Lokales

Keine schnelle S-Bahn-Umfahrung

CDU-Regionalfraktion machte sich über den Lärm der S-Bahn-Linie in Wendlingen kundig

Die Fraktionen im Regionalparlament haben sich der Wendlinger Lärmproblematik im Zusammenhang mit der S‑Bahn-Linie nach Kirchheim angenommen. Nachdem bereits mehrere Fraktionen vor Ort waren, machte sich nun die CDU-Fraktion im Verband Region Stuttgart ein Bild davon.

Wendlingen. Eingeladen hatte die CDU-Fraktion im Wendlinger Gemeinderat. Unter den Fraktionsmitgliedern mit Rainer Ganske, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden an der Spitze, war auch Thomas S. Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart und Mitglied der CDU-Fraktion, mit von der Partie. Gemeinsam besichtigten die Kommunal- und Regionalpolitiker die S-Bahn-Strecke am Bahnübergang Albstraße.

Dort wollten sich die Regionalabgeordneten selbst ein Bild über den Lärm an der Bahnstrecke machen. Deshalb waren auch Anwohner zum Vor-Ort-Termin eingeladen, die ihrem Ärger über die quietschende S-Bahn Luft machten. „Die Anwohner im engen Kurvenradius sind am meisten geplagt“, erläuterte Dr. Thilo Rose, CDU-Mitglied der Regionalversammlung, die Lage. Die Ursache: hier reibt der Belag der S-Bahn-Räder besonders stark an der Schiene, weil das äußere Rad einen größeren Weg zurücklegen muss, als das innere. Somit entsteht ein Schlupf, der das innere Rad zu verringern versucht und damit stärker auf der Schiene reibt. Da Züge über kein Differenzial wie Autos verfügen und damit keinen Ausgleich schaffen, entstehen dadurch die lauten Quietschgeräusche. Allerdings ist dieser kratzende Lärm noch in einem viel weiteren Radius hörbar, wodurch sich die betroffene Anwohnerschaft vervielfacht.

Mittlerweile war zwar die Bahn nicht untätig und baute vor mehr als einem Jahr eine Schienenschmieranlage in der Kurve ein, doch diese funktioniert nicht einwandfrei. Hier sei man noch in der Gewährleistungsfrist, was so viel heißt, dass die Firma, die die Anlage eingebaut hat, nachbessern muss.

Weiter verschärft hat sich die Situation für die Anwohner durch die mit Ende des vergangenen Jahres in Betrieb genommenen Nachtzüge am Wochenende. Umso mehr ist es das Anliegen der Stadt Wendlingen und des Gemeinderats, die Bahnlinie nach Kirchheim aus der Stadt he­rauszunehmen und stattdessen durch eine südliche Umfahrungstrasse zu ersetzen. Dies war zu Beginn der 1990er-Jahre bereits untersucht worden. Alternativ dazu eine zweite Variante, die Tieferlegung der bisherigen Trasse. Die Tunnelvariante war 1992/93 mit 210 Millionen, damals noch D-Mark, geschätzt worden, die Südumfahrung mit 168 Millionen Mark.

Stadt und Gemeinderat sehen nun im Zusammenhang mit dem Bau der ICE-Neubaustrecke und der Einschleifung der Güterzugtrasse eine Chance, doch noch eine Umfahrung Wendlingens erreichen zu können. Dies war der Stadt im Zuge der Verhandlungen für die Erweiterung der S 1 versprochen worden. Die S-Bahn-Linie sollte lediglich ein Provisorium auf Zeit sein, erinnerte der stellvertretende Bürgermeister Gerd Happe an das damalige Versprechen. Happe vertrat Bürgermeister Weigel, der sich im Urlaub befindet.

Zumal fünf Bahnübergänge, davon einer für Fußgänger und Radfahrer, innerhalb des Stadtgebiets zu weiteren Problemen führen: vier Mal pro Stunde gehen die Schranken rauf und runter, was eine Wartezeit für die Autofahrer von insgesamt gut zehn Minuten in der Stunde ausmacht. Dadurch durchschneidet die S-Bahn-Strecke die beiden Stadtteile Unterboihingen und Wendlingen noch weiter als es die Linie ohnehin schon tut.

Viel Hoffnungen legt die Stadt deshalb auch auf einen weiteren S-Bahn-Halt am Speckweg. Hier gibt es bislang noch keine Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr. Damit habe man von Wendlingen aus die Möglichkeit, mit der S-Bahn über Neuhausen auf die Filder zu kommen, gab Gerd Happe zu bedenken. Ein Ringschluss über Neuhausen ins Neckartal wird seit einiger Zeit diskutiert.

Den S-Bahn-Halt Speckweg hat die Region jedoch vom Tisch gewischt, mit der Begründung, dass der Fahrplan durch einen zusätzlichen Halt angesichts eines ohnehin engen Zeitpuffers mit Wendezeiten durcheinander bringen würde, erläuterte Rainer Ganske. Die Werte im vergangenen Jahr seien ohnehin schlecht gewesen.

Die Entscheidung des Bahn-Aufsichtsrats, dass man an Stuttgart 21 festhalten wolle, sei deshalb eine gute Entscheidung für Wendlingen, äußerte sich Dr. Thilo Rose, als die Nachricht bekannt wurde. In Zusammenhang mit Stuttgart 21 habe man weitere Möglichkeiten, ergänzte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Ganske. Die Fraktion stehe dazu, dass das Problem des Provisoriums langfristig gelöst werde, aber damit könne nicht in den nächsten paar Jahren gerechnet werden.

Zur Sicherheit der Bahnübergänge zeigte sich Ganske besorgt. Viel zu kurz seien die Schließzeiten von zehn Sekunden in der Boßlerstraße. Auch weshalb alle vier Bahnübergänge zur gleichen Zeit geschlossen werden müssten, was bisweilen zu drei Minuten Wartezeit führt, war ihm schleierhaft. Hier werde er bei der Bahn nachfragen.

Aber auch: „Sie müssen damit rechnen, dass der S-Bahn-Verkehr weiter ausgebaut wird“, schenkte Ganske reinen Wein ein. Weitere neue S-Bahn-Fahrzeuge sollen im Laufe dieses Jahres und 2014 eingesetzt werden. Die seien drei Dezibel leiser als die bisherigen. „Die nutzen rein gar nichts“, zeigte sich ein Anwohner im Sitzungssaal enttäuscht, „das Prob­lem ist der Lärm durch die Quietschgeräusche im Sommer, wenn die Fenster geöffnet sind. Das ist eine einzige Katastrophe.“

Wendlingen werde an der S-Bahn-Umfahrung dranbleiben, gab Gerd Happe gegenüber den Regionalräten zum Abschluss des Vor-Ort-Treffens zu verstehen.