpflegerin werden“, erinnert sich die Schlierbacherin, die ihre Ausbildung im Oktober 2009 begann. Zuvor drückte sie nach der Hauptschule im Berufseinstiegsjahr BEJ im Gesundheitsbereich die Schulbank der Fritz-Ruoff-Schule und praktizierte dabei jeden Donnerstag im Altenpflegeheim im Lenninger Tal. Im Anschluss an das BEJ leistete sie im HILT ein soziales Jahr, um sich danach zur Altenpflegerin ausbilden zu lassen.

„Hier im Heim akzeptiert man das Sterben. Man ist alt und krank und hat gelebt, was man leben musste oder wollte“, weiß Gül Kilic aus ihrer Erfahrung im Gespräch mit den alten Menschen. „Es ist psychisch manchmal nicht einfach, aber man gewöhnt sich mit der Zeit d‘ran.“ Vor allem am Anfang ihrer Ausbildung kostete so manche ungewohnte Pflegesituation die junge Frau Überwindung, und Philipp Resch gesteht: „Da ist ab und zu mal das Mittagessen ausgefallen.“ Doch die Mentorin der beiden Schüler fängt sie in solchen Momenten auf und unterstützt sie. „Wir sind hier ein gutes Team, sozusagen wie eine große Familie“, sagt der 19-jährige Oberlenninger.

Beide wissen, „das Image unseres Berufs in der Öffentlichkeit ist nicht besonders gut“. Die angehende Altenpflegerin und der angehende Altenpflegehelfer bekommen das immer wieder in Gesprächen mit Freundinnen und Freunden zu hören: „Alten Menschen Hintern putzen, das könnte ich nicht.“ Gleichzeitig schwingt auch so etwas wie Respekt in der Aussage mit. Und Unwissenheit. Denn Altenpflege ist so viel mehr als „Hintern putzen“ (siehe unten „Pflege ist vor allem Dienst am Menschen“). Dazu gehört auch medizinisches Wissen, denn die Menschen im Pflegeheim sind nicht nur alt, sondern oft krank und gebrechlich. So leiden zum Beispiel zwei Drittel der Bewohner des Heims im Lenninger Tal an Demenz.

Wie im Gesundheits- und Pflegebereich üblich, arbeiten auch die HILT-Fachkräfte im Schichtbetrieb und haben an Wochenenden Dienst. Gül Kilic: „Wir Schüler sind mit 100 Prozent eingeplant. Im Monat sind das 154 Stunden.“ Die Frühschicht beginnt um 6.45 Uhr und endet um 14.15 Uhr, die Spätschicht übernimmt um 13.45 Uhr und arbeitet bis 21.15 Uhr. Dementsprechend müssen sie ihre Freizeitaktivitäten danach ausrichten, was für das soziale Umfeld, die Familie, Freunde und Bekannte, nicht immer einfach ist. „Wenn ich frei habe, will ich oft meine Ruhe“, erzählt Gül Kilic.

„Unser Beruf ist frauenlastig“, sagt Petra Annen, die das 38-Betten-Haus mit der familiären Atmosphäre seit Juli 2009 leitet. Ihr Stellvertreter, Wohnbereichsleiter Michael Lohrmann, widerspricht dem nicht. Von den 24 Pflegekräften, die sich die rund 14 Stellen aufteilen, sind 21 weiblich. Neun sind ausgebildete Altenpflegerinnen und Altenpfleger, die restlichen 15 sind Altenpflegehelfer und kommen aus anderen Berufen.

 

Die Evangelische Heimstiftung EHS ist Mitglied im Diakonischen Werk und betreut mit 6 800 Beschäftigten fast 10 000 pflege- und hilfebedürftige Menschen. Die EHS ist damit das größte soziale Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Altenpflege in Baden-Württemberg.