Lokales

Ein Haus, das man nie brauchen möge

DRK-Kreisverband will nächstes Jahr in Owen sein neues Katastrophenschutzzentrum bauen

Im Owener Gewerbegebiet Braike soll ein Katastrophenschutzzentrum des DRK-Kreisverbands Nürtingen-Kirchheim entstehen. Das Grundstück dafür haben Ernst und Anita Tscheulin aus Owen gestiftet. Alle Beteiligten freuen sich über diese Lösung – und hoffen zugleich, dass das Zentrum für Katastrophenschutz nach Möglichkeit nie wirklich im Ernstfall benötigt wird.

Katastrophenschutzzentrum
Katastrophenschutzzentrum

Andreas Volz

Owen. Gesucht und gefunden haben sich das Ehepaar Tscheulin und der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes. Die Vermittlerrolle hat Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger übernommen. Ernst und Anita Tscheulin hatten sich schon längere Zeit Gedanken darüber gemacht, wie sie ihren 29 Ar großen Platz in der Braike einmal der Allgemeinheit zur Verfügung stellen könnten. „Der erste Gedanke war so etwas wie ein Pflegeheim oder ein Haus fürs betreute Wohnen“, berichtet die Bürgermeisterin und fügt gleich hinzu, warum das nicht möglich war: „Aus rechtlichen Gründen geht das im Gewerbegebiet nicht.“

Weil sich die beiden Stifter, die seit über 60 Jahren miteinander verheiratet sind, ihrem Grundstück verbunden fühlen, wollten sie es aber nicht einfach gegen ein anderes Grundstück eintauschen, auf dem nach Bebauungsplan eine Einrichtung für Senioren möglich gewesen wäre. So kam es schließlich zum Kontakt mit dem Roten Kreuz und zu dem Gedanken, in der Owener Braike ein Katastrophenschutzzentrum zu errichten.

„Uns freut es sehr, dass so etwas auf unserem Platz da draußen passieren darf“, sagt Ernst Tscheulin. Seine Frau Anita ergänzt: „Und dass es in Owen ist.“ Genauso erfreut sind die beiden über die Pläne, die bereits vorliegen: „Das wird auch optisch etwas sehr Gutes.“ Anschließend spricht Ernst Tscheulin noch etwas besonders Wichtiges aus: „Wir hoffen, dass beim Bau alles gut geht und dass man das Gebäude hinterher möglichst wenig für den Ernstfall braucht.“

Über den denkbaren Ernstfall sowie über das geplante „Ernst-und-Anita-Tscheulin-Haus“ berichtet Ar­chitekt Andreas Schober in seiner Doppelfunktion als Planer sowie als DRK-Kreisbereitschaftsleiter: Fünf Einsatzeinheiten für den Katastrophenschutz gebe es im gesamten Landkreis Esslingen. Eineinhalb dieser Einheiten wiederum seien beim Deutschen Roten Kreuz im Altkreis Nürtingen angesiedelt. Angesichts dieser Struktur freut sich Andreas Schober über „eine tolle Geschichte, die wir hier beginnen“. Owen liege als Standort für das Katastrophenschutzzentrum sehr günstig. „Die Neckartenzlinger haben zwar etwas längere Wege“, aber ansonsten gebe es doch sehr viele Einsatzkräfte beim DRK, die schnell und unkompliziert nach Owen gelangen könnten.

Das Zentrum soll zum einen die speziellen Einsatzfahrzeuge für den Katastrophenschutz an einer zentralen Stelle beherbergen. Geplant ist auch ein Waschplatz für die Autos, sodass die Fahrzeuge nach einem Einsatz gleich an Ort und Stelle wieder auf  Vordermann gebracht werden können. Andererseits kommen Lager für die verschiedensten Materialien hinzu, die im Katastrophenfall benötigt werden – unter anderem zwei Feldküchen. Schulungsräume ergänzen das Raumprogramm. Außerdem soll noch eine Wohnung im „Ernst-und-Anita-Tscheulin-Haus“ entstehen – mit engem Bezug zum Projekt. Konkret heißt das, dass der Mieter so etwas wie die Hausmeistertätigkeiten übernimmt, auf jeden Fall aber in der Nähe ist, um ständig ein Auge auf das Objekt werfen zu können.

Zum ehrgeizigen Zeitplan für das 1,3-Millionen-Euro-Projekt führt Ar­chitekt Schober aus: „Wir stehen in den Startlöchern, um das Baugesuch noch in diesem Jahr einreichen zu können.“ Der Spatenstich solle bereits im ersten Quartal 2015 folgen und das Richtfest im zweiten Quartal. Bereits Ende nächsten Jahres solle sich das Gebäude nutzen lassen. Die Außenanlagen kämen später dran.

Nach denkbaren Katastrophen befragt, bei denen sich das Zentrum als nützlich erweisen könnte, nennt Kreisbereitschaftsleiter Schober Hochwasser, einen großflächigen Stromausfall oder auch mögliche Katastrophen am Flughafen, auf der Autobahn oder an der ICE-Trasse – sei es bei deren Bau oder bei deren späterer Nutzung. Natürlich will auch Andreas Schober diese Katastrophen nicht heraufbeschwören. Aber er will dazu beitragen, dass der Kreis gewappnet ist, sollte einer dieser Ernstfälle jemals doch eintreffen.

Im Vordergrund steht für ihn die Betreuung von Personen, die durch die Katastrophe in eine hilflose Lage geraten. Am Beispiel Stromausfall führt er aus, dass dann im Winter so gut wie keine Heizung mehr funktionieren würde. Außerdem kommen in diesem Szenario wieder die Feldküchen des DRK ins Spiel, die eigentlich gar nicht zum Katastrophenschutz-Pflichtprogramm gehören würden. Aber sowohl die Helfer als auch die Betroffenen müssten im Katastrophenfall etwas zu essen bekommen.

Rolf Siebert, der Vorsitzende des DRK-Kreisverbands Nürtingen-Kirchheim, geht noch näher auf die Finanzierung ein: Der Katastrophenschutz sei eigentlich eine staatliche Aufgabe. Es gebe aber private Organisationen wie das Rote Kreuz, die solche Aufgaben übernehmen. In diesem Fall stelle das Land Baden-Württemberg die Fahrzeuge zur Verfügung. Für die Unterbringung sei allerdings das DRK selbst zuständig. Der Verein sei dafür auf Spenden und Zuwendungen angewiesen.

Besonders erfreut zeigt sich Rolf Siebert über „die großzügige Zuwendung in Form eines Grundstücks“. Dadurch habe der DRK-Kreisverband jetzt für den Katastrophenschutz eine vernünftige Lösung vor Augen, „von der wir bisher nur geträumt haben“. Die Finanzierung des Baus sei aber noch nicht ganz geklärt: „Da brauchen wir also Schulden oder Spenden.“ Im Gegensatz zum „wirtschaftlichen, aber trotzdem gemeinnützigen“ Zweig des DRK, der zum Beispiel Pflegeheime betreibt, sei der Ka­tastrophenschutz bei dem Teil des Vereins angesiedelt, der sich von Beiträgen und Spenden finanziert.

Auf einem unbebauten Grundstück in der Owener Braike soll 2015 das neue Katastrophenschutzzentrum des DRK-Kreisverbands Nürtinge
Auf einem unbebauten Grundstück in der Owener Braike soll 2015 das neue Katastrophenschutzzentrum des DRK-Kreisverbands Nürtingen-Kirchheim entstehen. Das Foto zeigt (von links) den DRK-Kreisverbandsvorsitzenden Rolf Siebert, das Stifterehepaar Anita und Ernst Tscheulin, den Planer und Bereitschaftsleiter Andreas Schober sowie Bürgermeisterin Verena Grötzinger. Foto: Jean-Luc JacquesSkizze: Andreas Schober