Weilheim und Umgebung

Vom Weinberg in die Flasche

Franz Sziebert und Jochen Pisch erklären, was im Weinkeller passiert

Über das Weinjahr 2015 wird viel diskutiert. Viele sprechen von einem Jahrhundertjahrgang. Doch wie sich der Rebensaft am Ende tatsächlich entwickelt, zeigt sich für Franz Sziebert und Jochen Pisch nach dem Ausbau im Keller. Die Mitglieder des Vereins der Weilheimer Weinbergbesitzer erklären, was nach der Lese im Weinkeller vor sich geht.

Jochen Pisch ist passionierter Hobbywinzer. Um seinen eigenen Rebensaft zu gewinnen, legt er selbst Hand an die Weinpresse. Rech
Jochen Pisch ist passionierter Hobbywinzer. Um seinen eigenen Rebensaft zu gewinnen, legt er selbst Hand an die Weinpresse. Rechts: Die Rotweinmaische ist für Farbe und Aroma wichtig.Fotos: Daniela Haußmann

Weilheim. Die Reben an Limburg und Egelsberg sind abgeerntet. Wer glaubt, dass sich die Winzer nun zurücklehnen können, irrt – denn jetzt beginnt die eigentliche Arbeit, nämlich die Kunst, aus dem frisch gepressten Most Wein zu machen.

Wer zuhause schon einmal eine blaue Beere ausgedrückt hat, weiß, dass ihr Saft klar und hell ist. Rotweine werden laut Franz Sziebert nur deshalb rot, weil die Maische vor dem Pressen mehrere Tage ruht. „Hier wird von der sogenannten Maischestandzeit gesprochen“, erklärt der Hobbywinzer. „Dabei entsteht Alkohol, der aus der Schale Farb- und Gerbstoffe, aber auch Tannine extrahiert.“

Würde der Saft einfach ablaufen und nicht ruhen, würde ein weißer Wein aus roten Trauben entstehen – ein Blanc de Noir. Wird die Maische der blauen Trauben nach dem Entrappen sofort oder nach nur wenigen Stunden Ruhe gepresst, gibt es Roséwein. Lässt man die Maische der blauen Trauben mehrere Tage stehen und presst sie erst dann, so erhält man Rotwein. Bei Weißweinen wird die Maische der weißen Trauben meistens nach dem Entrappen sofort gepresst . „Sie kann aber auch bei dieser Weinsorte einen Tag stehen gelassen werden“, so Franz Sziebert.

Die Flüssigkeit wird beim Pressen von den festen Bestandteilen, den Schalen und Kernen, getrennt. Dann folgt die wichtigste Phase der Weinherstellung: die Gärung. Der im Most enthaltene Zucker soll jetzt laut Jochen Pisch in Alkohol umgewandelt werden. „Das geschieht mit Hilfe von Kleinstlebewesen, den Hefen“, weiß der Hobbywinzer und Chemiker. „Die Trauben bringen zwar natürliche Hefen auf ihrer Schale aus dem Weinberg mit, aber auf die verlassen sich die meisten Winzer nicht.“

Stattdessen geben die beiden Weilheimer Hobbywinzer Reinzuchthefen hinzu, die berechenbarer sind als ihre wilden Kollegen aus dem Wengert, die eine Spontangärung initiieren würden, die aber nur langsam abläuft. Somit besteht das Risiko, dass sich unerwünschte Mikroorganismen wie Bakterien und Schimmel ausbreiten. Reinzuchthefen bringen laut Jochen Pisch auch bei hohem Zuckergehalt die Gärung schnell in Gang und haben eine höhere Alkoholtoleranz. Diese sorgt dafür, dass die Hefe bei hohem Alkoholgehalt weiter arbeitet und den im Jungwein vorhandenen Zucker vollständig vergärt.

Die Hauptgärung dauert dem Chemiker zufolge rund ein bis zwei Wochen. Weißweine werden laut Pisch bei 15 bis 18 Grad vergoren, Rotweine bei über 18 Grad. „Wird es im Gärtank zu heiß, verläuft die Gärung zu heftig, und das entweichende CO2 reißt leichtflüchtige Aromen mit sich“, so Jochen Pisch. „Ist die Temperatur zu niedrig, arbeiten die Hefen zu langsam oder gar nicht mehr.‟ Und das gilt es mit Blick auf das Thermometer zu verhindern.“

Auch nach dieser Phase ist die Temperaturkontrolle wichtig. Rotwein soll oft nach Abschluss der alkoholischen Gärung eine zweite „Gärung“, den biologischen Säureabbau (BSA) durchlaufen. Dabei wird die enthaltene Apfel- in Milchsäure umgewandelt. „Dadurch erhält der Rotwein einen angenehmen und harmonischen Geschmack“, weiß Pisch. „Der BSA gelingt nur bei Temperaturen über 20 Grad.“

Wenn die abgestorbenen Hefen bis Ende Dezember auf den Boden des Gärtanks abgesunken sind, wird ein Abstich gemacht. „Dabei kommt der Wein in ein anderes Fass, das spundvoll sein muss“, wie Franz Sziebert erklärt. „So wird die Hefe vom Wein getrennt.“

Spätestens bei diesem Abstich wird der Weißwein ein erstes Mal geschwefelt. „Die Schwefelung hemmt auch die Enzyme, die Sauerstoff übertragen“, fährt Jochen Pisch fort. „So wird das Wachstum von schädlichen Mikroorganismen unterbunden, oxidationsempfindliche Inhaltsstoffe werden geschützt, und die Entstehung von Fehltönen wird vermieden.“ Vor der Flaschenabfüllung wird der Wein noch ein zweites Mal geschwefelt. Dabei gelten, je nach Art des Weines, verschiedene Grenzwerte, die eingehalten werden müssen.

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