Andreas Volz
Bissingen. Der Name ist etwas sperrig, Aber er drückt alles aus, worum es geht: „Projekt zur Berufsorientierung im denkmalgeschützten Schafstall Randeck“. Wer das Gebäude in seinem jetzigen Zustand sieht, wird kaum glauben, dass daraus in den nächsten fünf Jahren ein echtes Schmuckstück entstehen soll, mit einem großen Versammlungsraum im ersten Stock: Der Schutz des Denkmals erscheint nämlich dringend geboten. Wer sich an dem brüchigen Gemäuer auch nur anlehnt, muss befürchten, das Haus dadurch zum Einstürzen zu bringen. Diesen Eindruck zumindest macht der zugige Schafstall optisch.
Die Berufsorientierung wiederum ist eine wichtige Aufgabe der Jugendhilfeeinrichtung an der Ziegelhütte. Was liegt also näher, als die Sanierung des Schafstalls in der unmittelbaren Nachbarschaft gleich zu einem entsprechenden Projekt zu erklären? Aber obwohl die Idee jetzt im Nachhinein als völlig folgerichtig erscheinen mag, bedurfte es langer Vorarbeit. Hendrik van Woudenberg, der Leiter der Ziegelhütte, sprach vor dem „ersten Hammerschlag“ davon, dass sein Kollege Gerd Kälberer erst einmal ihn selbst über lange Zeit hinweg und in vielen Gesprächen von dieser Idee habe überzeugt müssen.
Anschließend war es dann Hendrik van Woudenbergs Aufgabe, weitere Überzeugungsarbeit zu leisten. Bis zum Projektbeginn waren zahlreiche rechtliche Fragen zu klären. So zum Beispiel haben er und Bissingens Bürgermeister Marcel Musolf jetzt einen Erbpachtvertrag unterzeichnet. Die Gemeinde überlässt der Ziegelhütte den Schafstall für die nächsten 90 Jahre – kostenlos.
Weitere Schwierigkeiten im Vorfeld betrafen Fragen des Denkmalschutzes, des Brandschutzes, des Landschaftsschutzes und nicht zuletzt Fragen der Finanzierung. Bei vielen Terminen hat Hendrik van Woudenberg gemeinsam mit seinen Gesprächspartnern – auch mit vielen großzügigen Sponsoren – für fast alle Probleme eine Lösung gefunden. Wichtig ist dabei stets eine gehörige Portion Optimismus, denn zum offiziellen Auftakt fehlte noch die Baugenehmigung. Aber alle rechneten fest damit, dass sie bald eintrifft.
In den nächsten fünf Jahren sollen nun Jugendliche der Ziegelhütte den verschiedensten Handwerkern bei der Sanierung an die Hand gehen und dabei in alle möglichen Handwerksberufe praxisbezogen hineinschnuppern können. Letztlich sollen sich daraus auch Kontakte ergeben, die in Ausbildungsverhältnisse münden können. Am großen künftigen Erfolg des Projekts besteht derzeit also kein berechtigter Zweifel.
Allenfalls die Vergangenheit sperrt sich noch gegen den Projektnamen: Rainer Laskowski, der frühere Kirchheimer Museumsleiter, referierte zum „Hammerschlag“ nämlich über die Geschichte des Schafstalls und klärte die Gäste darüber auf, dass es sich eigentlich um eine herzoglich württembergische Melkerei mit Viehhaus handelt. Mit dem „Vieh“ waren in diesem Fall Rinder gemeint. Es gab sogar eine eigene Art von Rindern in der Umgebung: den „Teckschlag“. Letztmals auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest in Cannstatt präsentiert wurden „Teckschlag“-Rinder im Jahr 1852. Zu diesem Zeitpunkt waren längstens die Schafe in das erweiterte Gebäude eingezogen. Um 1750 bereits endet die Geschichte der Melkerei. Immerhin aber, so stellte es Rainer Laskowski fest, ist das Gebäude wesentlich solider gebaut, als wenn es sich immer nur um einen Schafstall gehandelt hätte.