Weilheim. So viele Weilheimer Bürger auf einmal haben bisher nur selten den Weg in eine Gemeinderatssitzung gefunden: Fast 100 Zuhörer drängten sich am Dienstag im Ratssaal. So voll es war, so hitzig ging es zu. Immer wieder ging ein Raunen durch die Menge. Bei den Tagesordnungspunkten zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid waren – je nachdem, wer sprach – Applaus, Gelächter, Buh-Rufe und wütende Einwürfe von Mitgliedern der Bürgerinitiative pro Limburghalle zu hören. Am Ende stand die klare Entscheidung, das Bürgerbegehren zwar für unzulässig zu erklären, aber dennoch einen Bürgerentscheid durchzuführen – nun eben auf Initiative des Gemeinderats. Wann dieser Bürgerentscheid stattfindet und wie die genaue Fragestellung lautet, steht noch nicht fest.
Vor allem der erste Teil der Sitzung erinnerte phasenweise an einen Justizthriller. Für die Stadtverwaltung stellte der Heidelberger Verwaltungsjurist Dr. Uwe Lipinski die Kernpunkte des Rechtsgutachtens vor, das er erstellte hatte. Seine ausdrückliche Empfehlung: das Bürgerbegehren der Initiative Limburghalle für unzulässig zu erklären (wir berichteten). Gravierendster Mangel ist aus seiner Sicht die fehlende Begründung auf den Unterschriftenlisten. Dort sei nicht ausgeführt worden, warum die Initiative sich gegen den Beschluss des Gemeinderats vom Dezember wende. Er hatte entschieden, die Limburghalle nicht mehr zu sanieren und stattdessen eine kombinierte Turn- und Festhalle in der Stadtmitte zu bauen
Die Bürgerinitiative ihrerseits hatte an dem Abend Dr. Walter Sigel zu ihren Redner auserkoren. Er ist Direktor des Amtsgerichts in Kirchheim und war von den Limburghallen-Verfechtern nachträglich als Vertrauensperson für das Bürgerbegehren ins Boot geholt worden. Er forderte den Gemeinderat auf, nicht juristischen Winkelzügen zu erliegen, sondern den Dialog zu suchen und das Bürgerbegehren entgegen der Empfehlung für zulässig zu erklären. Er vertrat die Ansicht, jeder Interessierte im Städtle habe ohnehin gewusst, um was es geht. Zudem habe die Initiative den Mangel der fehlenden Begründung durch das Auslegen und Verteilen von Flugblättern geheilt. „Jetzt ist die Frage, ob man fast 25 Prozent der abstimmungsberechtigten Bürger Respekt erweist oder sie abwürgt“, nahm er Bezug auf die Vielzahl an Unterschriften.
Nicht zuletzt kam auch aus den Reihen des Gemeinderats ein Plädoyer: FWV-Stadtrat Friederich Haberstroh, Direktor des Reutlinger Amtsgerichts, war mit einem dicken Gesetzbuch ausgerüstet in der Sitzung erschienen. „Ich sehe das genauso wie Dr. Sigel: Ich kann frei entscheiden, so wie ich es für richtig erachte“, sagte er. Eigentlich habe er das Bürgerbegehren gerne zulassen wollen. „Aber es ist nicht ganz so einfach.“ Mit Zulassung des Bürgerbegehrens verliere der Gemeinderat seine Entscheidungskompetenz. Der Gesetzgeber habe mit dem Begründungserfordernis absichern wollen, dass die genauen Gründe für die Entmachtung schriftlich fixiert sind. „Ich bin sicher, dass jeder der Unterzeichner genau weiß, warum er unterschrieben hat“, so Haberstroh. Einer habe vielleicht keine Halle in der Stadtmitte haben wollen, der andere kein neues Wohngebiet am Helfersbergweg. „Was aber die Begründung derer ist, die es angeleiert haben, lässt sich nicht nachvollziehen“, sagte er und schloss: „Es ist unzulässig, darum werde ich nicht zustimmen.“
Dieser Argumentation folgten alle Gemeinderäte bis auf Karl Mohring (FWV), der Vertrauensperson des Bürgerbegehrens ist. UWV-Stadtrat Bernd Kautter brachte einen weiteren Punkt ins Spiel: „Ich habe den Eindruck, dass viele das Flugblatt nicht gelesen haben“, bezog er sich auf eigene Erfahrungen und Gespräche.
Den Weg für einen Bürgerentscheid frei gemacht hat der Gemeinderat dennoch. Einstimmig folgte das Gremium dem Vorschlag von Bürgermeister Johannes Züfle, das Votum auf die Bürgerschaft zu übertragen. „Das könnte das Ende einer Kontroverse sein, das dann aber auch hoffentlich jeder akzeptiert“, so Züfle. Er verwies trotzdem noch einmal darauf, dass die Gemeinderäte ehrenamtlich Hunderte von Stunden auf das Thema verwendet und nach bestem Wissen entschieden hätten.
„Wir wollen alle das Beste fürs Städtle“, sagte Dr. Hansjörg Egerer (FWV). Ihn störe es sehr, dass zwei verfeindete Lager aufgemacht würden. „Jetzt möchte ich, dass wir die Emotionen rausnehmen und uns an den Fakten orientieren.“
An welchem Termin der Bürgerentscheid stattfindet und wie die genaue Fragestellung lauten soll, entscheidet der Gemeinderat in einer gesonderten Sitzung.