Lokalsport

Anpfiff zur zweiten Halbzeit

Jona Schoch erhält bei Frisch Auf eine neue Chance bis 2017 – Zweitliga-Abstiegskampf mit dem TV Neuhausen

Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen vertraut weiter auf das Talent von Jona Schoch. Der 21-Jährige aus Kirchheim hofft nach seiner Vertragsunterzeichnung für die kommende Saison auf den Durchbruch in der ersten Liga.

Die Chance ist da, jetzt gilt es, sie zu nutzen. Jona Schochs Vertrag beim Handball-Bundesligisten Frisch Auf Göppingen geht in
Die Chance ist da, jetzt gilt es, sie zu nutzen. Jona Schochs Vertrag beim Handball-Bundesligisten Frisch Auf Göppingen geht in die Verlängerung. Das Erstspielrecht liegt weiterhin beim TV Neuhausen in der zweiten Liga.Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Die schnellste Verbindung vom Wartesaal in der zweiten Liga zum Handball-Oberhaus führt über Kirchheim und durchs Lenninger Tal. Der Owener Fabian Gutbrod ist hier vor Jahren zugestiegen, der Kirchheimer Jona Schoch macht es ihm jetzt nach. Gutbrod verdient sein Geld inzwischen beim Erstligisten Bergischer HC, Schoch hat im Perspektivkader des Traditionsklubs aus Göppingen vergangene Woche neuen Vertrauensvorschuss erhalten. Der eine warf im Trikot des TSV Owen zum ersten Mal auf ein Handballtor, der andere im Dress des VfL Kirchheim. Beide verbindet eines: die Zeit beim Göppinger Kooperationspartner TV Neuhausen, der in der zweiten Liga zurzeit ums Überleben kämpft.

Abstiegskampf ist eine harte Schule. „Im Moment für mich das wichtigste Ziel“, sagt Jona Schoch. Vom Drittligisten in Herrenberg hat er im Sommer erstaunlich geräuschlos den Anschluss in der zweiten Liga geschafft. Dabei verpasste er in Neuhausen fast die komplette Vorbereitung, weil er mit den DHB-Junioren die Weltmeisterschaft in Brasilien bestritt. Der Lohn: WM-Bronze mit der U21 – einen Tag nach seinem 21. Geburtstag.

Dass der Umgang mit Rückschlägen Teil des Reifeprozesses im Leistungssport ist, hat er im vergangenen Jahr erfahren. Erst sechs Wochen Zwangspause wegen eines Daumenbruchs Ende November im Spiel gegen Henstedt. Als der TVN nach der EM-Pause vor zwei Wochen in die Rückrunde startete, warf ihn eine Grippe erneut zurück. Jetzt meint Jona Schoch: „Ich bin hundertprozentig fit und will wieder angreifen.“ Gerade rechtzeitig, in der zweiten Liga steht am Wochenende ein Doppelspieltag auf dem Programm. Heute Abend empfängt Neuhausen in der Hofbühlhalle den Tabellenvierten Friesenheim. Am Sonntag wartet mit dem TuS Ferndorf ein direkter Konkurrent im Kampf um den Klassenerhalt. Nur zwei Punkte trennen den TVN derzeit von einem Abstiegsplatz. Das Spiel in Ferndorf also kein alltägliches. Schon deshalb, weil die Westfalen erst am Dienstag einen überraschenden Transfercoup verkünden konnten: Dragos Oprea, 15 Jahre lang Identifikationsfigur bei Frisch Auf, unterstützt nach kurzem Gastspiel bei Rekordmeister Kiel den TuS bis Saisonende im Abstiegskampf. Am Sonntag also heißt es: glorreiche Göppinger Vergangenheit gegen womöglich ebensolche Zukunft, zumal mit Neuhausens 22-jährigem Keeper Daniel Rebmann ein weiterer Frisch-Auf-Profi im Wartestand zwischen den Pfosten steht.

Für beide war es eine gute Nachricht, die vergangene Woche öffentlich wurde: Die Göppinger binden die derzeit wohl größten Talente im Südwesten per Zweitspielrecht für ein weiteres Jahr an sich. Für Jona Schoch bedeutet das: Er kann sich weiter um sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Uni in Stuttgart kümmern. Er steckt im dritten Semester – acht sind geplant. Danach wird er sich entscheiden müssen. Ob er sich eine Zeit lang ganz dem Handball widmet oder im Beruf Fuß zu fassen versucht. „Vielleicht auch beides“, sagt Schoch. „Das muss man sehen.“

Vieles wird davon abhängen, ob ihm in Göppingen in den kommenden beiden Jahren der Durchbruch gelingt. Sowohl Neuhausens Trainer Aleksandar Stevic als auch Göppingens Chefcoach Magnus Andersson trauen ihm das zu. Vergangene Saison hat der pfeilschnelle Mann im zentralen Rückraum schon mal eine Duftmarke hinterlassen. Als bei Frisch Auf fast der komplette Rückraum verletzt ausfiel, war Schoch zur Stelle und beeindruckte. Unbekümmert und kaltschnäuzig. Als Newcomer brauchst du solche Chancen, auch wenn er sagt: „Man wünscht ja keinem, dass er sich verletzt.“

Dreimal pro Saison kann Frisch Auf bei Spielüberschneidungen von seinem Zugriffsrecht Gebrauch machen. Der Rest ist Verhandlungssache. So will es der Vertrag. Das Kontingent war nach der Hinrunde bereits erschöpft. In der heißen Phase des Abstiegskampfes setzen die Erms­täler voll auf den 1,92 Meter großen Mittelmann, der als Neuling in der Hinrunde 49 Tore in 15 Spielen beisteuerte.

Seinen Platz beim TVN hat er längst gefunden. Was er derzeit sucht, ist eine Wohnung. Raus aus der Studentenbude in Stuttgart-Vaihingen, zurück in seine Heimatstadt nach Kirchheim. Näher zur Freundin, die in Wendlingen wohnt und vor allem: in die geografische Mitte zwischen beiden Trainingsstätten. Dreimal die Woche trainiert er mit Frisch Auf, das Hauptprogramm läuft drüben im Ermstal. „Kirchheim ist nicht nur von der Lage günstig“, sagt Jona Schoch. „Hier sind meine Freunde. Hier bin ich aufgewachsen.“