Kirchheim. Politiker besuchen eine Schule: Oftmals ist das eine steife Angelegenheit. Beim „Quiz am Schloss“ war das ganz anders. Alle redeten wild durcheinander, und trotzdem gingen alle konzentriert ans Werk – Kandidaten, Lehrer, Schüler. Außerdem haben sich alle für die gleiche Sache interessiert: für die richtigen Antworten auf die kniffligen Quiz-Fragen. Die Herausforderung wurde dadurch verstärkt, dass es weder vorgegebene Antwort-Alternativen noch Joker gab.
Zugegeben: Die Fragen, die der Teckbote gestellt hat, waren schwer. Einige Antworten kann man kennen, wenige davon sollte man kennen und sehr viele davon muss niemand kennen. Aber die Fragen sollten auch gar nicht so sehr irgendwelche Wissenslücken aufdecken. Die Absicht war eher, die Neugier auf bestimmte Themengebiete zu wecken oder auch auf gewisse Kuriositäten hinzuweisen.
Da war etwa die Frage, wie das Pferd des Herzogs von Wellington in der Schlacht bei Waterloo hieß. Das muss wirklich niemand wissen. Aber die richtige Antwort ist doch neckisch: Das Pferd hieß „Copenhagen“. Wie zu erwarten, kannte niemand diese Antwort – die Politiker von CDU, Grünen, SPD und FDP, die eine Gruppe bildeten, so wenig wie die sechs Schülergruppen. Lediglich Kursleiter Manfred Machoczek, der mit Rektorin Lucia Heffner die Lehrerschaft beim Quiz vertrat, hatte erst kürzlich von „Copenhagen“ gelesen, den Namen aber wieder vergessen.
Als nahezu unschlagbar hat sich das Kandidaten-Quartett bei den Themengebieten „Baden-Württemberg“, „Politik“, „Kirchheim“ und „Geschichte“ erwiesen. Federn ließen sie fast nur bei „Kultur“, „Sport“ und „Vermischtes“. Die sechs großen Flüsse, die teilweise die Landesgrenze bilden, zählten sie ebenso fehlerfrei auf wie die zwölf größten Städte im Land. Auch die Zahl der Wahlkreise bei der Landtagswahl und die Anzahl der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg wussten sie exakt. Außerdem bewiesen sie eindrucksvoll, dass man in der Schule langfristig etwas lernen kann: An die Homer-Simpson-Frage und an die richtige Antwort erinnerten sie sich gut – hatten sie bei dieser Frage doch vor fünf Jahren den Sieg verschenkt.
Beim wichtigsten landespolitischen Thema – Bildung – offenbarten sie aber Schwächen in der Praxis: Zur aktuellen Pflichtlektüre für das Deutsch-Abitur fiel ihnen kein Buchtitel ein und auch nur einer von drei Autoren: Max Frisch. Trotzdem kommen die Politiker auf beachtliche 79,5 von 100 möglichen Punkten. Dahinter rangieren die Lehrer mit 71,5. Die beste Schülergruppe – Anna, Hanna, Paula und Noel – erreichte 65 Punkte. Damit revanchierten sich die Landtagskandidaten für ihre knappe Niederlage beim ersten Quiz 2011.
Mit welchen Tricks aber lassen sich die Schüler vielleicht doch noch vor die Politiker hieven? Mit dem Hinweis auf die Schwarmintelligenz: Zählt man die Punktwerte zusammen, auf die es die jeweils beste Schülergruppe bei jeder einzelnen Frage gebracht hat, dann haben die Schüler alle gemeinsam mit 83,5 Punkten wieder die Nase vorn.
Besonders gut gepunktet haben die Schüler übrigens mit Zusatzinformationen, mitunter auch mit ihrer Originalität. So wurde kurzerhand der „Hohenreisach“ zu einer der württembergischen Landesfestungen erklärt. Und als deutsche Literatur-Nobelpreisträger wurden Marcel Reich-Ranicki oder Hellmuth Karasek angeboten. Aber auch Erich Kästner wurde genannt. Der zumindest hätte den Preis verdient gehabt.
Insgesamt zeigte das Wissens-Quiz, dass man sich um die Qualität der Schulbildung in Baden-Württemberg keine allzu großen Sorgen machen muss. Es zeigte außerdem, dass so heterogene Gruppen wie Schüler, Lehrer und Politiker gemeinsam viel Spaß haben können. Und noch eins: Dass die vier Parteien, die aktuell im Landtag vertreten sind, gut zusammenarbeiten können – wenn es drauf ankommt. Sie sollten es also ruhig öfter mal drauf ankommen lassen.