Lokalsport

Dritte Halbzeit vor Gericht

VfL muss sich noch mit sechs Ex-Oberliga-Teammitgliedern einigen

Mehr als zwei Monate nach Abmeldung der Oberligamannschaft sind bei den VfL-Fußballern längst noch nicht alle Personalien geklärt. Vier Spieler und zwei Funktionäre, darunter Ex-Trainer Rainer Kraft, gehen juristisch gegen die Kündigung ihrer Verträge vor. Der VfL hofft auf gütliche Einigungen.

Rainer KRAFT (Chef-Trainer VfL Kirchheim Teck) beim Ueberschreiten des RasensFussball, Herren, Oberliga, Baden-Wuerttemberg, 22.
Rainer KRAFT (Chef-Trainer VfL Kirchheim Teck) beim Ueberschreiten des RasensFussball, Herren, Oberliga, Baden-Wuerttemberg, 22. Spieltag, 05.03.2011, Bahlinger SC -VfL Kirchheim/Teck, Saison 2010/2011, Kaiserstuhlstadion Bahlingen, Spielstand 0:2

Kirchheim. Dreiste Abzocke oder berechtigter Anspruch? Die Meinungen über die dritte Halbzeit, die sechs ehemalige Mitglieder des VfL-Oberligateams nach dem Rückzug der Mannschaft Ende Juli vor Gericht anstreben, sind geteilt. Trainer Rainer Kraft, Nach­wuchskoordinator Peter Trefzger sowie die Spieler Nico Kauffmann, Mario Klotz, Michael Kümmerle und Maximilian Laible kämpfen vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigung ihrer Verträge. Bis Ende Oktober stehen bei allen sechs jeweils sogenannte Gütetermine an, bei denen die Rechtslage erörtert und nach einer Lösung, beispielweise per Vergleich, gesucht wird. Scheitert dies, setzt das Gericht einen Kammertermin an, an dessen Ende auf jeden Fall ein Urteilsspruch steht.

Ginge dieser zu Ungunsten des VfL aus, müsste der Verein deutlich mehr Geld zahlen, als man den sechsen an jeweiliger Abfindung angeboten hat. „Der Verein versucht natürlich, Geld zu sparen“, sagt Vorstandsmitglied Gunther Frey, der den Verein auch als Rechtsanwalt vertritt. In dieser Funktion will er sich zu den jeweiligen Verfahren zwar nicht äußern, gibt stattdessen aber seine Einschätzungen als Vorstandsmitglied wieder. „Die Spieler verlangen zu viel Geld, da sie meiner Meinung nach nur Anspruch auf eine Abfindung bis Dezember haben.“ Danach, so Frey, würden die Spieler in der Winterpause sicher bei neuen Vereinen unterkommen, wenn sie wollten. „Bei Fußballspielern gehe ich mal davon aus, dass sie spielen wollen und nicht auf dem Sofa rumsitzen.“

Anders bei Rainer Kraft: Der 49-jährige Fußball-Lehrer hat wohl nur dann Chancen auf einen Trainerjob, wenn ein Kollege irgendwo entlassen würde. „Das wünscht man aber keinem“, betont Kraft, der seinen Lebenslauf aktuell mit einem Fernstudium in Sportökonomie aufpeppt. Für seinen gekündigten, eigentlich bis Juni 2012 laufenden Vertrag will Kraft angeblich 70 000 Euro vom Verein haben. Der VfL soll jedoch nur 40 000 angeboten haben – beides Zahlen aus der Gerüchteküche, die weder Kraft noch Frey kommentieren wollen. Nur einer wagt eine Gesamtprognose: „Das sind alles Dinge, die man gütlich regeln kann“, glaubt VfL-Noch-Geschäftsführer Walter Rau.

So geschehen bei Abwehrspieler Daniel Hentschel, mit dem man sich vergangene Woche beim Gütetermin auf eine Abfindung in nicht genannter Höhe einigte. Einen neuen Verein hat der 21-Jährige jedoch noch nicht.

Ganz im Gegensatz zum Gros seiner einstigen Mannschaftskollegen – 17 der 22 ehemaligen VfL-Vertragsspieler schnüren bereits wieder die Kickstiefel (siehe Infobox), wobei mit Marcel Helber und Timo Schurr zwei Akteure an der Jesinger Allee geblieben sind, um den VfL II in der Bezirksliga zu verstärken.

Erstaunlich viele Ex-Kirchheimer sind entgegen ihrer Befürchtungen bei Oberliga-Clubs untergekommen. Mit Abdul Akin, Benjamin Huber, Mischa Welm (alle Normannia Gmünd), Mike Baradel, Benjamin Barth, Georgi Natsis (alle SSV Reutlingen), Swen Schmeer (SSV Ulm), Julian Schwarz (SV Bonlanden) und ­André Kriks (Stuttgarter Kickers II) spielen immerhin neun ehemalige „Blaue“ nach wie vor fünftklassig. VfL-Eigengewächs Kriks hat bei den Kickers sogar schon Regionalligaluft schnuppern dürfen, dabei in zwei Spielen ein Tor erzielt.

Während vor Gericht aktuell die letzten Scherben des Oberliga-Crashs beseitigt werden, laufen die Zukunftsplanungen innerhalb der Abteilung auf Hochtouren – kein Wunder, schließlich muss bis zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 11. November nicht nur ein Kandidat für den Abteilungsleiterposten gefunden, sondern auch ein neues Konzept auf den Weg gebracht werden. Federführend agieren hier U23-Teammanager Detlef Pflüger, der bei der letzten Versammlung im September als einziger seine Kandidatur in Aussicht gestellt hat, sowie die im Jugendbereich tätigen Aleks Kalic und Sven Flegel.

Von Boll bis Berg: 17 der 22 ehemaligen VfL-Vertragsspieler haben neue Vereine gefunden

Fabian Abramowitz TSV Bad Boll (Landesliga)

Abulsamed Akin Normannia Gmünd (Oberliga)

Mike Baradel SSV Reutlingen (Oberliga)

Benjamin Barth SSV Reutlingen (Oberliga)

Benedikt Deigendesch FC Frickenhausen (Landesliga)

Christopher Eisenhardt FC Frickenhausen (Landesliga)

Marcel Helber VfL Kirchheim II (Bezirksliga)

Daniel Hentschel Abgefunden, jedoch noch ohne neuen Verein

David Hertel TV Echterdingen (Landesliga)

Michael Hofstetter TV Echterdingen (Landesliga)

Benjamin Huber Normannia Gmünd (Oberliga)

Nico Kauffmann Einigung vor dem Arbeitsgericht steht noch aus, Gütetermin bis Ende Oktober

Mario Klotz Einigung vor dem Arbeitsgericht steht noch aus, Gütetermin bis Ende Oktober

André Kriks Stuttgarter Kickers (Regionalliga/Oberliga)

Michael Kümmerle Einigung vor dem Arbeitsgericht steht noch aus, Gütetermin bis Ende Oktober

Maximilian Laible Einigung vor dem Arbeitsgericht steht noch aus, Gütetermin bis Ende Oktober

Steffen Mayer TSV Berg (Landesliga)

Georgi Natsis SSV Reutlingen (Oberliga)

Swen Schmeer SSV Ulm (Oberliga)

Julian Schwarz SV Bonlanden (Oberliga)

Timo Schurr VfL Kirchheim II (Bezirksliga)

Mischa Welm Normannia Gmünd (Oberliga)