Lokales

„Die Ernte teilen – zum Nutzen aller“

In Nürtingen soll das Projekt „Solidarische Landwirtschaft“ auf den Weg gebracht werden

Frische regionale Produkte für den Verbraucher und Planungs- und Ertragssicherheit für den Bauern – diese zwei Fliegen möchte ein Projekt mit einer Klappe schlagen, das demnächst auch in Nürtingen startet: „Solidarische Landwirtschaft“ lautet das Motto, unter dem sich David Traub vom Hopfenhof auf der Oberensinger Höhe und einige seiner Kunden zusammentun wollen.

„Wir sind eine Gemeinschaft - bei guter und bei schlechter Ernte“: Schon 43 Menschen haben ihr Interesse an der Solidarischen La
„Wir sind eine Gemeinschaft - bei guter und bei schlechter Ernte“: Schon 43 Menschen haben ihr Interesse an der Solidarischen Landwirtschaft bekundet, das derzeit von Hopfenhof-Bauer David Traub und Dominik Eckert auch in Nürtingen initiiert wird. Neulich packte man schon mal bei der Lauchernte auf der Oberensinger Höhe gemeinsam an. Foto: Jürgen Holzwarth

Nürtingen. Die Ur-Idee dazu stammt aus Japan: „Von dort aus ging sie um die ganze Welt und hat auch in Deutschland Fuß gefasst“, erzählt David Traub. Und zwar offensichtlich sehr erfolgreich: „2003 gab es nur drei Höfe. Mittlerweile sind es schon 70. Und 60 Initiativen sind in der Gründungsphase“, sagt Dominik Eckert, ein in Nürtingen wohnender wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Hydrogeologie in Tübingen, der als Verbraucher diesem Konzept der „Solawi“ (wie die Abkürzung für die Solidarische Landwirtschaft lautet) auch in der Hölderlinstadt zum Durchbruch verhelfen möchte.

Anderswo ist es schon ein großer Erfolg. Traub: „In den USA werden schon 80 Prozent der Bio-Landwirtschaft auf diese Art und Weise betrieben.“ Der Landwirt erläutert auch das Prinzip: „Es besteht ein Bedarf an regional und saisonal erzeugten Lebensmitteln. Die Solidarische Landwirtschaft setzt dabei auf eine enge Bindung zwischen Produzent und Konsument.“

Daher wird gleich zu Beginn des Jahres ein Anbauplan erarbeitet. Die Kosten werden umgerechnet und danach ein Monatsbeitrag kalkuliert: „Der Verbraucher kauft das Gemüse quasi, bevor es gewachsen ist. Der Bauer bekommt sein Geld immer am Anfang des Monats.“ Der Vorteil für den Landwirt dabei: „Ich habe Sicherheit beim Anbau. Das Risiko wird auf viele Schultern verteilt. Und wenn eine gute Gruppe zusammenkommt, können die Bauern sich auch von Subventionen oder Nebeneinkünften (wie Biogas oder Pferde-Pensionen) lösen.“

Dafür, dass die Mitglieder das Risiko und die Finanzierung des Projekts teilen, bekämen sie garantiert Erzeugnisse, die quasi vor ihrer Haustür wachsen. Wie viel, das entscheidet die Natur: „Wir sind eine Gemeinschaft – bei guter und bei schlechter Ernte“, sagt David Traub.

Dieses Miteinander soll laut Dominik Eckert unter Beweis stellen, dass es sehr wohl möglich sei, sich mit in der Region biologisch erzeugten Lebensmitteln zu ernähren. Wichtig sei auch die Transparenz, die bei diesem Projekt herrsche. Und ein ganz großer Pluspunkt sei auch die Möglichkeit zur Mitbestimmung, was denn so im Laufe des Jahres alles angebaut werden solle.

Zudem: Wer wolle, könne mithelfen – sei es beim Unkrautjäten oder der Ernte. Dieser gemeinschaftliche Ansatz sei nicht nur für die Mitglieder der Initiative gut, „sondern für die ganze Stadt und die Region“, ist Eckert überzeugt.

Es müsse sich nämlich „prinzipiell etwas ändern, damit die landwirtschaftlichen Flächen vor Ort erhalten bleiben“. Auch Traub ist sich sicher: „Die Marktwirtschaft kommt an ihre Grenzen und braucht eine Alternative – das ist eine.“ Es sei einfach ein Unding, dass die Flächen, die hierzulande zur Nahrungsmittelproduktion genutzt werden könnten, immer mehr zurückgingen. Und die, die noch da seien, immer mehr mit Rohstoffen bepflanzt würden.

Und last but not least führe das „Solawi“-Projekt auch zu einer gerechten Entlohnung der Landwirte, freut sich der Hopfenhof-Bauer. Die Ungewissheit, wie viel man auf dem Markt verkaufen könne, falle weg. Und man müsse nicht mehr so viel wegwerfen wie beim herkömmlichen System: „Wir haben sonst 20 bis 30 Prozent Verlust nur wegen der Optik. Bei uns wird alles geerntet und alles verbraucht, egal, wie ,schön‘ es aussieht. Die Qualität stimmt ja.“

Nun stehen ja biologisch erzeugte Lebensmittel nicht unbedingt im Ruf, besonders billig zu sein. Bedeutet das, dass Studenten, Alleinerziehende und Hartz-IV-Empfänger von vornherein von der „Solawi“ ausgeschlossen sind?

„Nein“, sagt Dominik Eckert. Man setze auf die Solidarität unter den Kunden: „Der Monatsbeitrag ist ein Richtwert. Manche können ihn sich nicht leisten, andere können mehr bezahlen.“ Wer freiwillig Monat für Monat mehr überweise, ermögliche daher auch weniger begüterten Menschen, sich gesund mit regionalen Lebensmitteln zu ernähren.

Info

Am Samstag, 7. März, gibt es um 11 Uhr im Bürgertreff im Nürtinger Rathaus eine Informationsveranstaltung zur Solidarischen Landwirtschaft (Solawi). Dabei präsentiert David Traub auch seine Vollkostenrechnung. Danach kann man auch sein grobes Interesse vormerken lassen.

Um 14 Uhr startet am selben Ort dann die Bieter-Runde für die Anteile an dem Projekt. Die ist dann verpflichtend für alle, die mitmachen wollen.

Detaillierte Informationen gibt es unter www.solawi-hopfenhof.de.