Lokales

Weg von Öl und Gas

Energieberater Gerd Kicherer erklärt, wie Hausbesitzer erneuerbare Energien nutzen können

Wie kann man als Häuslebauer oder Hausbesitzer erneuerbare Energien nutzen und so zur ­Energiewende beitragen? Was sind die Vor- und Nachteile der verschiedenen Technologien? Wir haben mit Gerd Kicherer von der Energieagentur des Landkreises darüber gesprochen.

Motorsägenlehrgang mit Thomas Lühne, Fachagrarwirt Baumpflege an der Deula
Motorsägenlehrgang mit Thomas Lühne, Fachagrarwirt Baumpflege an der Deula

Antje Dörr

Kreis Esslingen. Wer als Hausbesitzer in Baden-Württemberg seine alte Heizungsanlage austauschen will, muss seinen Wärmebedarf danach zu zehn Prozent aus erneuerbaren Energien wie Solarthermie oder Bioöl decken. So sieht es das Erneuerbare-Wärme-Gesetz des Landes für Altbauten seit Anfang 2010 vor. Für Neubauten gilt ein Bundesgesetz, das einen Anteil von 15 Prozent aus erneuerbaren Energien vorschreibt. Nicht nur deshalb rüsten immer mehr Hausbesitzer auf. „Jeder Privatmann kann zur Energiewende beitragen, indem er Strom spart sowie seine Heizungen austauscht und weggeht von Öl und Gas“, sagt Gerd Kicherer, Berater bei der Energie­agentur im Landkreis Esslingen.

Im Bereich der Wärme- und Warmwassergewinnung gibt es etliche Alternativen, um den Pflichtanteil von zehn beziehungsweise 15 Prozent zu erfüllen. Beliebt ist nach wie vor die Solarthermie, bei der Sonnenkollektoren zur Warmwassergewinnung und für den Betrieb der Heizung installiert werden. „Wenn man Solarthermie zur Warmwasserbereitung nutzt, kann man in diesem Bereich jährlich 60 Prozent der Energiekosten einsparen“, rechnet Kicherer vor. Eine Einschränkung gibt es: Solarthermie lässt sich in der Regel nur dort einsetzen, wo die Warmwasserbereitung zentral erfolgt.

Wer seine Heizung mit Solarthermie unterstützt, könne jährlich circa 20 Prozent der Heizkosten für fossile Brennstoffe wie Öl und Gas einsparen, so Kicherer, bei neueren Bauten, die größere Speichermedien verkrafteten, auch mehr. Solarthermie wird vom Bund nach wie vor mit zinsverbilligten Krediten beziehungsweise Zuschüssen gefördert.

Eine weitere Alternative sind Biogas und Bioöl. Biogas wird hauptsächlich aus vergärten Speiseresten, aber auch aus Energiepflanzen wie Mais, gewonnen, Bioöl ist Heizöl mit einer Beimischung von zehn Prozent Rapsöl. Biogas kann man beim Energieversorger anfordern, wenn gewünscht auch zu 100 Prozent, Bioöl liefert der Heizöllieferant. „Wenn man Bioöl bezieht, hat man damit das Erneuerbare-Wärme-Gesetz des Landes erfüllt“, erklärt Gerd Kicherer. Noch seien die Ressourcen jedoch begrenzt. Einen weiteren Nachteil sieht der Ener­gieberater darin, dass zum Teil Nahrungsmittel verheizt werden. „Das ist kritisch zu sehen.“ Der Bezug von Biogas und Bioöl wird nicht gefördert, der Verbraucher muss den Marktpreis bezahlen.

Immer beliebter wird die Energiegewinnung aus fester Biomasse, zum Beispiel aus Scheitholz oder Holzpellets, die in einer Holzpelletsheizung, einem Kamin oder einem Wärmekessel verbrannt werden. Holzpellets lassen sich wie Heizöl über einen Lieferanten beziehen, Scheitholz gibt es beim Förster oder bei einem Lieferanten. „Bei der Scheitholzverbrennung ist ein Nachteil, dass es in Zukunft Verschärfungen bei den Feinstaubemissionen geben wird“, erklärt Gerd Kicherer. Die Konsequenz: Alte Heizkessel oder Kamine müssen technisch nachgerüstet oder sogar ausgetauscht werden. Einen Vorteil sieht der Energieberater darin, dass Energiegewinnung aus Biomasse CO2-neutral ist, da Holz ein nachwachsender Rohstoff ist. Wer eine Holzpellets-heizung oder einen Wärmekessel einbaut, kann mit Fördergeldern oder verbilligten Krediten vom Bund rechnen.

Wärme sparen lässt sich auch mit dem Einbau von Be- und Entlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Dadurch wird die Abwärme nicht sinnlos in die Umwelt gepustet, sondern gefiltert und anschließend wieder in die Wohnung oder das Haus geleitet. „Wenn man so eine Anlage hat, muss das Heizsystem weniger nachheizen“, erklärt Kicherer den Einspareffekt. Auch für diese Technologie gibt es Fördergelder vom Bund.

Bei der Geothermie wird die Erdwärme in 100 Metern Tiefe genutzt. „Dort ist es etwa zehn bis zwölf Grad warm“, so Gerd Kicherer. Über eine Wärmepumpe wird das Gebäude beheizt. Der Nachteil sind hohe Inves­titionskosten durch die Bohrung und den Einbau der Wärmepumpe. Dafür sind die Betriebskosten hinterher niedrig. Die Geothermie wird vom Bund mit Fördergeldern oder verbilligten Krediten gefördert.

Wer als Privatmann Strom erzeugen will, packt sich eine Fotovoltaikanlage aufs Dach. „Die Einspeisevergütungen gehen zwar weiter runter, aber die Module werden dafür immer günstiger“, sagt Gerd Kicherer. 2008 lag der Höchststand bei unglaublichen 46 Cent pro Kilowattstunde. Aktuell sind es bei Anlagen bis 30 kW noch 28,4 Cent. Zum 1. Juli soll es noch weniger werden. „Der Vorteil ist die immer noch hohe Einspeisevergütung“, sagt Gerd Kicherer. Nachteile seien der schlechte Wirkungsgrad und mangelnder Brandschutz. Viele Anlagen seien noch nicht so ausgerüstet, dass sie sich im Brandfall automatisch abschalteten.

Am günstigsten ist immer noch das Energiesparen. „Wenn man Ener­gie spart und zudem erneuerbare ­Energien nutzt, ist das das Optimum“, sagt Gerd Kicherer, der in der Energieagentur auch Stromsparberatungen anbietet. Wichtig sei beispielsweise, Fenster nicht dauerhaft zu kippen, sondern sie nur ab und zu kurz aufzureißen. Während manche Neubauten zu gut isoliert seien, würden alte Häuser oft „natürlich belüftet“, so Kicherer. Durch neue Wärmedämmung könne man viel Strom sparen. Weitere Stromspartipps: Geräte wie Fernseher und PC immer ganz ausschalten, Stromfresser mit Messgeräten ausfindig machen und eventuell austauschen, Wäsche möglichst im Freien trocknen, kleine Mengen von Hand spülen, Wasser mit dem Wasserkocher vorerwärmen, den Backofen rechtzeitig ausschalten, die Waschmaschine an die Warmwassererhitzung anhängen und beim Kauf von neuen Elektrogeräten auf die Energieeffizienzklasse achten.