Lokales

Gsälz mit bitterem Nachgeschmack

Marmelade ist eben nicht gleich Marmelade. Das hätten die Mitglieder der DLRG-Ortsgruppe Weilheim vielleicht sogar so unterschrieben. Nachdem sie nun aber darüber informiert wurden, was das für ihren traditionellen ­Verkaufsstand bedeutet, haben sie beschlossen, das Gsälz ­lieber Gsälz sein zu lassen.

Konfitüre? Marmelade? Oder einfach nur ein Fruchtaufstrich? Mit diesen und anderen Fragen rund um Herstellung und Verkauf von Gs
Konfitüre? Marmelade? Oder einfach nur ein Fruchtaufstrich? Mit diesen und anderen Fragen rund um Herstellung und Verkauf von Gsälz wollen sich die Weilheimer Rettungsschwimmer nicht mehr plagen.Foto: Jean-Luc Jacques.

Weilheim. Kleine Gläschen mit leckerer, handgekochter Marmelade – pardon: selbst gekochtem Fruchtaufstrich – waren für die DLRG-Ortsgruppe Weilheim auf dem Adventsmarkt im Städtle stets ein Erfolgsrezept. Der jüngste Verkauf ist allerdings der letzte gewesen. So haben es die Mitglieder der Ortsgruppe jetzt auf ihrer Hauptversammlung entschieden und damit ihre Konsequenzen aus dem vorweihnachtlichen Besuch eines Kont­rolleurs vom Amt für Lebensmittelüberwachung gezogen.

Von ihm erfuhren die DLRG-Mitglieder nämlich, dass ihre Marmelade gar keine Marmelade ist und schon gar kein Gsälz sein darf. Laut Konfitürenverordnung, die nicht nur für professionelle Hersteller gilt, sondern auch für Vereine und private Verkäufer, darf als Marmelade nämlich nur „eine streichfähige Zubereitung aus Zitrusfrüchten“ bezeichnet werden, keinesfalls aber ein Aufstrich aus Erdbeeren oder Himbeeren. Allenfalls könnte damit also Konfitüre in den beerenlastigen DLRG-Gläschen stecken – oder besser noch ein unverfänglicher Fruchtaufstrich. Denn auch für die Bezeichnung Konfitüre macht die Verordnung exakte Vorgaben zu Menge, Inhaltsstoffen und den erforderlichen Angaben auf dem Etikett.

Und damit lag schon Problem Nummer zwei auf dem Tisch. Denn auch wer nur Fruchtaufstrich – nicht Marmelade, Konfitüre oder Gelee – auf dem Weihnachtsmarkt verkauft, muss sich an die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung halten. Neben dem korrekten Namen des Produkts – „Gsälz“ kommt wegen der regionalen Einfärbung und eventuellen Missverständnissen über den Inhalt in anderen Teilen Deutschlands ohnehin nicht infrage – muss auf dem Etikett auch eine genaue Zutatenliste vermerkt sein. Ein Punkt, der Helga Wolf, Vorstandsmitglied der DLRG-Ortsgruppe, den Kopf schütteln lässt. „Das ist ja ein Wahnsinnsaufwand“, sagt sie. „Wenn jede der Frauen fünf Gläschen bringt, müssen sie alle unterschiedlich beschriftet sein.“ Das allein hätte die fleißigen Marmeladenköchinnen, die ihre Produkte stets mit bestem Gewissen angeboten hatten, vielleicht noch nicht entmutigt. Auch der Auflage, das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem exakten Wortlaut: „Mindestens haltbar bis:“ in der erforderlichen Schriftgröße aufzudrucken, hätte sich der Verein wohl noch gebeugt.

Schwerer jedoch wog für die Rettungsschwimmer die Forderung, dass auf jedem Glas Name und Postadresse derjenigen stehen sollte, die den Fruchtaufstrich zubereitet hat. „Das wollten wir unseren Mitgliedern nicht zumuten“, sagt Ortsgruppen-Vorsitzender Ernst Wolf. Die Alternative, dass der Vereinsvorstand seine Hand für die Zutatenlisten, eventuelle Fehler und möglicherweise daraus folgende allergische oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen der Käufer ins Feuer legen sollte, schien den Beteiligten ebenso wenig attraktiv.

Deswegen heißt es nun: DLRG-Gsälz ade. So süß der Inhalt der Gläschen war, so bitter ist der Nachgeschmack für die Vereinsmitglieder und die Liebhaber des süßen Aufstrichs.

Foto: Jean-Luc Jacques

Konfitürenverordnung - Marmelade - Früschtück
Konfitürenverordnung - Marmelade - Früschtück