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„A3, B4, C1, D5, E1, F6, G2, H1“

In Holzmaden hat die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF die Wähler befragt

Die Prognose, die das ZDF am Wahlsonntag um 18 Uhr zeigte, enthielt auch Zahlen aus Holzmaden. Im Auftrag der Forschungsgruppe Wahlen ­befragten zwei Helfer knapp zehn Stunden lang die Wähler. Diese waren fast alle willig und oft sehr interessiert.

Gleich haben die Spekulationen ein Ende: Stimmauszählung in Holzmaden.Foto: Peter Dietrich
Gleich haben die Spekulationen ein Ende: Stimmauszählung in Holzmaden.Foto: Peter Dietrich

Holzmaden. „Siehst du, jetzt weißt du auch wie das gemacht wird“, sagte ein soeben über die Befragung aufgeklärter Wähler zu seiner Frau nach Verlassen des Rathauses. Zwar ist um 18 Uhr noch kein einziger Wahlkreis ausgezählt, trotzdem werden in den Medien schon recht genaue Prognosen veröffentlicht.

Für diese Prognose wurde in Holzmaden nach Verlassen des Wahlraums jeder siebte Wähler befragt. In den anderen 159 zufällig ausgewählten Wahlbezirken konnte es, je nach der Zahl der Wahlberechtigten, jeder vierte oder jeder zweite sein. Ein Rhythmus, der laut Anweisung der Forschungsgruppe Wahlen streng einzuhalten war. „Das macht mein Mann für mich“ durfte keinesfalls akzeptiert werden, wenn der Holzmadener soeben als Sechster oder aber Erster das Wahllokal ein paar Zentimeter vor oder hinter seiner Partnerin verlassen hatte. Denn dies würde Verschiebungen in der Statistik bedeuten.

Weil Holzmaden, inklusive Briefwähler, eine Wahlbeteiligung von fast 80 Prozent erreichte, kamen mehr Fragebögen als erwartet zusammen. Ausgefüllt wurden sie natürlich anonym, dann kamen sie in die ZDF-Pappurne. Zu genau festgelegten Zeiten wurde diese geleert. In einem Nebenraum wurden die Fragebögen nummeriert und die Antworten telefonisch nach Mannheim übermittelt: „A3, B4, C1, D5, E1, F6, G2, H1“. Das wäre ein 35 bis 44 Jahre alter Akademiker, der derzeit selbstständig ist, 2006 die CDU und nun die Grünen gewählt hat und kein Gewerkschaftsmitglied ist. In einem Teil der anderen Wahlbezirke setzte die Forschungsgruppe Wahlen eine zweite Version des Fragebogens ein. Sie verzichtete auf den Beruf, fragte stattdessen nach Religionszugehörigkeit und Kirchgang und nach der Wahlmotivation.

Einige Befragte wählten aus und ließen bei manchen der acht Fragen das Kreuzchen weg. Totale Verweigerer gab es in Holzmaden nur wenige, am häufigsten noch bei den älteren Damen. Für die Verweigerer füllten die Befrager trotzdem einen Bogen aus: Er enthielt nur das Geschlecht und die geschätzte Altersstufe. Einzelnen Befragten fehlte die Lesebrille, einmal half Wahlforscher Klaus Fischer mit seiner aus, sie passte.

Manche staunten, dass das ZDF nach Holzmaden kam. Als „faszinierend, dass das so ratz-fatz geht“, empfand ein Wähler die Schnelligkeit der Wahlprognose. Andere fanden die Auskünfte zur Befragung sehr interessant, wünschten „viel Erfolg“ und „viel Spaß noch“ oder empfahlen, das ZDF solle doch in Holzmaden auch mal ins Museum kommen. Das Holzmadener Ergebnis könne wohl kaum repräsentativ sein, kritisierte ein junger Wähler. Zu Recht. Holte doch der im Ort lebende FDP-Kandidat Rainer Stephan satte 27,5 Prozent. Doch bei 160 Wahlbezirken relativiert sich das. Stephan kam selbst zur Wahl ins Rathaus, entging jedoch dem Siebener-Rhythmus und somit der Befragung.

Deren Vorbereitung war mustergültig. Eine zweistündige Schulung ist Voraussetzung, die alle zwei Jahre erneuert werden muss. Namensschilder, Klemmbretter, Kugelschreiber mit ZDF-Logo, ein Erinnerungsblatt zur Zeitumstellung, an alles war gedacht. Fiel ein Befrager kurzfristig aus, standen Springer bereit. Die umfangreichen Unterlagen empfahlen auch warme Kleidung, Klappstuhl und Regenschirm – für den Fall, dass die Befragung draußen vor der Tür durchgeführt werden musste. Dies ist jedoch nur selten der Fall und wäre beim sonntäglichen Regen sehr unangenehm gewesen. Doch von Hauptamtsleiterin Roswitha Haselbeck gab es jede Unterstützung. Sie packte sogar mit an, um den schweren Stehtisch mit Schieferplatte ins Foyer zu bringen.

Mit der Übermittlung der Fragebögen sowie später des Wahlergebnisses ist der Auftrag erledigt, mit Prozentzahlen rechnen müssen die Befrager nicht. Doch die Neugier blieb: Was kommt heraus, wenn man aus den anonymen Fragebögen eine eigene Prognose für Holzmaden erstellt? Sie bezieht sich nur auf die Urnenwähler, die nicht befragten Briefwähler blieben außen vor. Nicht korrekt ausgefüllte Fragebögen werden einfach weggelassen. Das Ergebnis der kleinen Rechnerei: 29 Prozent für die FDP, 26 für die Grünen, 21 für die CDU und 17 für die SPD. Tatsächlich ausgezählt wurden bei den Urnenwählern 27 Prozent für die FDP, 24 für die Grünen, 25 für die CDU und 17 für die SPD. Die Nähe des Ergebnisses zeigt, dass sich der strenge Zählrhythmus lohnt.